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Versuchte Vergewaltigung in Kolbermoor: Darum hat es bislang noch keinen Prozess gegeben

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Von: Mathias Weinzierl

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Eine Frau nachts auf dem Weg nach Hause. In einer derartigen Situation ist im November 2021 eine damals 37-Jährige Kolbermoorerin nach Einschätzung der Polizei von einem damals 17-Jährigen attackiert worden.
Eine Frau nachts auf dem Weg nach Hause. In einer derartigen Situation ist im November 2021 eine damals 37-Jährige Kolbermoorerin nach Einschätzung der Polizei von einem damals 17-Jährigen attackiert worden. © dpa/Julian Stratenschulte

Durch ihr mutiges Eingreifen, durch das sie selbst schwer verletzt wurde, hatte eine Kolbermoorerin im November 2021 vermutlich die Vergewaltigung einer Frau verhindert. Warum es bislang noch keinen Prozess gegeben hat – und wie es nun weitergeht.

Kolbermoor – Es war eine Gewalttat, die ganz Kolbermoor aufschreckte: Mitte November 2021 hatte ein damals 17-jähriger Rumäne, der in Kolbermoor lebt, nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei versucht, eine 37-jährige Frau, ebenfalls in Kolbermoor wohnhaft, zu vergewaltigen. Eine damals 52-jährige Frau, die auf die Tat aufmerksam wurde, kam der 37-Jährigen zur Hilfe und wurde vom mutmaßlichen Täter dabei schwer verletzt.

Ein Verfahren gegen den Rumänen vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Rosenheim kam bislang nicht zustande, da das Amtsgericht das Verfahren nach Prüfung der Unterlagen an das Landgericht Traunstein verwiesen hatte. Nach Angaben von Andrea Titz, Vizepräsidentin und Sprecherin des Landgerichts Traunstein, wurde für die Hauptverhandlung gegen den damals 17-Jährigen bislang aber noch kein Termin festgesetzt.

37-Jährige wehrt sich gegen ihren Peiniger

Ein Rückblick: Nach Erkenntnissen der Polizei hatte der 17-jährige Schüler am Samstag, 20. November 2021, gegen 1.40 Uhr an der Ganghoferstraße in Kolbermoor die 37-Jährige attackiert und gewürgt. Im weiteren Verlauf seiner Attacke versuchte er, seinem Opfer die Hose auszuziehen. Doch die 37-Jährige wehrte sich so heftig gegen ihren Peiniger, dass er von ihr abließ und gemeinsam mit einem Begleiter, zu dem die Polizei damals keine weiteren Angaben machte, die Flucht ergriff.

Durch die verzweifelten Schreie des Opfers wurde auch eine damals 52-jährige Anwohnerin auf die Tat aufmerksam. Sie lief auf die Straße und fand direkt vor ihrer Wohnung die völlig verstörte 37-Jährige.

Täter kehrt an den Tatort zurück

Doch damit war das Martyrium der beiden Frauen noch nicht zu Ende: Denn nach Informationen der OVB-Heimatzeitungen hatte der Täter bei seiner Flucht seine Geldbörse verloren, was die Polizei damals weder dementieren noch bestätigen wollte. Bei seiner Rückkehr an den Tatort versuchte er dann, sich des Rucksacks seines 37-jährigen Opfers zu bemächtigen.

„Die Frau und ich haben gemeinsam den Rucksack festgehalten“, schilderte die damals 52-Jährige, die dem Opfer zur Hilfe gekommen war, nur wenige Tage nach der Tat den Hergang. Daraufhin habe ihr der 17-Jährige die Faust ins Gesicht geschlagen. Anschließend machte sich der Rumäne aus dem Staub, konnte aber wenig später im Rahmen einer Fahndung von Polizeibeamten dingfest gemacht werden.

Durch Notoperation das Augenlicht gerettet

Die 52-jährige couragierte Kolbermoorerin wurde hingegen schwer verletzt in eine Münchner Spezialklinik gebracht, wo ihr nur durch eine Notoperation das Augenlicht gerettet werden konnte. Auch ein Jahr und fünf Operationen später leidet die heute 54-Jährige, der bei der Attacke unter anderem das Jochbein zertrümmert worden war, noch unter den physischen und psychischen Folgen des Angriffs.

Die Polizei hatte anschließend Ermittlungen wegen versuchter Vergewaltigung, versuchten schweren Raubes sowie schwerer Körperverletzung gegen den heute 19-Jährigen eingeleitet, die nach Angaben von Alexander Huber, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, bereits „seit längerer Zeit abgeschlossen sind“.

Für Verwunderung, beispielsweise beim 52-jährigen Opfer aus Kolbermoor, hatte damals die Entscheidung des Ermittlungsrichters geführt, keinen Untersuchungshaftbefehl gegen den jungen Mann zu erlassen. „Der Ermittlungsrichter hat zwar ebenfalls dringenden Tatverdacht gesehen, aufgrund des Alters und der Lebensumstände des 17-Jährigen einen Untersuchungshaftbefehl aber abgelehnt“, begründete damals Oberstaatsanwalt Björn Pfeiffer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Traunstein, gegenüber den OVB-Heimatzeitungen die Entscheidung.

Jugendschöffengericht hat die Anklage geprüft

Im vergangenen Jahr wurde nach Angaben von Stefan Tillmann, Pressesprecher des Amtsgerichts Rosenheim, seitens der Staatsanwaltschaft Traunstein, Zweigstelle Rosenheim, „Anklage zum Jugendschöffengericht am Amtsgericht Rosenheim erhoben“. Doch dort wurde der Fall letztlich nicht verhandelt. Tillmann:  „Das Jugendschöffengericht hat die Anklage geprüft und das Verfahren dann der Jugendkammer des Landgerichts Traunstein vorgelegt.“ 

Das Gericht war nach Angaben von Tillmann nämlich zu der Einschätzung gelangt, „dass die Tat sehr schwerwiegend ist und gegen den Angeklagten – sofern er verurteilt werden sollte – schwere Sanktionen, insbesondere eine hohe Jugendstrafe, zu verhängen sein könnten“. „Deshalb könnte die Zuständigkeit der Jugendkammer beim Landgericht gegeben sein“, so Tillmann weiter.

Die Jugendkammer des Landgerichts hat nach Angaben des Amtsgerichtssprechers nun zu prüfen, ob es die Einschätzung des Jugendschöffengerichts teilt. Sie entscheide dann, ob und vor welchem Gericht das Verfahren eröffnet werde. Wann sich der heute 19-Jährige, der nach Angaben des Landgerichts Traunstein aktuell auf freiem Fuß ist, für seine Taten vor Gericht verantworten muss, ist derzeit noch völlig offen. Auch welche Taten dem Mann im Rahmen des Prozesses vorgeworfen werden könnten, kann Landgerichtssprecherin Titz „derzeit nicht sagen“.

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