1. chiemgau24-de
  2. Chiemgau
  3. Region Chiemsee
  4. Eggstätt

Erneut Warnstreiks in Eggstätt: Warum Verdi den Druck auf Fesco erhöht

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Michael Weiser

Kommentare

Protest in Eggstätt: Verdi will mit Warnstreiks den Druck auf Fesco erhöhen.
Empörung in Eggstätt: Verdi will mit Warnstreiks den Druck auf Fresco erhöhen. © AMMELBURGER

Bei Fesco in Eggstätt setzen sich die Warnstreiks fort. Warum Verdi den Druck auf den Logistiker erhöht. Und warum dessen Mutterkonzern Fossil vielleicht doch nichts ändern kann.

Eggstätt - Teure Uhren und Accessoires auf der Ladefläche, Hungerlohn im eigenen Geldbeutel? Wie mager sich das Leben bei Mindestlohn und Inflation in einer Hochpreis-Region wie Rosenheim anfühlt, davon können offenbar viele Beschäftigten bei dem Logistikunternehmen Fesco in Eggstätt erzählen.

Am Montag (16. Januar) streikten daher von fünf Uhr morgens bis 10 Uhr vormittags viele Beschäftigte. Am Dienstag (17. Januar) wird der Warnstreik fortgesetzt. Bereits im Dezember war gestreikt worden.

„Schallende Ohrfeige“: Harte Verdi-Kritik an Fesco

Es geht ums Geld. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi spricht von „Mindestlohnniveau“ und bezeichnet die Weigerung von Fesco, beim Gehalt nachzubessern, als „schallende Ohrfeige“ für die Beschäftigten - vor allem angesichts der hohen Inflation und enormer Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie.

Fesco hat sich bislang nicht zu Verhandlungen bewegen lassen. Für Andreas Bernauer, zuständiger Gewerkschaftssekretär bei Verdi in Rosenheim, ist der Mangel an Gesprächsbereitschaft „vollkommen unverständlich“. Fesco stehe wie viele andere Speditionen und Logistikunternehmen auch infolge von Corona finanziell gut da und könne sich Lohnsteigerungen locker leisten, betonte der Gewerkschafter gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. Verdi fordert daher die Anerkennung des Flächentarifvertrags für das bayerische Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe.

Fossil hat offenbar mit Problemen zu kämpfen

Möglicherweise steht da das Kind besser da als die Mutter. Fesco ist eine Logistikfirma mit 300 Beschäftigten in Eggstätt - und eine hundertprozentige Tochter von Fossil. Die Texaner entwerfen, vermarkten und vertreiben Uhren, Mode und Accessoires im mittleren und höheren Preissegment. Der deutsche Ableger des Konzerns sitzt in Grabenstätt (Landkreis Traunstein).

Weltweit arbeiteten nach den Daten des Finanzportals Ariva.de 2021 6.900 Mitarbeiter für Fossil. 2017 waren es noch 12.300 gewesen. In diesem Zeitraum sank der Umsatz von 2,78 auf 1,87 Milliarden Dollar. Seit längerem befindet sich der Konzern in einer Umbauphase. Zuletzt habe es Probleme mit den Smartwatches und den dafür nötigen Updates gegeben, berichtet das Software-Online-Portal Giga.de.

Fossil: Sparen auf Kosten der Arbeitnehmer?

Dessen ungeachtet erhöht Verdi in Eggstätt den Druck auf Fesco. Immer mehr Arbeitgeber versuchten, auf dem Rücken der Beschäftigten Kosten zu sparen, sagt Bernauer. Er spricht spöttisch von „kreativen Arbeitsverträgen“ bei Fesco.

Vor allem das Prämiensystem sei undurchschaubar, bemängelt er. Viele Beschäftigte erhielten gerade mal 2000 Euro brutto als Grundlohn. „Dann sind vielleicht noch 200 Euro prämienabhängig drin“, rechnet Bernauer vor. „Doch wenn ich krank bin, Urlaub habe oder meine Zielvereinbarungen nicht schaffe, dann bekomme ich auch die Prämien nicht.“ Sein Verdacht: „Wer sich gutstellt mit dem Chef, wer kuscht, kommt besser davon.“ Tarifverträge schützten vor solch unfairer Ungleichbehandlung.

Verdi klagt über „Gießkannenprinzip“ in Eggstätt

Deshalb treten die Beschäftigten erneut in den Streik, um den Arbeitgeber an den Verhandlungstisch zu bewegen. Rund 40 Prozent haben sich nach den Worten Bernauers am Montag an dem Warnstreik beteiligt. Die Gespräche sollten eine gerechtere Entlohnung sicherstellen, „weg vom vorherrschenden Gießkannen-Prinzip“, sagt Verdi-Verhandlungsführer und Leiter des Fachbereichs Postdienste, Speditionen und Logistik in Bayern, David Merck.

Die Region Rosenheim sei eine Hochpreisregion. Viele Fesco-Beschäftigte könnten mit ihren Löhnen dort kaum über die Runden kommen, sagt Bernauer. „Die schauen mit dem Ofenrohr ins Gebirge.“ Dementsprechend hoch sei die Fluktuation beim Personal. Gerade in den schlechtbezahlten Bereichen sei der Wille zum Wechsel stark, „die halten sich ohnehin nur für eine Nummer“.

Einer der Großen im regionalen Logistikgewerbe ist Georg Dettendorfer von der Spedition Johann Dettendorfer. Entlohnung sei ein „ganz wichtiger Faktor“, sagt er über sein Unternehmen. „Wir zahlen über Tarif, und zwar nicht nur die Fahrer.“

Was Fossil zur Kritik der Gewerkschaften sagt

Fossil Europa hat sich zum Gehaltsgefüge geäußert. Fesco sei „ausschließlich als interner Logistikdienstleister der Fossil Gruppe“ tätig und partizipiere daher „nicht an den Marktbedingungen der großen externen Logistikdienstleister“, sagt Marcel Graf, Personalleiter. Eine Tarifstruktur, die auf anderen Marktbedingungen beruhe, und auf die Fesco keinen Einfluss habe, halte man nicht für angemessen.

Graf betonte weiter, dass die Mitarbeiter der Fossil Group „gemäß den lokalen Gesetzen und Marktbedingungen“ entlohnt werden. Man lege großen Wert auf Transparenz, auch bei der Zahlung von Boni. Entgeltbestandteile wie Prämien würden nach objektiven Kriterien geleistet, „eine willkürliche Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Mitarbeitender ist dadurch ausgeschlossen“.

Auch interessant

Kommentare