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Nichts für Langschläfer: So arbeitet der Winterdienst

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Von: Melanie Fischer

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Bauhofleiter Josef Mayer mit seinem Nachfolger Marcus Reinhold
Bauhofleiter Josef Mayer (rechts) mit seinem Nachfolger Marcus Reinhold © Melanie Fischer

Schneeschaufel, Schneepflug und Streusalz sind wohl die ersten Gedanken, die einem bei dem Wort Winterdienst einfallen. Wenn man den städtischen Bauhof in Bad Reichenhall besucht, stellt man aber fest: Der Winterdienst hat überhaupt kein Streusalz eingelagert. Woran das liegt und wie der Winterdienst arbeitet, erklärt Bauhofleiter Josef Mayer.

Bad Reichenhall - Während in anderen Städten und Gemeinden die Silos mit Streusalz gefüllt sind, verzichtet Bad Reichenhall ganz auf eine Lagerung. Das hat der städtische Bauhof nämlich schlicht nicht nötig. Denn auch hier ist die Kreisstadt im wörtlichen Sinne „Reich an Hall“: Der Winterdienst bezieht sein Salz direkt von der Saline. „Darum beneidet uns ganz Deutschland. Wir entnehmen unser Salz in der Salzhalle der Saline und rechnen dann dementsprechend ab“, freut sich Josef Mayer, der Leiter des Bauhofs. „Diese Saison haben wir bis jetzt 175 Tonnen Salz gebraucht. Wir hatten auch schon Winter mit nicht einmal 100 Tonnen, aber auch mit 800 Tonnen.“

Der Winterdienst folgt einem strengen Plan

Doch mit einem bisschen Salz streuen und etwas Schneepflug fahren ist es nicht getan. Der Winterdienst des Städtischen Bauhofs ist bis ins Detail durchgeplant. Mayer legt einen schweren, dicken Ordner auf den Tisch: „Das ist der Einsatzplan der Stadt. Er umfasst 155 Seiten.“ Darin sind die elf verwendeten Fahrzeuge aufgelistet und genau beschrieben. Außerdem sind die Aufgaben, Anlagen und Dienstvereinbarungen enthalten. Es gibt Checklisten zur Vorbereitung auf die Saison und schließlich auch die Pläne für die fünf Einsatzleiter sowie die einzelnen Räum- und Streupläne.

Fahrzeug des städtischen Bauhofs Bad Reichenhall
Mit diesem Fahrzeug checkt der Einsatzleiter die Wetterbedingungen im Stadtgebiet - ohne Allrad und Ketten. © Melanie Fischer

Ab November gilt beim Winterdienst Rufbereitschaft. Für den Einsatzleiter beginnt der Tag um 2 Uhr Früh. Er prüft den Wetterbericht und fährt die vorgeschriebene Strecke vom Listsee über Karlstein bis nach Marzoll ab. Dabei benutzt er ein Auto ohne Ketten und Allrad, denn nur so kann er feststellen, ob die Mehrheit der Fahrer mit ihren Fahrzeugen noch durch die Straßen käme. Falls geräumt und gestreut werden muss, alarmiert er die Frühschicht um 4 Uhr. Der Winterdienst arbeitet in zwei Schichten und wechselt wöchentlich. Zum Personal gehören 47 Leute. Zusätzlich gibt es noch Unterstützung durch Fremdfirmen, die vier gesonderte Strecken befahren.

Der Winterdienst Bad Reichenhall in Zahlen

- 130 Kilometer Straßen

- 90 Kilometer Geh- und Radwege

- 24 Parkplätze

- 47 Mann Winterdienst-Personal

- 11 eigene Kraftfahrzeuge, davon 3 LKW, 7 Geräteträger und ein Traktor

- 16 Räum-/Streustrecken für KfZ, 650 Positionen

- 9 Räum-/Streustrecken für Handräumdienst, 300 Positionen

- Kosten pro Tag, je nach Wetter: 12.000 bis 20.000 Euro

- Schneeabfuhr, z.B. 2019, Unterstützung durch Fremdfirmen: 22.987 Euro

- Größte je gemessene Schneehöhe: 1982 mit 425 Zentimetern

- Geringste je gemessene Schneehöhe: 2013/14 mit 17 Zentimetern

- Gemessene Schneehöhe diesen Winter in Summe: 62 Zentimeter

Was passiert, wenn sehr viel Schnee fällt?

Schneit es über lange Zeit sehr viel, sind die Prioritäten durch drei Dringlichkeitsstufen gesetzt. Zur Stufe 1 gehören wichtige Straßen, wie etwa die Zufahrten zum Krankenhaus, zur Feuerwehr, Polizei und zu den Schulen. „Die Rechtsprechung sagt, dass man in Stufe 1 innerhalb von drei Stunden durch sein muss. Schneit es dann immer noch, fängt man wieder von vorne an. Nur diese Straßen müssen wirklich immer geräumt sein“, so Mayer. „Wir machen aber viel mehr als die Rechtsprechung sagt, daher sind wir auf der sicheren Seite.“ In die Stufe 2 fallen dann Wohngebiete. Die Stufe 3 betrifft abgelegene Straßen und Spazierwege. 

Abgeladen werden sehr große Schneemengen am Festplatz, auf dem Parkplätzen beim Friedhof St. Zeno und beim Freibad in Marzoll. Der Bauhof hätte auch die Genehmigung, frischen Schnee bei der Kretabrücke in die Saalach zu kippen. „Das kann man aber eigentlich nicht machen und machen wir auch nicht. Auch in frischem Schnee können Salzreste sein.“

Schneepflüge des Winterdienstes Bad Reichenhall
Zum Inventar des Winterdienstes gehören natürlich die Schneepflüge. © Melanie Fischer

Digitalisierung beim Winterdienst: Bald soll Schluss sein mit Papier

Beim Dokumentieren fällt täglich jede Menge Papier an, hat doch jeder Einsatzleiter, Fahrer und Räumer ein eigenes Formular auszufüllen. Es könne nämlich laut Mayer schon vorkommen, dass es Klagen gibt, wenn jemand auf einem glatten Weg ausgerutscht ist. Vermehrt würden auch immer mehr Krankenkassen und Versicherungen Haftungen prüfen lassen. „In dem Moment, wo jemand stützt und ins Krankenhaus kommt, wird ein Notfallbericht ausgefüllt. Wenn dann zum Beispiel Glatteis war, schaut die Versicherung, ob man die Stadt belangen kann. Wir haben dafür eine Versicherungssachbearbeiterin. Diese fordert dann bei uns die Pläne an: Den Einsatzplan, Wochenplan, Tagesplan, die Wetterberichte und die Räum- und Streupläne. Es ist ganz wichtig, dass alles ordentlich dokumentiert ist“, sagt der Bauhofleiter.  

Da Josef Mayer in wenigen Wochen in den Ruhestand geht, wird die Digitalisierung der Abläufe sein Nachfolger Marcus Reinhold übernehmen. So werden bald die Fahrzeuge auf GPS umgerüstet und auch der Verbrauch von Streusalz genau aufgezeichnet und sämtliche Pläne digitalisiert.

Falschparker behindern den Winterdienst

Reinhold fährt schon seit vielen Jahren für den Winterdienst. In die Arbeit zu kommen, bevor die Straßen geräumt sind, ist für ihn kein Problem. „Die erste Spur, die ein Auto zieht, ist immer sicher. Auch wenn 20 Zentimeter Schnee liegen. Aber wenn er platt gefahren ist, wird es spiegelglatt. Die schlimmste Situation ist, wenn um 6 Uhr im Berufsverkehr viel Schnee fällt. Man bekommt das nur mit viel Salz weg und es dauert, bis der Pflug wieder auf den Teer kommt.“

Dauerparker können besonders bei langanhaltenden Schneefällen zum Problem werden. „Wenn es mal zwei Wochen lang geschneit hat, wird alles enger. Mit dem Pflug kommt man dann an so einem Fahrzeug nicht mehr vorbei. Ich habe zum Glück noch keinen Außenspiegel abgerissen, aber so etwas kann schon vorkommen.“ Die Mitarbeiter des Bauhofs stellen daher an neuralgischen Stellen Halteverbote auf. Es kann auch passieren, dass sie beizeiten die Polizei anrufen, damit ein Dauerparker einen Strafzettel bekommt.

Was macht der Winterdienst, wenn kein Schnee fällt?

Auch wenn das Wetter mild ist und es weder Schnee noch Eis gibt, haben die Mitarbeiter des städtischen Bauhofs jede Menge zu tun. Im Winter wird repariert: Angegangen werden hierbei Fahrzeuge, Parkbänke, Spielplätze, Holzgeländer, Brücken, Stege und Kieswege. Auch das Auf- und Abbauen und der Transport der Christkindlmarkthütten fällt in ihren Aufgabenbereich. Die Vogelfuttersilos der Stadt müssen befüllt und die Nistkästen gereinigt werden. Außerdem werden die etwa 5000 Stadtbäume kontrolliert und gegebenenfalls geschnitten oder gefällt.

mf

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