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Fahrt nach Tscherkassy geplant: Was die Ukrainehilfe Bad Feilnbach alles leistet

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Von: Konrad Kriechbaumer

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Eugen Thierauf und Olena Tanasevych organisieren den Bad Feilnbacher Helferkreis und fahren Anfang April in die Ukraine. Dafür sind sie noch auf Spenden angewiesen.
Eugen Thierauf und Olena Tanasevych organisieren den Bad Feilnbacher Helferkreis und fahren Anfang April in die Ukraine. Dafür sind sie noch auf Spenden angewiesen. © Konrad Kriechbaumer

Eugen Thierauf und Olena Tanasevych organisieren den Bad Feilnbacher Helferkreis und fahren Anfang April in die Ukraine. Welche bewegenden Schicksale sie bislang erlebt haben und was derzeit besonders wichtig ist.

Bad Feilnbach – Seit einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine und tagtäglich ist er präsent in den Nachrichten und sozialen Medien. Manch einer hat sich mittlerweile womöglich fast schon an diese Nachrichten gewöhnt. Was der Krieg aber für die Menschen in der Ukraine wirklich bedeutet, wird wohl erst begreifbar, wenn man sich mit Menschen wie Olena Tanasevych und Eugen Thierauf unterhält.

Die beiden koordinieren seit Monaten ehrenamtlich die Ukrainehilfe in Bad Feilnbach, betreuen 65 Geflüchtete und rüsten sich nun für eine Fahrt in die Ukraine, um den Schwächsten der Gesellschaft zu helfen: Menschen mit Behinderung und ihren Familien. Mit den OVB-Heimatzeitungen haben sie über die Zustände im Krieg, ihre Arbeit und die geplante Fahrt nach Tscherkassy gesprochen.

Olena Tanasevych erzählt von der Zeit, bevor der Krieg begann. Sie arbeitete seit etwa zehn Jahren in einem Hochhaus in Tscherkassy, einer Stadt mit knapp 300.000 Einwohnern im Zentrum der Ukraine, drei Autostunden südöstlich von Kiew am Fluss Dnepr gelegen. Die Einrichtung sei eigens für Kinder und Jugendliche vor allem mit schweren zerebralen Einschränkungen gebaut worden. Heißt: Viele sind auf Rollstühle und Rollatoren angewiesen.

Was die Förderungen möglich machen

„Im Haus wohnen die Kinder und Jugendlichen mit ihren Familien, im Erdgeschoss gibt es ein Zentrum für Anwendungen wie Massagen, Physiotherapie aber auch soziale Veranstaltungen“, schildert die Helferin. „Wir haben dort auch eine inklusive Theatergruppe, ein Theaterkollektiv für Menschen mit und ohne Behinderungen, teilweise wurden Projekte von der Europäischen Union und Ländern wie Georgien gefördert, so konnten wir zum Beispiel ‚Der kleine Prinz‘ von Antoine de Saint-Exupéry einstudieren und aufführen“, erzählt sie.

Die Förderungen machten es möglich, die Arbeit der Betreuer, die Bühne und die Kostüme und die Choreografie zu bezahlen. Sie und ihre Mitstreiter erhielten nur den Mindestlohn. „Davon haben wir aber auch noch privat einen Buchhalter bezahlt“, erläutert Olena. Die finanzielle Situation war schon vor dem Krieg sehr angespannt, vom Staat seien die Heizkosten übernommen worden, allerdings nur sehr sporadisch darüber hinaus gab es auch vereinzelt Spenden von kirchlichen Einrichtungen. „Mit dem Beginn des Krieges ist das natürlich ganz zusammengebrochen, die Preise sind immens gestiegen, zum Teil fehlt der Strom für die benötigten Absauggeräte“, wirft Eugen Thierauf ein.

Bilder aus Zeiten vor dem Krieg: Die inklusive Theatergruppe spielt „Der kleine Prinz“.
Bilder aus Zeiten vor dem Krieg: Die inklusive Theatergruppe spielt „Der kleine Prinz“. © Olena Tanasevych

Nun planen die beiden eine Fahrt Anfang April nach Tscherkassy – sofern es die Sicherheitslage zulässt. Mitnehmen wollen sie vor allem dringend benötigte Hygieneartikel, haltbare Lebensmittel, Medikamente und orthopädische Hilfsmittel wie etwa spezielle Nackenkissen oder Kissen für Rollstühle. Dafür hat sich Thierauf bereits mit ortsansässigen Ärzten, der Apotheke, den Supermärkten und Sanitätshäusern aus der Region in Verbindung gesetzt. Sie unterstützen die Beschaffung der dringenden Hilfsmittel, können aber natürlich nicht alles zum Nulltarif liefern.

„Wir sind hier noch auf Geldspenden der Bevölkerung angewiesen“

„Wir sind hier noch auf Geldspenden der Bevölkerung angewiesen“, so Thierauf. „Wir planen, alles Notwendige hier zu beschaffen und dann mit dem Gemeindebus persönlich nach Tscherkassy zu fahren“. Insgesamt werden die Ehrenamtlichen zehn Tage unterwegs sein, die sie auch dafür nutzen, um zu schauen, ob und welche weitere Hilfe noch benötigt wird und Kooperationen zu knüpfen. Auch der Kontakt mit den regionalen Behinderteneinrichtungen sei bereits hergestellt.

„Außerdem nehmen wir meine Tochter mit und machen einen kurzen Besuch in der Heimat bei meinen Eltern“, plant Olena. Eindrucksvoll schildert sie einzelne Schicksale, wie exemplarisch das der alleinerziehenden Mutter von zwei schwer behinderten Zwillingsmädchen, die selbst mit Herzproblemen zu kämpfen hat „Unglaublich, wie ein Mensch so viel ertragen kann“, fasst die engagierte junge Frau zusammen, die auch an den Schulen in Au und Bad Feilnbach die Flüchtlingskinder betreut und schon mal für eine Aushilfsstunde einspringt, als sogenannte Schulassistenz.

Außerdem dolmetscht sie, hilft bei Behörden- oder Arztbesuchen und hält auch den Kontakt in die Heimat. Als „unsere beste Kraft“, betitelt Eugen Thierauf sie, doch das möchte sie lieber nicht über sich in der Zeitung lesen – zu groß ist die Bescheidenheit.

Ukrainehilfe-Koordinator Eugen Thierauf im Interview

Herr Thierauf, wie können die Bad Feilnbacher ihre Arbeit und die Menschen in der Ukraine unterstützen?

Eugen Thierauf: Derzeit sind wir auf Geldspenden angewiesen. Wir beschaffen bei uns alles Nötige an Medikamenten, Lebensmitteln, Hygieneartikeln und orthopädischen Hilfsmitteln und fahren sie Anfang April persönlich nach Tscherkassy.

Können die Bürger auch noch Sachspenden abgeben?

Thierauf: Vorerst sind alle Geflüchteten untergebracht, die Grundausstattung ist vorhanden. In der Gemeinde Bad Feilnbach haben wir alle Menschen in privaten Unterkünften unterbringen können, dank der großen Spendenbereitschaft sind die Unterkünfte auch ausreichend ausgestattet.

Wie erleben Sie die bisherige Spenden- und Hilfsbereitschaft in Bad Feilnbach?

Thierauf: Der Zusammenhalt und die Hilfe sind enorm. Es hilft jeder wo er kann, seien es Unternehmen, die Sach- und Geldspenden geben, Helfer, die mit anpacken oder die Feuerwehr, die bei der Ausstattung der Unterkünfte geholfen hat. Außerdem unterstützt uns die Gemeinde, allen voran zweiter Bürgermeister Sepp Rauscher als Koordinator der Ukrainehilfe und Vroni Gasteiger von der Gemeindeverwaltung.

Wie können die Bürger spenden?

Thierauf: Die Gemeinde Bad Feilnbach hat ein Sonderkonto eingerichtet (IBAN DE07 7115 0000 0000 0850 50) unter dem unter dem Stichwort „Ukrainehilfe“ alle Spenden eins zu eins den Geflüchteten in Bad Feilnbach und der Ukraine zugutekommen.

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