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Netzsch-Inventar unter dem Online-Hammer: Wer kauft Ohrstöpsel-Spender oder Schwenkkräne?

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Von: Ursula Huckemeyer, Raphaela Lohmann

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Verschiedene Gegenstände der Netzsch-Auktion sehen sich Anton Blättler (links), Birgit Molter und Andreas Schott genauer an.
Ob Schwenkkran, Gehörschutzspender oder einfach nur ein Metallschrank: Das Angebot war vielfältig, das Interesse groß wie Anton Blättler (links), Birgit Molter und Andreas Schott zeigen. © Huckemeyer

Was passiert, wenn ein Unternehmen in ein neues Werk umzieht, sein komplettes Inventar aber nicht mitnimmt? Es kommt unter den Hammer. Das gibt es beim Pumpenhersteller Netzsch in Waldkraiburg.

Waldkraiburg - Das Londoner Auktionshaus Sotheby´s hätte keine Chance gehabt, die außergewöhnlichen „Exponate“ anzubieten, die kürzlich im Auktionskatalog von restlos.com zur Auswahl standen. Das Unternehmen versteigerte nämlich am Donnerstag, 9. März, das komplette Inventar aus den ehemaligen Fertigungshallen von Netzsch Pumpen & Systeme.

„Alles muss raus“

Die Aktion steht laut Netzsch ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Es soll nichts auf dem Müll landen. Unter dem Motto „Alles muss raus“ ging es bei der jetzt bereits abgeschlossenen Online-Versteigerung hoch her. Rund 500 Positionen kamen unter den Hammer. Einen Tag vorher konnten sich Interessierte nach Anmeldung in den Hallen umschauen. Anton Blättler von dem Nürnberger Unternehmen restlos.com stand den potenziellen Kunden Rede und Antwort. Er erklärt: „Privat- und Geschäftsleute, aber auch Händler aus ganz Deutschland interessieren sich für das Netzsch-Inventar. Natürlich konnte nicht jeder Interessent nach Waldkraiburg kommen, um die Teile selber in Augenschein zu nehmen“.

Der junge Landwirt Andreas Schott ist von Dachau angereist, um sich den Schwenkkran näher anzuschauen.
Der junge Landwirt Andreas Schott ist von Dachau angereist, um sich den Schwenkkran näher anzuschauen. © Huckemeyer

Wer die Fahrt nach Waldkraiburg nicht scheute, war Andreas Schott aus Dachau. Das Objekt seiner Begierde war ein Schwenkkran, der mühelos Lasten bis zu 500 Kilogramm bewegen kann. „So ein starker Kran wär´ schon was für unseren Hof“, meinte der junge Mann. Aber diese Dinger seien in der Neuanschaffung einfach fürchterlich teuer. Bei der Online-Auktion liegen die Gebote kurz vor Ende - je nach Modell und Tragkraft - zwischen 250 und 1100 Euro.

Ein anderer junger Mann reiste gar aus dem Saarland an. Allerdings verband er die Besichtigung in Waldkraiburg mit einem kleinen Skiurlaub in den Bergen. Der Saarländer verdient sich seine Brötchen im Online-Versandhandel für Lego. Er interessierte sich ausschließlich für Regale, macht einen Großeinkauf aber vom Preis abhängig.

Die Waldkraiburgerin Birgit Molte interessiert sich für Werkzeugschränke aus dem Netzsch-Inventar bei der Online-Auktion.
Genau Maß nimmt die Waldkraiburgerin Birgit Molte bei den Werkzeugschränken aus dem Netzsch-Inventar bei der Online-Auktion. © Huckemeyer

Weniger Strecke musste Georg Thalmeier aus Obertaufkirchen zurücklegen. Der Chef des dortigen Garten- und Landschaftsbaus will Hochregale und Etagenwagen steigern. Davon standen in den Hallen mehr als genug, sodass Thalmeier vermutlich bei der Online-Auktion nicht leer ausgehen dürfte.

Der Unternehmer Georg Thalmeier aus Obertaufkirchen schaute sich bei Etagenwagen und Regalen aus dem Netzsch-Inventar um.
Der Unternehmer Georg Thalmeier aus Obertaufkirchen schaute sich bei Etagenwagen und Regalen aus dem Netzsch-Inventar um. © Huckemeyer

Auch für den Schwerlastlift mit dem schönen Namen „Megamat Paternoster“ interessierten sich an diesem Vormittag mehrere Herren. Zehn Minuten vor Ende der Auktion liegt das höchste Gebot bei 9100 Euro.

Werktische schienen ebenfalls sehr begehrt zu sein. Ein Oberneukirchner sucht sich für seine neue Werkstatt noch eine passende Inneneinrichtung. „Da redet mein Sohn aber auch noch ein Wörtchen mit“, meint der Landwirt schmunzelnd. Für ihre Tochter durchquerte Birgit Molter die riesigen Hallen. Sie steuerte geradewegs auf Werkzeugschränke zu und erklärte ihr Ziel so: „Der eine oder andere Schrank eignet sich für einen Spind, in dem meine Tochter ihre Reitutensilien verstauen könnte.“

Nicht für alle Positionen gibt es Angebote

Ob Metallschrank, Werkzeugschrank oder Schrank mit Rolltor - die Vielfalt ist groß, genau wie das Interesse. Eine Stunde vor Ablauf der Auktionen liegen bei den unterschiedlichen Schrank-Angeboten jeweils rund 20 Gebote vor. Von anderen Online-Aktionen weiß man: Je näher das Ende rückt, desto mehr und höhere Gebote werden noch abgegeben.

Doch nicht für alle Produkte ist das Interesse ähnlich groß. Für einige Gas-Warmlufterzeuger gibt es selbst Minuten vor Auktions-Ende kein Angebot. Auch die Firma Netzsch Pumpen hat dafür keine Verwendung mehr. „Wir brauchen sie nicht mehr, weil wir im neuen Werk auf eine nachhaltige Energieversorgung setzen“, erklärt Johann Vetter, Leiter integriertes Qualitätsmanagement. Weil es dafür keine Verwendung mehr gibt oder weil die Gegenstände im neuen Werk keinen passenden Platz haben - was keinen Platz mehr im neuen Werk findet, kommt unter den Online-Hammer. „Was sich nicht verkaufen lässt, wird am Ende verschrottet“, sagt Vetter.

Obwohl es nicht für alle Posten Interessenten gibt, die Nachfrage ist da. Nicht nur große Teile wie Gasheizer, Gabelstapler und Rolltore wechselten die Besitzer, auch hunderte Kleinigkeiten und Kuriositäten wurden veräußert.

Auch kleine, praktische Dinge kommen bei der Online-Auktion unter den Hammer. Anton Blättler zeigt, wie der Gehörschutzspender funktioniert.
Auch kleine, praktische Dinge kommen bei der Online-Auktion unter den Hammer. Anton Blättler, Vertreter von restlos.com, zeigt, wie der Gehörschutzspender funktioniert. © Huckemeyer

Zum Letzteren zählt mit Sicherheit der Gehörschutzspender, der an einer Wand zu befestigen ist und kleine gelbe Ohrstöpsel ausspuckt. Die Besichtigung der angebotenen Ware dauerte nur eine Stunde. Einen Tag später liefen zeitversetzt die einzelnen Auktionen ab, mal mit mehr, mal mit weniger Geboten. Danach geht es nach Aussage von Anton Blättler darum, dass die ersteigerten Positionen innerhalb weniger Tage abgeholt werden. Dann geht auch die Zeit vom Netzsch-Werk in der Liebigstraße zu Ende.

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