Keine Entspannung in Sicht
Teurer Traum vom Eigenheim: Darum steigen Immobilienpreise im Raum Rosenheim immer stärker an
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Die eignen vier Wände in der Region Rosenheim zu finanzieren, stellt für immer mehr Normalverdiener ein Problem dar. Eines, das sich noch verschärfen könnte. Denn Entspannung auf dem Immobilienmarkt ist augenscheinlich nicht in Sicht – ganz im Gegenteil.
Rosenheim – Die Preise für Wohneigentum kennen weiterhin nur eine Richtung: nach oben. Das dokumentiert unter anderem der Wohnatlas 2022 der Postbank. Die Studie attestiert: In 98 Prozent aller deutschen Landkreise und kreisfreien Städte hätten sich die Preise für Eigentumswohnungen im Bestand verteuert – im bundesweiten Schnitt um 14,2 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in der Region Rosenheim.
Bad Aibling an der Spitze
Dies betrifft vorwiegend die Stadt Rosenheim. Hier schlägt die Teuerung extrem zu Buche und liegt mit rund 15,6 Prozent bei den Quadratmeterpreisen für Eigentumswohnungen sogar über dem Bundesdurchschnitt, wie Zahlen des Immobilienverbands IVD zeigen. Zahlte man 2020 noch im Schnitt rund 4116 Euro pro Quadratmeter, waren dies 2021 rund 4758 Euro.
Bad Aibling toppt diesen Wert noch. 2020 lag der Quadratmeterpreis dort 2020 noch bei 3525 Euro, ein Jahr später kostete dieser 4100 Euro und verteuerte sich damit um 16,3 Prozent. Erhoben hat der IVD solche Zahlen auch für die Gemeinden Aschau im Chiemgau und Bernau am Chiemsee. In Aschau schlug der Quadratmeterpreis 2021 mit 4500 Euro zu Buche, es 2021 waren es 4875 Euro (+8,3 Prozent). Bernau kommt mit einer Teuerungsrate von rund 14 Prozent fast an den Bundesschnitt heran. Dort kostete ein Quadratmeter Wohnfläche im Bestand 2020 durchschnittlich 4650 Euro, 2021 waren es bereits 5300 Euro.
Bestandswerte in wirtschaftlich unsicheren Zeiten
Auf höhere Baukosten gerade im vergangenen Jahr führt Thies Schwarz den merklichen Sprung beim Anstieg der Immobilienpreise zurück. Er ist Analyst für Deutschland, Österreich und der Schweiz beim Immobilienmakler „Engel & Völkers“.
Auch die Corona-Pandemie könnte dazu beigetragen haben, das Interesse an der eigenen Immobilie zu steigern: die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, aber auch das Bedürfnis, in wirtschaftlich unsicheren Zeiten wieder in Bestandswerte investieren zu wollen.
Kaum Material und wenig Personal in der Baubranche
Aber: Die meisten Gründe für die üppige Preisentwicklung bei Bestandsimmobilien in der Region Rosenheim sind über die vergangenen Jahre gleich geblieben. Stephan Kippes, Immobilien-Ökonom beim IVD, spricht zum einen über den „Ripple-Effekt“, über eine Preiswelle, die aus der Metropole München ins Umland schwappt. Dies immer dann, wenn Personen mit Blick auf die Preise in der Landeshauptstadt auch in den Kommunen rund um München bereit sind, höhere Preise zu zahlen.
Aber auch Kippes preist die steigenden Baukosten mit ein, um die Preissteigerungen zu erklären. Es mangele an Material, aber auch an Personal in der Baubranche. Das wirke sich auch auf die Preise für Bestandsimmobilien aus. Dann, wenn der Neubau unterm Strich deutlich teurer ausfällt als der Kauf eines bereits gebauten Häuschens.
Beliebtheit auf Großstadtniveau
Am Ende läuft es auf einen Klassiker der Volkswirtschaft hinaus: „Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem – im Landkreis, aber auch in der Stadt Rosenheim“, sagt Thies Schwarz. Entsprechend stark stiegen die Preise. Er stimmt Kippes in vielen Dingen zu, darunter beim Siedlungsdruck aus München in die Region rund um die Landeshauptstadt.
Er attestiert sowohl der Stadt Rosenheim, aber auch den Landkreiskommunen im Schnitt eine sehr niedrige Leerstandsquote von durchschnittlich nur einem Prozent. Zum Vergleich: Im Bundesschnitt bewege sich diese zwischen 2,7 und 2,8 Prozent. „Damit liegt die gesamte Region auf gleichem Niveau, wie die beliebtesten Großstädte Deutschlands“, sagt Thies Schwarz.
Zinspolitik befeuert Preisentwicklung
Und die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank befeuere die Preisentwicklung im Immobilienmarkt zusätzlich. Darin sind sich beide Experten einig. Investoren suchten im „Betongold“ inzwischen eine sichere Möglichkeit, ihr Geld anzulegen. Und überhaupt spiegele die Preisentwicklung eines wider: Wer eine Immobilie kauft, tut dies in der Regel, weil er investieren will, nicht, um darin zu wohnen. Immobilienökonom Kippes spricht von „jeder Menge Geld, das willenlos in den Markt gepumpt“ werde.
Kaum Aussicht auf sinkende Preise
Dass sich hieran alsbald etwas ändert, glauben die wenigsten Experten. „Von einer Blase gehen wir derzeit nicht aus“, sagt Thies Schwarz. Er fürchtet nicht, dass der Immobilienmarkt überhitzt und droht, in sich zusammenzubrechen. Auch Stephan Kippes sieht derzeit kein Abknicken der Preiskurve nach unten. Hinzu komme: In unsicheren Zeiten stiegen die Preise bei Sachwerten ohnehin.
Diesen Eindruck hat auch Oliver Herbst. Der Inhaber des Münchner Maklerbüros Immovision handelt vor allem mit höherpreisigen Immobilien, auch in der Region Rosenheim. „Wir gehen schon davon aus, dass – befeuert durch die Ukrainekrise – Kapital in Sachwerte fließt“, sagt er. Und er spüre, dass die Nachfrage ungebrochen sei.