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Die Kraiburgerin Erika Höpfinger sammelt Wachsstöckerl - Was es damit auf sich hat

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Von: Raphaela Lohmann

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Wachsstöckerl für jeden Anlass werden mit viel Liebe gestaltet.
Wachsstöckerl für jeden Anlass werden mit viel Liebe gestaltet. © Meling

Vor knapp 50 Jahren fand Erika Höpfinger beim Aufräumen ein Wachsstöckerl. Bis heute hat sie diese Kunst nicht losgelassen, der gerade an Lichtmess eine besondere Bedeutung zukommt.

Von Georg Meling

Kraiburg – Die katholische Kirche feiert am 2. Februar das Fest Mariä Lichtmess und beendet an diesem Tag die Weihnachtszeit. Bis 1912 war dieser Tag ein offizieller Feiertag und vor allem auf dem Land einer der wichtigsten Termine im Jahr, denn an diesem Tag entschieden sich die Dienstboten, ob sie für ein weiteres Jahr auf dem Hof blieben. Wer einen neuen Arbeitsplatz wollte, konnte sich an diesem Tag eine neue Dienststelle als Knecht oder Magd suchen.

Ein Wachsstöckerl als Dankeschön

Ebenso war es der Zahltag für das ganze Jahr, an dem außer dem Geldlohn auch das „Ausgmachte“ übergeben wurde: Hemden, Schürzen, Schuhe, aber auch Nudeln und Brot als Wegzehrung. Vielfach wurden auch Wachsstöckerl mitgegeben, besonders kunstvoll verzierte Stücke kamen dann in den Aussteuerschrank. Wenn Knecht und Magd auf dem Hof blieben, legte der Knecht meist der Magd ein Wachsstöckerl auf das Bett als Dankeschön „für’s Bett machen oder für’s Gwand richten“ oder auch als Zeichen der Freundschaft.

Die letzte Arbeitswoche vor Lichtmess hieß beziehungsreich die „Schinterwoche“, die anschließenden Tage bis zum 5. Februar waren der „Schenklweil“ gewidmet, dem vertraglich abgesicherten Nichtstun.

Früher lag über dem Lichtmesstag ein besonderer Zauber. In den Kirchen wurden feierliche Lichterprozessionen abgehalten und Waschkörbe voller Kerzen geweiht, der Bedarf für das ganze Jahr. So kam es auch zum Namen Lichtmess oder Mariä Lichtmess.

Erika Höpfinger beim Wickeln von Wachsstöckerl.
Erika Höpfinger beim Wickeln von Wachsstöckerl. © Meling

Noch einmal stehen Kerzen am Blasiustag, dem 3. Februar, in der katholischen Kirche als Symbol im Vordergrund, nämlich beim Blasiussegen. Den Gläubigen werden zwei Kerzen kreuzweise, verbunden mit einem Segen, vor den Hals gehalten als besonderer Schutz gegen verschiedene Halskrankheiten. Der Legende nach soll nämlich der heilige Blasius einem Buben durch das Kreuzzeichen das Leben gerettet haben, dem im Hals eine Gräte stecken geblieben war.

Wieder in Mode gekommen

In den letzten Jahren kam das Verschenken von schön gestalteten Wachsstöckerl wieder mehr in Mode. Anlässe dafür sind Taufen, Erstkommunionfeiern, Firmung oder Hochzeiten, mit entsprechenden Motiven werden dann die gewickelten Kerzen verziert.

In der Marktgemeinde Kraiburg beschäftigt sich Erika Höpfinger seit vielen Jahrzehnten mit der Kunst, Wachsstöckerl herzustellen. „Zum ersten Mal bin ich mit Wachsstöckerl 1954 in Kontakt gekommen, als ich auf einem Hof einen Schrank aufräumen musste. Ein paar Jahre später hat ein Vortrag in Engelsberg mein Interesse wieder geweckt. Schließlich habe ich vor rund 50 Jahren einen Kurs in Frauendorf besucht und seitdem lassen mich diese kleinen Kunstwerke nicht mehr los“, sagt die inzwischen 82-Jährige zu einem ihrer Hobbies.

Als ihre Lehrmeisterin bezeichnet sie Rosalinde Falter aus Mettenheim. „Diese Frau hat nicht nur Wachsschnüre und alle anderen Materialien verkauft, sondern sie hat mir auch die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten gezeigt und vor allem die verschiedenen Wickeltechniken beigebracht“, schwärmt Erika Höpfinger. Seit den 1980er-Jahren hat sie selber zahlreiche Kurse gegeben, wobei sie Wert darauflegt: „Ich habe bis heute für keinen einzigen Kurs jemals was verlangt, lediglich die Materialkosten mussten bezahlt werden.“

Auf die Frage, welche Fähigkeiten man für dieses Kunsthandwerk mitbringen muss, überlegt Höpfinger nicht lange: „Du brauchst in erster Linie Liebe für diese Arbeiten, und dann brauchst du viel, viel Geduld und Ausdauer, und auch die Arbeitszeit darfst du nie mitrechnen.“

Die Liebe für die Arbeiten da wie am ersten Tag

Bekannt ist Erika Höpfinger in Kraiburg und Umgebung nicht nur für ihre Wachsstöckerl, sondern auch für andere Beschäftigungen wie das Anfertigen von Haarnadeln aus Silberdraht als Braut- oder Trachtenschmuck, für ihre zahlreichen Puppen, für das Herstellen von Fatschenkindl und Christbaumschmuck, für ihre Ostereier mit Wachsverzierungen oder die Anfertigung und vor allem Ankleidung von Krippenfiguren.

Bei ihren zahlreichen Klosterarbeiten merkt sie inzwischen, „dass die Augen für diese kleinen Fieselarbeiten nicht mehr so recht mitmachen. Aber die Liebe für diese Arbeiten ist noch da wie am ersten Tag“, strahlt sie und steht dafür auch schon mal bereits um vier Uhr in der Früh auf.

Sie gesteht: „Wenn ich alleine in meiner Stubn so dahinwerkle und rumbastle, da kann ich nicht mehr aufhören. Das ist für mich die reinste Erholung, das fühlt sich wie Exerzitien.“

Seit 24. Januar stellt Erika Höpfinger im Textilgeschäft Grammersperger in der Guttenburger Straße verschiedenste Wachsstöckerl aus, die zu den üblichen Geschäftszeiten besichtigt und auch zum Selbstkostenpreis erworben werden können.

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