„Das geht in Richtung Detektivarbeit“
Wenn der letzte Gang allein ausfällt: Wie Bernau mit Verstorbenen ohne Angehörige umgeht
- 0 Kommentare
- Weitere
Es ist ein Thema, das gerne verdrängt wird: die eigene Bestattung. Doch eins ist sicher. Sie kommt. Wer sich nicht selbst darum gekümmert hat oder Angehörige besitzt, die tätig werden, erhält eine sogenannte ordnungsbehördliche Bestattung. Dann muss die Gemeinde entscheiden, wie und in welchem Rahmen die Beerdigung stattfindet.
Bernau – So viel vorweg: Auch wenn sich die Gemeinde redlichst bemüht, diese Form der Bestattung würdevoll zu gestalten – sie dürfte selten der Wunschvorstellung entsprechen, die man von seinem letzten Gang hat. Für die betroffenen Mitarbeiter sind ordnungsbehördliche Bestattungen eine oft schwierige Arbeit.
Für die Gemeinden bedeuten sie zudem einen hohen Kostenaufwand. Wir haben Bernaus Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber und Christina Gasteiger, die in Bernau fürs Standesamt und die Friedhofsverwaltung zuständig ist, zum Interview getroffen.
Weshalb ist das Thema „ordnungsbehördliche Bestattungen“ für Bernau besonders relevant?
Irene Biebl-Daiber: Die Gemeinde Bernau ist durch die Justizvollzugsanstalt und das Hospiz besonders betroffen. Dort sterben immer wieder auch Personen, die keine Angehörigen mehr haben oder deren Angehörige nicht auffindbar sind, zum Beispiel Flüchtlinge.
Wie oft kommt so etwas vor?
Christina Gasteiger: Letztes Jahr hatten wir insgesamt fünf Fälle. Heuer sind es bereits vier Fälle.
Wie läuft Ihre Arbeit in so einem Fall ab?
Gasteiger : Das geht schon in Richtung Detektivarbeit. Denn zunächst versuchen wir, doch noch Angehörige zu finden. Dabei kann man sich nicht immer auf die Aussagen der später Verstorbenen verlassen.
Wie meinen Sie das?
Gasteiger : Es kommt immer wieder vor, dass Menschen sogar auf dem Sterbebett sagen, dass sie niemanden mehr hätten. Doch ich mache mich in jedem Fall an die Recherche und konnte auch in diesen Fällen schon Angehörige finden. Die waren teils regelrecht geschockt und konnten sich nicht erklären, warum es soweit kommen musste.
Trifft Sie so etwas persönlich?
Gasteiger : Für einen anderen Menschen entscheiden zu müssen, wie er beerdigt wird, ist nicht einfach und hinterlässt noch immer ein merkwürdiges Gefühl. Abgesehen davon ist die Suche nach Angehörigen und natürlich die gesamte Abwicklung sehr zeitintensiv.
Wie lange dauert die Abwicklung in der Regel?
Gasteiger: Ich kann mich gut an den Fall eines Flüchtlings erinnern, bei dem es von der Sterbefallmeldung über die – leider erfolglose – Suche nach Angehörigen bis zur Beerdigung zwölf Stunden dauerte. Da es sich um einen Moslem handelte, mussten wir zudem eine Erdbestattung durchführen.
Wer bezahlt die Kosten einer ordnungsbehördlichen Bestattung?
Biebl-Daiber: Wenn der Verstorbene sich nicht um die Beerdigung gekümmert hat und sich auch kein Verwandter bereit erklärt, die Kosten zu übernehmen, bleiben diese an der Gemeinde hängen. Wenn es der Glaube zulässt oder keine explizit anderslautenden Wünsche bekannt sind, veranlassen wir eine Feuerbestattung mit kompostierbaren Urnen. Insbesondere bei Menschen muslimischer Glaubensrichtung kommt nur eine Erdbestattung in Frage. Die ist circa doppelt so teuer und kostet inklusive aller Kosten, etwa für die Leichenschau oder den Sarg, um die 3200 Euro.
Findet eine ordnungsbehördliche Bestattung in feierlichem Rahmen statt?
Biebl-Daiber: Nein. Eine Trauerfeier oder Zeremonie wie bei einer organisierten Beerdigung gibt es nicht. Auch spezielle Flächen sind auf dem Friedhof nicht vorgesehen. Wir versuchen natürlich, eher Randbereiche auszuwählen.
Ist denn der Name des Verstorbenen irgendwo zu sehen?
Gasteiger: Auch das ist nicht der Fall. Es handelt sich um anonyme Bestattungen.
Was muss man tun, um eine ordnungsbehördliche Bestattung zu vermeiden?
Biebl-Daiber: Wer beim Bestatter im Voraus alles regelt, bekommt den würdigen Abschied, den er sich wünscht. Das kann ich nur empfehlen.