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Chiemsee - Eine heftige Gewitterwalze zog am Sonntagabend über die Region hinweg. Sogar von einem möglichen "Tornado" war die Rede. Sturmjäger Michael Hutter aber gibt nun Entwarnung:
Am Sonntagabend zogen schwere Unwetter über die Region hinweg. Besonders heftig erwischte es dabei die Gegend rund um den Chiemsee und vor allem die Marktgemeinde Prien am Chiemsee. Vollgelaufene Keller, unpassierbare Straßen und Schienen sowie umgestürzte Bäume - die Feuerwehren in der Region waren im Dauereinsatz.
So wütete das Unwetter im Chiemgau




Leserfotos: Heftige Unwetter rund um den Chiemsee




Tornado im Chiemgau? Sturmjäger Michael Hutter klärt auf
Während des Unwetters filmte ein Leser von rosenheim24.de die spektakuläre Gewitterwalze in der Nähe des Waginger Sees und sprach dabei auch von einem "Tornado". Dazu schrieb er in seinem Facebook-Post: "Was für eine brachiale Zelle. Schwere Sturmschäden nördlich vom Waginger See!" Auch die Seite "Tornadoliste Deutschland" teilte die Fotos und titelte dazu: "Tornadoverdacht am Chiemsee in Bayern am Sonntagabend (28.06.2020)".
Doch zog am Sonntagabend, 28. Juni, wirklich ein Tornado über den Chiemgau hinweg? Sturmjäger Michael Hutter gibt im Gespräch mit rosenheim24.de Entwarnung: "Bei den Geschehnissen um den Chiemsee hat es sich definitiv um keinen Tornado gehandelt, sondern um einen sehr starken Downburst". Unter sogenannten Fallböen (engl. Downburst) versteht man sehr starke Gewitterböen, die ebenso wie ein Tornado erhebliche Schäden anrichten können. Meist ist die Fallböe an kräftige Schauer oder Gewitter gebunden.
HP-Superzelle bewegte sich Richtung Chiemsee
Dieses Wetterphänomen erstreckt sich oft über eine Breite von einigen hundert Metern bis wenigen Kilometern. Fallböen sind wie auch Tornados meist mit schweren Gewittern verbunden, wobei auch bei den Fallböen die stärksten Ereignisse häufig im
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Zusammenhang mit rotierenden Gewitterzellen, den sogenannten "Superzellen", auftreten. Diese langlebigen Gewitter haben dann ein sogenanntes Rotationszentrum (Mesozyklone).
"Grundvoraussetzung zur Bildung einer solchen Superzelle ist eine energiereiche, schwülwarme Luftmasse und das Vorhandensein von Windscherung. Diese Voraussetzungen waren am Sonntagabend erfüllt, als sich um etwa 18.30 Uhr ein starkes Gewitter in Bad Feilnbach bildete und sich in Richtung Chiemsee bewegte. Spätestens um 19 Uhr handelte es sich dann um einen starken Superzellen-Typ, einer sogenannten 'HP-Superzelle' (die niederschlagsintensivste Form von Superzellen)", so der Sturmjäger aus Fischbachau gegenüber rosenheim24.de.
Downbursts können Windgeschwindigkeiten bis Orkanstärke hervorrufen - so wurde laut Michael Hutter "am Sonntagabend eine Spitzenböe von unglaublichen 130 km/h in Chieming gemessen". Auffällig war bei dem Schadensbild vor allem in Prien am Chiemsee dann, dass die Bäume in dem Gebiet nicht einheitlich in die Zugrichtung der Superzelle entwurzelt wurden. Eine Änderung der Windrichtung kann bei dem rotierenden Gewitter aber plötzlich auftreten, wenn Warmluft in die Zelle hineingezogen wird. Diesen Vorgang nennt man dann "Inflow". "So können Bäume bei Downbursts stehen bleiben, werden aber teilweise vollkommen entlaubt", so Michael Hutter.
Prien am Chiemsee von Unwetter heimgesucht




Superzelle hat selbst erfahrene Sturmjäger überrascht
Er war einer der wenigen Sturmjäger bei der Superzelle am Wochenende im Chiemgau. "Als wir am Sonntagabend bei Fridolfing standen, herrschte eine Mischung aus Überraschung und Aufregung. Zwar haben wir als Sturmjäger schwere Gewitter erwartet, eine derartige Signifikanz hat jedoch selbst erfahrene Sturmjäger überrascht", so der junge Mann aus Fischbachau gegenüber rosenheim24.de.
Die Region um den Chiemsee blieb bislang von Tornados verschont. Doch auch wenn sich der Tornadoverdacht am Wochenende nicht bestätigte, ist die Entwicklung starker Tornados auch in Bayern möglich. So verwüstete eine Windhose der Stärke F3 im Mai 2015 das Dorf Affing im Landkreis Aichach-Friedberg. 178 Gebäude wurden damals massiv beschädigt.
So wütete das Unwetter im Chiemgau




Der beste Schutzort bei einem Tornado sei laut dem Sturmjäger ein stabiles Gebäude, wo man sich währenddessen in den Kellerräumen aufhalten sollte. Lebensgefährlich könne es dagegen werden, wenn man Schutz in einem Fahrzeug, unter Bäumen oder einer Brücke suche.
jg