Kritik reißt nicht ab: Boykottiert Ihr die WM in Katar?

Die WM in Katar war schon immer umstritten. Als 2010 das kleine Land in der Wüste den Zuschlag erhielt, ging es mit der Aufregung los - und die Empörung reißt bis heute nicht ab. Entgegen aller berechtigen Einwände, zog die FIFA ihren Entschluss durch. In wenigen Tagen beginnt nun die Fußballweltmeisterschaft. Ob sie ein Erfolg wird, hängt vor allem auch von den (Fernseh)-Zuschauern ab.
Sie sei ein Klima-Irrsinn, verstoße in vielen Fällen gegen die Menschenrechte und auch die Verschiebung in die Vorweihnachtszeit sei eine Zumutung: Kritik an der Fußballweltmeisterschaft in Katar gibt es schon seit Jahren. Jetzt, kurz vor Anpfiff am 20. November, ist es letztlich vor allem eine persönliche Entscheidung, die aber durchaus Einfluss haben könnte auf noch kommende Vergaben. Denn am Ende bestimmen die Fernsehzuschauer selbst, ob dieses Spektakel, um das es im Vorfeld schon so viel Wirbel gab, ein Erfolg wird oder nicht. Denn schlechte TV-Quoten bedeuten auch weniger Werbeeinnahmen. Insofern kann der Boykott zuhause gelingen, wenn der Boykott im Großen schon ignoriert wird.
Sogar Ex-FIFA Präsident Sepp Blatter nannte die WM-Vergabe an Katar„einen großen Fehler“, für den er auch Verantwortung übernehme, denn unter seiner Leitung wurde die WM im Jahr 2010 an Katar vergeben. Blatter war schon damals dagegen und habe für die USA gestimmt.

Zu heiß im Sommer - Kicken in der Weihnachtszeit
Eine Einsicht, die ein paar Jahre zu spät kommt, denn in wenigen Tagen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in einem Staat, für den man die WM extra in die Vorweihnachtszeit gelegt hat, weil die Temperaturen im Sommer für die Spieler nicht zumutbar sind. Ein Umstand, der sicher nicht überraschend ist, wenn man eine Weltmeisterschaft an einen Wüstenstaat vergibt. Und daraus entsteht dann auch ein weiterer Vorwurf: ist es in Zeiten des Klimawandels denn überhaupt zeitgemäß, ein Turnier in einem Land stattfinden zu lassen, in denen die Stadien runtergekühlt werden müssen, um überhaupt erträgliche Temperaturen zu erreichen? Die Verantwortlichen sprechen von einer klimaneutralen WM, Gegner, wie die deutsche Umwelthilfe, nennen das „Greenwashing“.
Todesfälle beim Bau von Stadien
Auch Menschenrechtsorganisationen kritisieren schon seit Jahren die Zustände in Katar. Beim Bau von Stadien sind aufgrund mangelnder oder gar ganz fehlender Sicherheitsmaßnahmen viele Arbeiter zu Tode gekommen. Die Gastarbeiter aus Pakistan oder Nepal arbeiten dort oft unter heftigen Bedingungen, werden als Menschen zweiter Klasse behandelt und bekommen weniger als den Mindestlohn. Manche Arbeitgeber entziehen ihren Arbeitern sogar die Pässe, so dass diese ihnen faktisch ausgeliefert sind.
Zuletzt hat der katarische WM-Botschafter Khalid Salman - wenig überraschend - mit homophoben Aussagen, die Kritik an der WM in Katar weiter angeheizt. So bezeichnete er Homosexualität als „geistigen Schaden“ und löste damit eine Welle an Empörung aus. DFB-Präsident Bernd Neuendorf zeigte sich erschüttert über Salmans Aussagen, spricht sich aber dennoch gegen einen Boykott aus, stattdessen wirbt er für einen offenen Diskurs. „Wenn die WM beginnt, steht das Sportliche im Mittelpunkt. Aber wir müssen klar sein in der Positionierung, wenn es um gesellschaftliche und politische Verhältnisse in Katar geht“, sagte Neuendorf dem SWR. Der 61-Jährige freut sich auf das sportliche Großereignis, sieht aber gleichzeitig auch eine Verantwortung für den DFB und die deutsche Nationalmannschaft. Unter anderem spricht sich Neuendorf für Entschädigungsleistungen für die Familien von auf den WM-Baustellen verstorbener Arbeiter aus.
Letzte Instanz: Fernbedienung
Am Ende haben es die Verbraucher selbst in der Hand, denn jeder kann die WM boykottieren, wenn er möchte. Weniger Einschaltquoten machen sich sofort bemerkbar. Laut einer Umfrage von Civey für FOCUS online sind 74 Prozent der 30- bis 39-Jährigen für den Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft. Andere wiederum freuen sich, endlich wieder WM-Fieber zu spüren und Spiele der deutschen Nationalmannschaft zu schauen. Wie werdet Ihr entscheiden? Schaut Ihr die WM, im Fernsehen oder einer Gaststätte trotz aller Kritik? Oder schaltet Ihr bewusst weg, wenn Spiele aus Katar gezeigt werden? Sollten Politiker Eurer Meinung nach zur WM reisen? Schreibt uns Eure Meinung an leserbriefe@ovb24.de. (Kennwort Katar)
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si/dpa