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Zwist in Bad Endorf beigelegt? Warum die Schilder vor dem Rathaus nun verschwunden sind

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Von: Theo Auer, Sylvia Hampel

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Andreas Sanders steht mit einem Pappschild vor dem Rathaus von Bad Endorf. Er sagt, die Gemeinde schulde ihm noch Geld.
Wochenlang stand Andreas Sanders mit einem Pappschild vor dem Bad Endorfer Rathaus, beschuldigte die Gemeinde, für den Verlust seiner Wohnung verantwortlich zu sein. Die Gemeinde reagierte mit einem eigenen Schild. Beide Schilder und Sanders sind aus dem Straßenbild verschwunden. © Rosi Ammelburger

Der Mann mit dem Schild steht nicht mehr vor dem Bad Endorfer Rathaus. Das Gegenplakat der Gemeinde Bad Endorf auch nicht. Wie es dazu kam - und was das Amtsgericht Rosenheim damit zu tun hat.

Bad Endorf/Rosenheim - Die „Mahnwache“ von Bad Endorf ist beigelegt. Zu einem Termin vor dem Zivilgericht des Amtsgerichts Rosenheim erschienen Andreas Sanders, im Ort bekannt als „der Mann mit dem Schild“, sowie Bürgermeister Alois Loferer, Geschäftsleiter Martin Mühlnickel und Rechtsanwalt Georg Uphoff. Die Gemeinde hatte geklagt, da Sanders wochenlang auf einem Pappschild behauptete, er habe seine Wohnung verloren, weil die Gemeinde ihn nicht vollständig für seine Arbeit bezahlt habe.

Richter bevorzugt gütliche Einigungen

Amtsrichter Gisbert Teubner eröffnete den Termin mit dem Hinweis, dass es sich hier zunächst um einen Sühnetermin handle und sein Bestreben immer sei, eine gütliche Einigung herbei zu führen. Damit waren die Beteiligten durchaus einverstanden. Er habe schon vor der Verhandlung einen Vorschlag zur gütlichen Einigung gemacht, so Sanders gegenüber dem OVB, der sei aber vom Anwalt - wohl auf Geheiß der Gemeinde - abgewiesen worden. Einigung ja, aber ein Vergleich, so Geschäftsleiter Martin Mühlnickel gegenüber dem OVB, stand für die Gemeinde nie zur Debatte.

Honorarforderung war nicht Verhandlungsthema

Auch stellte Richter Teubner klar, dass es sich keineswegs inhaltlich um die angestrebte beziehungsweise bestrittene Honorarforderung handelt, sondern einzig und alleine um eine Unterlassungsklage wegen der öffentlichen Behauptung, die Gemeinde sei daran schuld, dass Sanders seine Mietwohnung verloren habe. Zumal Sanders bei Gericht angab, noch in der Wohnung zu leben.

Der Diplomgeologe hatte seine Tätigkeit für die Gemeinde Bad Endorf als „ehrenamtlich“ angeboten, im Mai einen Workshop in Sachen Klimawandel und Energiewende organisiert und zur allseitigen Zufriedenheit durchgeführt. Allerdings hatte er offenbar darauf spekuliert, dass er mit der Durchführung diesbezüglicher Maßnahmen betraut und diese entsprechend honoriert würden.

Nicht ohne den Marktgemeinderat

Darüber, so der Bürgermeister, habe es jedoch keinerlei Vereinbarung gegeben. Derlei könne er ohne einen Beschluss des Marktgemeinderates gar nicht veranlassen. Nachdem eine weitere Zusammenarbeit nicht absehbar war, hatte Sanders schließlich der Gemeinde - auf deren Aufforderung hin - den erfolgten Workshop in Rechnung gestellt. Diese sei auch innerhalb weniger Tage bezahlt worden.

Zur gleichen Zeit habe Sanders eine Kündigung der Wohnung wegen Mietrückständen ins Haus gestanden, weshalb er auf umgehende Überweisung bestanden habe. Er habe das Geld nicht rechtzeitig bekommen, weshalb ihm die Wohnung gekündigt worden sei. Darauf habe er mit seiner Aktion hinweisen wollen. So Sanders Sicht der Dinge. Die Gemeinde bestreitet, irgendeine Schuld an Sanders Wohnungsverlust zu haben.

Verquickung Mietrückstände und Honorarforderung „kaum belegbar“

Richter Teubner wies Sanders zunächst darauf hin, dass eine ursächliche Verquickung seiner Mietrückstände und der Honorarforderung an die Gemeinde kaum belegbar sei. Des Weiteren gebe es keinerlei Belege für irgendeine Verabredung mit der Gemeinde für weitere Aufträge an ihn. „Ein unternehmerisches Risiko haben Sie in solchen Fällen immer zu tragen“, so der Richter. „Dazu kommt, dass die Gemeinde durchaus ein Honorar an Sie entrichtet hat.“

Schwierig sei immer das Spannungsfeld zwischen einer Tatsachenbehauptung und einer Meinungsäußerung, so der Richter. Eine Meinungsäußerung sei durch das Grundgesetz gesichert. Eine Tatsachenbehauptung, so Teubner, müsse aber in jedem Falle wahr sein. 

Auf die konkrete Frage des Richters nach dem Ziel seiner „Protestaktion“ erklärte Sanders, er habe mit der Gemeinde über die Situation sprechen wollen, jedoch sei eine Kommunikation nicht möglich gewesen. Im Übrigen habe er die Aktion am 16. Dezember ohnehin eingestellt. Erwarte aber, dass ein Gegenrede-Plakat der Gemeinde ebenfalls entfernt werde. Dies wurde von den Vertretern der Marktgemeinde zugesagt.

Urteil wurde sofort rechtskräftig

Schließlich einigte man sich darauf, dass der Beklagte den Unterlassungsanspruch anerkennt und ein entsprechendes Urteil ergeht. „Sonst hätte das Ganze mit einem Arrest gegen mich enden können“, sagte Sanders der Redaktion. Sanders verzichtete auf weitere Rechtsmittel, sodass das Anerkennungsurteil sofort rechtskräftig wurde. Martin Mühlnickel sagte, die Vertreter der Gemeinde seien nicht nur mit dem Ergebnis, sondern auch mit der „angenehmen Verhandlung“ zufrieden.

Die Parteien einigten sich zudem auf eine sogenannte Kostenaufhebung, was bedeutet, dass beide Parteien die jeweils eigenen Kosten zu tragen haben und die entstandenen Gerichtskosten, die im niedrigen zweistelligen Bereich zu sehen sind, geteilt werden. Rechtsanwalt Uphoff bot dazu dem Diplomgeologen an, die von diesem erhofften Gespräche in der Sache weiter führen zu wollen.

Darauf wird Sanders wohl eingehen, denn gegenüber dem OVB sagt er, Teil der Vereinbarung sei, dass von der Gemeinde „noch etwa kommen muss“. Was genau, das sagte er auch auf Nachfrage nicht. Aber: Er habe während der Zeit auf der Straße das Stimmungsbild in Bad Endorf gegen den Bürgermeister so erlebt, „ dass ich mich frage, wie viel ihm sein politisches Überleben wert ist“.

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