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Ein „ungünstiger Winkel“? Geplantes Zweifamilien-Haus in Bad Aibling wird zum Streitfall

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Von: Nicolas Bettinger

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Ein Grundstück an der Berblinger Straße sorgt für Diskussionen im Bad Aiblinger Bauausschuss – unter anderem mit Stadtrat Erwin Kühnel (oben) und Thomas Gems, Sachgebietsleitung Tiefbau.
Ein Grundstück an der Berblinger Straße sorgt für Diskussionen im Bad Aiblinger Bauausschuss – unter anderem mit Stadtrat Erwin Kühnel (oben) und Thomas Gems, Sachgebietsleitung Tiefbau. © re/Baumann/Bettinger/Fotomontage

Warum muss der Bauwerber ein Stück seines Grundstückes abtreten, um bauen zu dürfen? Der Bauantrag für ein Zweifamilienhaus in Bad Aibling hat eine Grundsatzdiskussion entfacht. Was die Stadtverwaltung empfiehlt, ergibt in den Augen einiger Stadträte keinen Sinn.

Bad Aibling – „Warum braucht man diese Grundstücksabtretung überhaupt?“, hatte CSU-Stadtrat Thomas Höllmüller bereits zu Beginn gefragt und damit eine lebendige Diskussion losgetreten. Dabei beschäftigte sich der Bad Aiblinger Bauausschuss eigentlich mit dem Bauantrag zum Neubau eines Zweifamilienhauses in der Berblinger Straße in Willing. Doch das Gremium diskutierte weniger das Bauvorhaben an sich, vielmehr eine Straßengrundabtretung, die laut Stadtverwaltung erforderlich sei.

Die Antragsteller streben den Neubau eines Zweifamilienhauses mit Doppelgarage auf einem Grundstück an, das an der Einmündung der Berblinger Straße zum Kirchweg liegt. Die Verwaltung schlug grundsätzlich eine Genehmigung des Bauantrages vor. Allerdings müssten die Grundstückseigentümer dafür Flächenteile von insgesamt 45 Quadratmetern an die Stadt abtreten.

„Ich finde Ihre Aussage schwierig“

Dabei geht es konkret um einen 25 Quadratmeter großen Streifen entlang der Berblinger Straße und um einen 20 Quadratmeter großen Abschnitt entlang der Einmündung in den Kirchweg. Stadtbaumeister Andreas Krämer begründete dies mit einer perspektivischen Verbesserung des Verkehrs. Er machte jedoch auch deutlich, dass es sich hierbei um einen Vorschlag der Verwaltung handele, die Entscheidung treffe das Gremium. Auch Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) argumentierte in diese Richtung: „Ich denke schon, dass das für den besseren Verkehr sinnvoll wäre.“

„Wir müssen ja wissen, was wir wirklich brauchen.“

Grünen-Stadträtin Martina Thalmayr kritisiert das Verhalten der Stadtverwaltung

Doch Teile des Bauausschussgremiums waren mit der Begründung nicht zufrieden. „Ich finde Ihre Aussage zur Straßengrundabtretung schwierig“, richtete sich Grünen-Stadträtin Martina Thalmayr in Richtung Stadtbaumeister Krämer. Das Gremium sei auf „zuverlässige Vorlagen“ angewiesen. „Wir müssen ja wissen, was wir wirklich brauchen“, so Thalmayr.

Uneinigkeit über Sinn der Straßengrundabtretung

Auch Erwin Kühnel (CSU) hatte mit der geplanten Straßengrundabtretung „gewisse Probleme“. Er zweifle am Sinn des Vorhabens und wünsche sich ein durchgehendes Konzept. „Es reicht nicht, sich einfach mal Gedanken dazu gemacht zu haben.“ Die entscheidende Frage laute: „Ist etwas wirklich von Nöten oder nicht?“ Bürger würden sich anschließend denken: „Da baut Ihr ein Stück breiteren Gehweg, dann hört er einfach wieder auf.“ Letztendlich würden die Stadträte auf solch umstrittene Maßnahmen angesprochen mit der Frage: „Was habt Ihr denn da beschlossen?“, so Kühnel.

Weniger kritisch äußerte sich Johann Schweiger (CSU), der durchaus einen Sinn in der Straßengrundabtretung sieht. Gerade eine dadurch mögliche Verbreiterung der Straße an der Grundstücksecke (Einmündung in den Kirchweg) sei richtig, da den Bereich viele besonders große Fahrzeuge von Landwirtschaftsbetrieben passieren müssten.

Was steckt hinter dem Vorhaben der Stadt?

Dass Uneinigkeit im Gremium herrscht, zeigte die Abstimmung. Der Bauausschuss sprach sich letztlich mit 7:4 Stimmen für die Genehmigung des Bauantrages aus. Zuvor hatte Bürgermeister Schlier noch erklärt, dass die diskutierte Notwendigkeit einer Straßengrundabtretung grundsätzlich von Thomas Gems, Sachgebietsleitung Tiefbau bei der Stadt Bad Aibling, geprüft werde. Dieser war jedoch bei besagter Sitzung verhindert.

Gems erklärte nun auf OVB-Nachfrage, dass die Abtretung eine Maßnahme für die Zukunft sei. „Wir wollen die Einmündung einfach sicherer machen und zwar für alle Verkehrsteilnehmer.“ Zwar sei das dortige Verkehrsaufkommen bislang überschaubar. „Aber wir müssen 20, 30 Jahre weiterschauen und das Verkehrsaufkommen wird auf jeden Fall steigen, das ist Fakt“, betont Gems.

Bisheriger Gehweg zu schmal

Mit der steigenden Bedeutung von Straßen wachse auch der Bedarf an Sicherheit. Eine Verbreiterung der Straße trage zum einen einer ausreichenden Sicht für Verkehrsteilnehmern Rechnung – das „Sichtdreieck“ müsse funktionieren. So sei die vergrößerte Einmündung deshalb so wichtig, da durch eine Bebauung des Grundstückes Sicht und Ausweichmöglichkeiten eingeschränkt würden. Ohnehin liege die Einmündung in einem „ungünstigen Winkel“, weshalb dort bei künftig größerem Verkehrsaufkommen mehr Sicherheit von Nöten sei.

Die abzutretende Grundstücksfläche entlang der Berblinger Straße begründete Gems mit einer Verbreiterung des Gehweges, der derzeit „einfach zu schmal“ sei. Sollten dort etwa Erwachsene ihre Kinder mit dem Fahrrad begleiten, würde es eng werden, auch wenn beispielsweise ein Rollstuhlfahrer entgegen kommt.

Zur Kritik aus dem Bauausschuss, wonach die Stadt hier nur kurze Gehwegpassagen bedenke, die dann nach wenigen Metern wieder enden, stellte Gems klar: „Ganz ehrlich, wenn wir mehr Flächen dafür kriegen würden, würden wir gerne gleich mehr Gehwege ausbauen.“ Da sich dies jedoch schwierig gestalte, müsse man sich von Grundstück zu Grundstück vortasten.

Eine „andere Lösung“ ist noch im Gespräch

Doch ob Gems‘ Pläne tatsächlich so umgesetzt werden und die Grundstückseigentümer Flächen an die Stadt abtreten, ist derzeit noch unklar. Laut dem Sachgebietsleiter ist „noch eine andere Lösung im Gespräch, die für alle Beteiligten besser wäre“. Da jedoch mehrere Parteien dabei mitreden und die Überlegungen noch in Arbeit sind, konnte Gems noch nicht näher auf die Option eingehen.

Klar sei: „Wir wollen vor allem die Einmündung optimieren und wir werden einen Kompromiss finden“, so Gems. Entsprechende Gespräche seien komplex, da natürlich jede Partei das Beste für sich herausholen wolle.

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