Auch in seinem Freundeskreis war das Interesse groß. Als er fertig war, baute er gleich noch zehn Stück mehr. Alles Bestellungen von Freunden. Da lag der nächste Schritt gar nicht mehr soweit weg: Nach 33 Jahren bei Bosch gründet er mit Freund und Ingenieurskollegen Kai Kröger die Firma „Hautoo“.
Hammer ist zum Interviewtermin natürlich mit Fahrrad inklusive Anhänger gekommen. In weniger als einer Minute baut er den Anhänger um, sodass drei statt zwei Kästen Bier darauf passen. Noch mal drei Handgriffe und auf der Ladefläche findet eine Tasche mit 250 Litern Stauraum Platz. Wieder drei Handgriffe und eine andere Tasche liegt auf dem Anhänger – freilich nicht ganz so groß mit 100 Litern, aber perfekt für den Wochenendeinkauf. Die Tasche kann man dazu kaufen, sie ist aus Lkw-Planen gefertigt und gibt es auch als recycelte Variante.
Bei der Probefahrt bestätigt sich der hochwertige Eindruck. Dass man einen Anhänger hinten dran hat, merkt man nur, weil der leere Anhänger auf dem Kopfsteinpflaster ein wenig rumpelt. Dabei wiegt er immerhin 10 Kilo. Bis zu 45 Kilo kann man auf den Anhänger laden – laut TÜV. Praktisch hält die Aluminiumkonstruktion noch viel mehr aus. „Aber aus Sicherheitsgründen darf und sollte man nicht mehr drauf laden“, erklärt Hammer. Der Bremsweg wird einfach zu lang.
Dass alles so rund läuft, liegt auch an den Einzelteilen. Alle werden in Deutschland gefertigt – bis auf die Räder. Die kommen aus Polen. „Es gibt einfach keine Räder aus Deutschland“, erzählt Hammer. Kupplung und Deichsel kommen zum Beispiel direkt aus der Region vom Marktführer Weber in Eggstätt.
Auch die Vormontage findet in der Region statt. In den Wendelstein Werkstätten der Caritas. „Wir hatten Glück, dass die gerade erweitert hatten“, sagt Hammer. Denn man brauche schon viel Platz. Den gibt es auch am Standort Aicher Park. Auf etwa 100 Quadratmetern montieren acht Menschen die Anhänger, erzählt Standortleiter Martin Gaßner. Zwei weitere kümmern sich um den Versand. „Für uns ist das eine tolle Aufgabe“, sagt er. Denn die Arbeit sei anspruchsvoll und erfordere viel Verantwortungsbewusstsein. „Man braucht schon einen gewisses technisches Verständnis“, sagt Gaßner. Schließlich muss alles sicher sitzen und beim Versand darf nachher keine Schraube fehlen.
Denn so einfach ist es für die Werkstätten nicht passende Auftraggeber zu finden. „Die Arbeit muss gut zu den Menschen und ihren Fähigkeiten passen“, erklärt Gaßner. Schließlich haben die Mitarbeiter in den Wendelstein Werkstätten ein Handicap. Bei der Montage der Fahrradanhänger arbeiten zum Beispiel nur Menschen mit psychischen Erkrankungen. Zwar gibt es einen Gruppenleiter – die Mitarbeiter sind also nicht komplett auf sich alleine gestellt. Aber sie sollen soweit wie möglich selbstständig arbeiten.
Auch deshalb, weil es darum geht, dass die Menschen wieder fit für den regulären Arbeitsmarkt werden. „Umso realistischer die Arbeitsbedingungen sind, desto eher finden die Menschen zurück“, erklärt Gaßner. Aber auch finanziell ist das keine Beschäftigungstherapie: Zwar machen die Wendelstein Werkstätten keinen Gewinn, aber der Lohn der Mitarbeiter muss erwirtschaftet werden.
„Das Hautoo-Projekt passt gut zu uns, auch weil wir mit Montagearbeiten bereits gute Erfahrungen gesammelt haben“, sagt Gaßner. Und auch Hammer ist glücklich über seinen Partner. Nach Vormontage und Versand sind die letzten Schritte dem Kunden überlassen. Aber bei nur zwölf zu verankernden Schrauben, glaubt Hammer, sei das leichter als bei so manchem Ikea Regal.
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