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„Man muss sehr viel zaubern“: Dr. Johannes Correll vor letztem Auslandseinsatz für die Kinder der Welt

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Von: Sylvia Hampel

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„Es ist faszinierend, wie unterschiedlich Nationalitäten mit ihren Kindern umgehen“. Dr. Johannes Correll brennt für seine kleinen Patienten. Aber mit 75 Jahren ist nun Schluss.
„Es ist faszinierend, wie unterschiedlich Nationalitäten mit ihren Kindern umgehen“. Dr. Johannes Correll brennt für seine kleinen Patienten. Aber mit 75 Jahren ist nun Schluss. © JOHN CATER

Er landete in Burkina Faso mitten im Rebellengebiet, bildete in China und Ägypten Ärzte auf dem Land fort, betreute in Südindien „unberührbare“ Kinder und war immer wieder im Jemen, operierte Kinder mit allen denkbaren Fehlbildungen. Am Donnerstag (3. Februar) fliegt Dr.Johannes Correll zu seinem letzten Auslandseinsatz.

Vogtareuth/Aschau – Am 3. Februar geht es nach Tansania. In ein Krankenhaus mitten im Busch. Dr. Johannes Correll weiß schon vor dem Abflug, dass sein OP-Plan innerhalb von Stunden proppenvoll ist. Weiß, dass er wieder nicht allen Kindern, die seine Hilfe dringend bräuchten, wird helfen können. Das muss er abschalten können, sagt Correll, bis 2007 Chef der Kinderklinik in Aschau. Nicht immer gelingt es. „Ja, das kostet mich manche Stunde Schlaf. Ich weiß, dass es im Jemennach Jahren noch Kinder gibt, die auf mich warten.“

Mit dem kleinen Umut fängt alles an

Begonnen hat alles Ende der 80er Jahre. Da landet Umut, ein kleiner türkischer Junge mit offenem Rücken, vor der Tür der Aschauer Kinderklinik. Die Operation war nicht das Problem, so Correll im Rückblick, sondern die Finanzierung. Die sichert schließlich sein Rotarierfreund Otfried Preußler aus Stephanskirchen, indem er das Hilfswerk der Aschauer Kinderklinik aus der Taufe hebt. Zwei „Spendenkinder“ pro Jahr können so finanziert werden.

Und als Correll 2007 in Rente geht, viel mit seiner Frau unternehmen will, stürzen sich international tätige Vereine und Stiftungen auf den Kinderorthopäden. Und so geht es das erste Mal in den Jemen. Zusammen mit seiner Frau, denn auch Dr. Ute Correll ist ausgebildete Ärztin. Später kommt auch Tochter Johanna, wie der Vater Kinderorthopädin, mit zu den Auslandseinsätzen.

Dr. Johannes Correll operiert, assistiert von seiner Frau Dr.Ute Correll. Das Bein des Kindes hält Dr. Gabriel Tewes, Kinderchirurg aus Hamm.
Dr. Johannes Correll operiert, assistiert von seiner Frau Dr.Ute Correll. Das Bein des Kindes hält Dr. Gabriel Tewes, Kinderchirurg aus Hamm. © privat

Die Zauberkünste des Arztes sind gefragt

Besonders erschütternd ist es im Jemen, sagt Correll. Dreimal im Jahr ist er oft dort. Und weiß doch, dass er nicht alle Kinder behandeln kann, die es nötig gehabt hätten. Und: An Sauberkeit ist in den Behandlungs- und OP-Räumen nicht zu denken, geschweige denn an ein steriles OP-Umfeld. „Es ist dort nicht unbedingt eine schöne Medizin“, sagt Correll im Rückblick. „Man muss sehr viel zaubern, denn die Voraussetzungen sind abenteuerlich.“ Erschwerend hinzu kommt das eher mürrisch-aggressive Naturell der Jemeniten, vor allem der Männer. „Die müssen alle am Krankenhauseingang erst einmal entwaffnet werden.“

Ganz im Gegensatz zu den Indern. Indien hat laut Correll hervorragende Kinderorthopäden und -chirurgen, „aber die fassen keine Menschen niedriger Kasten, geschweige denn Unberührbare an.“ Und in vielen Teilen Indiens ist die Armut genauso groß. „Aber die Inder sind freundlich, höflich, friedlich und sehr sauber.“

Frau Correll wird zur Meistergipserin

Operationen von 8 Uhr bis in den Abend, dann Sprechstunde bis in die Nacht. Nur gut, dass Ute Correll ihrem Mann assisstiert und auch das Gipsen übernimmt. „Sie hat sich im Laufe der Jahre zur wahren Meistergipserin entwickelt“, lacht Correll.

Nach Tansania fliegt Correll heute zum dritten Mal. Das von einer Frau aus Bayern errichtete Krankenhaus mitten im Busch wird übers Jahr von einer Krankenschwester geleitet „und einmal im Jahr fallen die Ärzte ein“. Mit großem Gepäck, denn alles Behandlungsmaterial muss mitgenommen werden. Für Correll ist es der letzte Einsatz.

Nachfolger von der Schön-Klinik

„Bisher ist es mir gelungen, noch kein Kind kaputt zu operieren“, sagt er. Und so soll es bleiben. Deswegen hat der jetzt 75-Jährige sich auf die Suche nach einem Nachfolger gemacht. Und ihn „hoffentlich“ in Vogtareuth gefunden. Dr.Faik Afifi von der Schön-Klinik ist erstmals mit dabei.

Dr. Johannes Correll kommt nach 15 Jahren mit ungezählten Operationen an bitterarmen Kindern zu folgender Erkenntnis: „Ich kann, obwohl ich es mir wünschen würde, mit diesen Einsätzen ganz gewiss nicht die Welt verbessern. Aber man kann einzelne Kinder und ihre Eltern glücklich machen. Und dafür lohnt es.“

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