Startschuss für Stadtentwicklungskonzept
Mal schnell in die Zukunft beamen – Was die Feldkirchen-Westerhamer im Jahr 2040 entdeckt haben
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Einen Blick in die nahe Zukunft wagten jetzt die Bürger der Gemeinde Feldkirchen-Westerham. Was sie außer einem Naturschwimmbad, einem Brennglasgrill und Insektenbrätlingen noch im Jahr 2040 entdeckten.
Feldkirchen-Westerham – Eine Flut an Ideen und Wünschen. Aufbruchstimmung, die lange nicht zu spüren war. Und ein gut gelauntes Miteinander. Die Bürger der Gemeinde Feldkirchen-Westerham haben in ihre Zukunft geblickt, und Stadtplanerin Sonja Rube ist es gelungen, sie zu begeistern.
Wer da glaubte, die Auftaktveranstaltung zum Integrierten Städtebaulichen Erneuerungskonzept (ISEK) im Kultur- und Sportzentrum sei eine gewohnte Information über bereits geschmiedete Pläne, der wurde positiv überrascht: „Heute haben Sie den Hut auf, denn wir arbeiten von Anfang an gemeinsam mit den Bürgern an Plänen“, lud Rube die etwa 70 anwesenden Feldkirchen-Westerhamer zum gemeinsamen Brainstorming ein und sorgte für zweieinhalb Stunden intensive Bewegung in der Sporthalle und in den Köpfen.
Mammutaufgabe gemeinsam anpacken
Ein Integriertes Städtebauliches Erneuerungskonzept und mit ihm die Gemeinde der Zukunft zu entwickeln, sei eine Mammutaufgabe, erläuterte sie. Dabei gehe es nicht nur um Wachstum, bezahlbaren Wohnraum und funktionsfähige Zentren. Auch Klimaschutz, die Anpassung an die Klimafolgen oder die Entsiegelung von Flächen müssten betrachtet werden. Eine Rolle spielten auch die demografische Entwicklung und mit ihr der soziale Frieden im Ort. Zudem gehörten natürlich auch Digitalisierung und neue Mobilität dazu.
Betrachtet werden Siedlungs- und Gewerbestruktur, Orts- und Landschaftsbild, Baukultur, Naturraum, Klima, Energie und Verkehr. „Das integrierte Stadtentwicklungskonzept gibt eine Orientierung für die Zukunft“, betonte Rube. Sie motivierte die Feldkirchen-Westerhamer zu einer Bestandsaufnahme von Stärken und Schwächen sowie zur Betrachtung von Chancen und Risiken.
In einem „Warm up“ entlockte sie den Gästen Informationen über das Einzigartige ihrer Ortschaften. Dafür hatten sie nur zehn Sekunden Zeit, denn das Unterbewusstsein sollte sich zu Wort melden: „Lassen Sie Ihr Herz antworten.“ Daraufhin war es mucksmäuschenstill in der Halle. Nur das Kratzen der Stifte auf Papier war zu hören.
Was es nirgendwo sonst auf der Welt gibt und unbedingt erhalten werden sollte, sind für die Feldkirchen-Westerhamer vor allem der dörflich-ländliche Charakter ihrer Orte und das landschaftlich reizvolle Mangfalltal. Sie genießen das Miteinander, das Vereinsleben, die gelebte bayerische Tradition und Wirtshauskultur. Zu schätzen wissen sie das Ehrenamt, die Jugendförderung und die gemeindliche Trinkwasserversorgung. Feldkirchen-Westerham verkörpert für die Menschen Heimat, Familie und Freunde. „Es ist also ein Ort mit großer Identität. Das ist toll“, motivierte die Stadtplanerin die Besucher.
Dann ging es um Träume und die Frage, wie das Leben in der Gemeinde im Jahr 2040 aussehen könnte – für Jugendliche, Handwerker, Familien mit Kindern, Alleinstehenden mit zu pflegenden Angehörigen, Senioren in den Ortsteilen oder Pendler. Anhand fiktiver Personen sollten die Besucher Familie, Wohnen, Arbeitswelten, Mobilität, Ernährung und Soziales der Zukunft beschreiben. Das bereitete allen so viel Gaudi, dass am Ende zehn ernsthafte Lebensmodelle regelrecht performt wurden.
Der Erhalt der Schulen am Ort war dabei wichtig. Auch eine Ganztagsbetreuung für die Kinder. Der ÖPNV sollte alle 30 Minuten in alle Richtungen fahren. Ein Naturbad soll es dann endlich geben. Alle Wirtshäuser, Vereine und kulturellen Angebot haben bis 2040 überlebt. Nichts solle mehr verbrannt werden, sondern Energie dann aus Sonne, Wind, Wasser und Erdwärme kommen. Mehrgenerationswohnen wünschen sich die Menschen. Pflegeroboter, damit den Pflegenden Zeit für soziale Kontakte mit den Senioren bleibt. Der Dorfplatz mit seinem Café wird dann ein beliebter Treffpunkt sein. Und auch ein neues Ärztehaus mit Apotheke gibt es.
Der Fantasie freien Lauf lassen
Gefahren wird autonom oder mit E-Autos. Nach München kommt man mit der Schwebebahn oder dem Wasserstoffbus. Und am Naturschwimmbad werden auf dem Brennglasgrill Insektenbrätlinge gebrutzelt. Die Stadtplanerin war fasziniert von den Feldkirchen-Westerhamern: „Toll, das hört sich gut an.“
Sonja Rube hat den Funken bei den Feldkirchen-Westerhamern entfacht. Sie wollen mitreden und mitgestalten. Wie gut sie es können, haben sie in der Auftaktveranstaltung gezeigt. „Ich habe noch nie so viele kreative Ideen aus einer Veranstaltung mitgenommen. Daraus ist schon jetzt ein homogenes Bild entstanden, das zeigt, wohin die Reise gehen soll. Ihre Zukunft liegt schon jetzt hier auf dem Tisch“, lobte die Stadtplanerin das Engagement der Bürger. Jetzt werden die Ideen zusammengetragen. „Nichts wird verloren gehen“, versprach Rube. Im Sommer soll eine Lenkungsgruppe aus Verwaltung und Gemeinderat beraten. Die Bürger wünschen sich, auch weiterhin so intensiv eingebunden zu werden.
Wenn ich heute Bürgermeister wäre, würde ich ...
Auf die Frage, was die Bürger als erstes tun würden, wenn sie Bürgermeister wären, gab es viele spannende Antworten. Hier nur einige Beispiele: Ein Naturschwimmbad bauen. Tempo 30 in allen Orten einführen. Ein Verkehrskonzept entwickeln. Einen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mit 30-Minuten-Taktung installieren. Radwege bauen. Eine Untertunnelung für die Ortsumgehung schaffen. „Es gibt also auch etwas zu verbessern, das ist etwas Gutes“, fasste Sonja Rube zusammen.
Eine Antwort lautete auch: „Die Wahl zum Bürgermeister nicht annehmen.“ Die sorgte zwar für viel Gelächter. Die Stadtplanerin deutet sie aber auch so: „Das zeigt, dass die Aufgaben hier sehr vielfältig und zermürbend sind.“
Abschaffen möchten die Bürger den Durchgangsverkehr mit langen Staus und Gefahren im Zentrum von Feldkirchen, die Südumfahrung und Tempo 50 als innerörtlich festgelegte Geschwindigkeit. Sorgen bereiten ihnen die fehlende Aufenthaltsqualität im Ort, die weitere Flächenversiegelung, viel zu teurer Wohnraum und der Zuzug aus den Ballungszentren.
Auf Intransparenz, Engstirnigkeit und Neid würden sie künftig gern verzichten. Für die Zukunft wünschen sie sich mehr Bürgerbeteiligung und einen aktiveren Gemeinderat.