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Chemische „tickende Zeitbomben“? Wie gefährlich alte Feuerlöscher tatsächlich sind

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Von: Sylvia Hampel

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Feuerlöscher sind heute mit Pulver oder unbedenklichem Löschschaum gefüllt.
Feuerlöscher sind heute mit Pulver oder unbedenklichem Löschschaum gefüllt. © dpa

PFAS - das ist der Name der Ewigkeitschemikalien, welche die Umweltkatastrophe in Natzing auslösten. Sie waren in vorsätzlich entsorgtem Löschschaum enthalten. Einmal freigesetzt ist den krebserregenden Stoffen kaum beizukommen, überall in der Natur reichern sie sich an. In handelsüblichen Feuerlöschern sind sie seit Jahren nicht mehr enthalten - anders stellt sich die Lage bei älteren Modellen dar. Wie groß ist die Gefahr?

Rosenheim/Eggstätt – „Sitzen wir etwa auf einer tickenden Zeitbombe?“ Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger war alarmiert, als er erfuhr, was den massiven Umweltschaden im Eggstätter Gewerbegebiet Natzing verursacht hatte: Es war Löschschaum. Ein Schaum aus Per- und polyfuorierten Alkylverbindungen (PFAS). Der nicht abbaubar sowie gesundheitsschädlich ist und der sich in der Nahrungskette anreichert. Angesichts der Millionen Feuerlöscher, die in Deutschland in Haushalten, Büros und Betrieben im Umlauf sind, war der Minister sichtlich beunruhigt.

PFT ist nicht mehr erlaubt

Die tickende Zeitbombe entschärfte Peter Swoboda, der mit seinem Fachbüro die Sanierung des Bodens und des Grundwassers in Natzing begleitet: PFAS und verwandte Stoffe, meist als „PFT“ zusammengefasst, sind in handelsüblichen Feuerlöschern seit vielen Jahren nicht mehr enthalten. Es könne allenfalls in sehr alten Löschern noch PFT enthalten sein, denn ein Feuerlöscher hat eine Lebensdauer von bis zu 20 Jahren. Möglich, aber unwahrscheinlich, sagt Kreisbrandrat Richard Schrank, oberster Feuerwehrmann im Landkreis. „Auch früher wurden keine PFT-Löscher an Haushalte verkauft. Die waren immer nur für Sonderanwendungen bestimmt.“ Zum Beispiel in galvanischen Betrieben. Heute sind Feuerlöscher üblicherweise mit unbedenklichem Löschpulver gefüllt.

„Was ist, wenn die Feuerwehr Löschschaum einsetzt?“ Aiwanger wollte es genau wissen, schließlich hatte im Eggstätter Gewerbegebiet eine Schaummenge, die laut Swoboda einigen Zuckerkrümeln in einem 50-Meter-Schwimmbecken entspricht, ausgereicht, um einen Schaden anzurichten, dessen Beseitigung Kosten von bisher fast drei Millionen Euro verursachte.

PFT-Schäume gibt es in den Feuerwehrfahrzeugen seit Jahren nicht, die sind zum Teil in der Zwischenzeit auch verboten, so Schrank. Der Löschschaum, der heutzutage von den Feuerwehren mitgeführt wird, ist laut Schrank ökologisch und gesundheitlich unbedenklich und nach vier bis fünf Wochen rückstandslos abgebaut.

PFT-Schäume werden, so der Kreisbrandrat, nur in sehr seltenen Fällen gebraucht. Wenn zum Beispiel ein Gefahrguttransporter mit Mineralöl verunglückt. „Aber dann läuft der Einsatz ja ohnehin nach ganz eignen Spielregeln und mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen“, so Schrank. Und dann werde selbstverständlich auch das Löschwasser zurückgehalten, gelange nicht in den Wasserkreislauf.

Bescheinigung über Entsorgung anfordern

Das PFAS war im Gewerbegebiet in Natzing vorsätzlich entsorgt worden. Von einem Unternehmer, der Experte in Sachen Brandschutz, Feuerlöscherwartung und Löschmittelentsorgung ist. Wie und wo er Löschmittel entsorgt, muss ein solcher Fachmann bei keiner Behörde nachweisen. Warum nicht, das weiß Richard Schrank auch nicht.

Experte Schrank rät allen Firmen, die entsprechende Löscher und Schäume zu entsorgen haben – und Privatleuten, die womöglich im Keller oder in der Scheune noch einen uralten Löscher vom Opa finden –, sich von der Firma, die sie mit der Entsorgung beauftragen, eine Bescheinigung geben zu lassen, dass das Löschmittel fachgerecht entsorgt wurde.

Wer tatsächlich beim Entrümpeln einen leicht antiquierten, womöglich angerosteten Feuerlöscher findet und sich nicht sicher ist, was tun: Bei der Freiwilligen Feuerwehr im Ort um Rat fragen.

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