Wegen des Verdachts auf die Gründung einer Terror-Organisation
Reichsbürger-Razzien: Spuren führen auch in die Region - und zu einem alten Bekannten
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Rund 3000 Polizisten durchsuchten am Mittwochmorgen rund 130 Objekte in ganz Deutschland. Im Visier: Reichsbürger, die einen Staatsstreich geplant haben sollen. Festgenommen wurde dabei auch eine Person, die in der Vergangenheit in der Region für Aufsehen gesorgt hat.
Karlsruhe/Bayern/Unterwössen - Mit großem logistischem Aufwand sowie der Unterstützung von in- und ausländischen Sondereinsatz-Kommandos gelang der Bundesanwaltschaft am Mittwochmorgen ein spektakulärer Coup: Bundesweit - sowie in Italien und auch Österreich - durchsuchte die Polizei beinahe zeitgleich rund 130 Objekte und Räumlichkeiten; nahm insgesamt 25 Personen fest. „Die Festnahmen erfolgten an verschiedenen Orten in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Thüringen sowie in einem Fall in Österreich/Kitzbühel und in Italien/Perugia,“ heißt es seitens der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Der Verdacht: Die Festgenommenen sollen sich in einer „inländischen terroristischen Vereinigung mitgliedschaftlich betätigt“ haben.
Gründung im Jahr 2021 - militärische Aktionen im Fokus
Neben den vermeintlichen Drahtziehern der militanten Reichsbürger-Gruppe, Heinrich XIII. Prinz Reuß und Ex-Soldat Rüdiger von P., verhafteten die Polizisten auch einen Mann, der bereits Anfang 2022 in der Region in Erscheinung getreten ist - Maximilian E. Der Oberst a.D. und ehemalige Kommandeur eines Panzergrenadier-Bataillons im bayerischen Wald, wurde laut Angaben der Deutschen Presseagentur (kurz: dpa) in Perugia/Italien verhaftet. Der 64-Jährige wurde demnach in einem Hotel in Ponte San Giovanni südöstlich der mittelitalienischen Stadt festgenommen. Derzeit liefen die Verfahren zur Auslieferung des Mannes, erklärte die örtliche Polizei noch am Mittwoch.
Festnahme im Video, Verbindungen zu einheimischen Querdenkern
Die „Polizia di Stato“- die italienische Staatspolizei, welche direkt dem Innenministerium unterstellt ist - zeigt auf ihrer offiziellen Webseite ein Video der Verhaftung von Maximilian E.. Zeitgleich soll auch sein Wohnhaus im niederbayerischen Landkreis Freyung-Grafenau durchsucht worden sein.
Arrestato dalla #PoliziadiStato a Perugia un uomo di 64 anni membro di un gruppo terroristico di estrema destra tedesco. Operazione coordinata dalla Direzione centrale polizia di prevenzione e Servizio cooperazione internazionale di poliziahttps://t.co/gPkOdgvBkA#7dicembre pic.twitter.com/6sk9ZKmiVX
— Polizia di Stato (@poliziadistato) December 7, 2022
Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass Maximilian E. zusammen mit Rüdiger von P. für den militanten Arm der Reichsbürger-Gruppierung zuständig gewesen sei - und in ihrer Funktion als Ex-Soldaten auch die Verbindung zu sympathisierenden, aktiven Soldaten im Bundesgebiet gehalten haben sollen. Auch die Beschaffung von Waffen soll in die Zuständigkeit von Maximilian E. gefallen sein. So fanden am Mittwochmorgen auch Durchsuchungen in der Bundeswehrkaserne des Kommando Spezialkräfte (kurz: KSK) im baden-württembergischen Calw statt. Ob auch Kasernen in Südbayern Ziel der Rekrutierungsversuche von Maximilian E. geworden sind, wollte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft auf Nachfrage von rosenheim24.de nicht kommentieren.
Fest steht allerdings, dass Maximilian E. bereits Ende 2021 regen Kontakt mit Andreas O. aus Unterwössen pflegte. Der vom Dienst freigestellte Oberfeldwebel des Gebirgsjägerbataillons 231 in Bad Reichenhall war bei einer Corona-Kundgebung am Rosenheimer Ichikawa-Platz erstmals in Erscheinung getreten. Dort forderte er die Regierung auf, die Impfpflicht bei Soldaten und Pflegepersonal wie auch die Corona-Maßnahmen „zurückzuschrauben“. „Dies ist eine Warnung“, sagte O. und setzte der Politik gleichzeitig ein Ultimatum, von diesen „wahnwitzigen, verfassungsfeindlichen Vorhaben zurückzutreten.“ Andernfalls werde man diese „in Scherben schlagen“ und weiter: „Eure Leichen wird man auf den Feldern verstreuen. Ihr werdet sicherlich nicht wie die tapferen Soldaten in tiefem Grund liegen.“
Kurz zuvor kursierte auf Telegram bereits ein gemeinsames Video von Maximilian E und Andreas O. - zusammen mit Julian C. aus dem Landkreis Traunstein. In ziviler Kleidung richtet Maximilian E. darin sein Wort an Julian C., der neben ihm sitzt: „Ich freue mich, dass junge Leute aufwachen und erkennen, dass etwas in unserem Land nicht stimmt.“ In seinen weiteren Ausführungen bezieht sich der pensionierte Oberst wiederholt auf den Artikel 20 Absatz 4 des Grundgesetzes: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“
Weitere Ermittlungen laufen - Andreas O. auf Tauchstation
Noch am Morgen der Reichsbürger-Razzia am 7. Dezember meldete sich Maximilian E. auf Telegram zu Wort: „Es wird sich demnächst alles drehen. Die bisherigen Staatsanwälte und Richter sowie zuständigen Leiter der Gesundheitsämter samt Vorgesetzten werden sich bald auf der Anklagebank in Nürnberg 2.0 wiederfinden.“ Damit spielt der Ex-Oberst auf die Nürnberger Prozesse an, die ab 1945 gegen die Hauptkriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs geführt wurden. Um Andreas O. ist es nach dessen Verhaftung auf dem Münchner Odeonsplatz dagegen still geworden.
Laut Auskunft der Bundesstaatsanwaltschaft hätten im Zuge der Reichsbürger-Razzien auch keine Durchsuchungen in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein stattgefunden. Und dennoch: Die Ermittlungen um die radikale Reichsbürger-Gruppierung dauern an, wie es von Seiten der Bundesanwaltschaft heißt: „Die Einzelheiten sind noch aufzuklären. Die weiteren Ermittlungen dienen auch zur Feststellung, ob der Straftatbestand der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund (§ 83 Abs. 1 StGB) verwirklicht wurde.“
sl