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Geflüchtete in Priener Turnhalle – Fehlender Sport ein „Luxusproblem“?

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Von: Tanja Weichold

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Landrat Otto Leder besichtigte mit Priens Bürgermeister Andreas Friedrich (von rechts) die Flüchtlingsunterkunft in der Sporthalle des Ludwig-Thoma-Gymnasiums. Die beiden besprechen sich gerade mit Hallenmanager Andreas Haag (links).
Landrat Otto Leder besichtigte mit Priens Bürgermeister Andreas Friedrich (von rechts) die Flüchtlingsunterkunft in der Sporthalle des Ludwig-Thoma-Gymnasiums. Die beiden besprechen sich gerade mit Hallenmanager Andreas Haag (links). © Landratsamt Rosenheim

Menschen flüchten aus der Ukraine vor dem Krieg. Der Landkreis Rosenheim bietet ihnen in drei Turnhallen eine erste Unterkunft. Im TuS Prien sorgt das für gewisse Aufruhr.

Prien – Der Ukrainekrieg verlangt auch vor Ort Zugeständnisse. Im Falle von Prien wird die Turnhalle des Ludwig-Thoma-Gymnasiums (LTG) auf unabsehbare Zeit als Erstunterkunft für Geflohene genutzt. Christian Fellner, Vorsitzender des Turn- und Sportvereins (TuS) fordert nun von der Politik ein langfristiges Konzept. Deutliche Worte findet Priens Bürgermeister Andreas Friedrich (ÜWG) zu diesem Vorstoß. Er spricht gegenüber den OVB-Heimatzeitungen von einem „Luxusproblem.“

Christian Fellner schickt im Gespräch mit unserer Zeitung voraus: „Wir brauchen nicht zu diskutieren, dass geholfen werden muss.“ Das „Aber“ kommt fast im gleichen Atemzug: „Langfristig muss sich die Politik etwas einfallen lassen.“

Flüchtlingskrise, Corona und Krieg

Fellner verweist auf die zurückliegenden Jahre. Schon 2015/16 sei die Turnhalle in der damaligen Flüchtlingswelle dem Verein nicht zur Verfügung gestanden. Dann kam Corona und der Sport musste lange Phasen ruhen. Als nun wieder Normalität einzukehren schien, begann der Ukrainekrieg. Der Landkreis Rosenheim belegt drei seiner Turnhallen und nimmt dort geflohene Menschen auf, darunter Prien.

„Gerade für die Kinder ist das erneute Ausfallen der Turnhalle schlimm“, urteilt Fellner, der die Wichtigkeit von Sport gerade für die Jungen betont. Der TuS Prien habe Glück, fährt er fort. Man habe rasch Ersatz in anderen Turnhallen gefunden, zum Beispiel beim TSV Rimsting und in der Waldorfschule Prien. Die Handballer, die sich mitten in der Wettkampfsaison befinden, und die Badmintonspieler müssen dank Ersatz nicht auf ihr Training in der Halle verzichten. Lediglich die Trampolinspringer stehen laut Fellner ohne Alternative da.

Der TuS-Vorsitzende bezeichnet die Unterbringung von Flüchtlingen in einer Turnhalle als „nicht menschenwürdig“. Er hoffe, dass die Halle ab Herbst wieder frei ist und verweist auf den Landkreis Traunstein, der bislang keine seiner Turnhallen belegt, sondern die Flüchtlinge aus der Ukraine anderweitig unterbringen konnte. Wobei Wohnraum „in unserer Gegend“ rar und wohl auch „irgendwann erschöpft“ sei.

„In der Ukraine tobt ein Krieg, die Menschen die nun zu uns kommen haben in ihrer Heimat alles verloren. Manche von ihnen mussten mit ansehen, wie Angehörige getötet wurden“, sagt dazu Bürgermeister Friedrich. Sport sei wichtig, Bewegung trage zur Gesundheit bei. Auch sei ihm klar, dass der TuS-Vorsitzende unter dem Druck seiner Mitglieder stehe. Dennoch hat er wenig Verständnis für die Aussagen, denn „angesichts des menschlichen Leids der Menschen, die ja jetzt nicht freiwillig zu uns gekommen sind und in der Turnhalle untergebracht sind, ist das ein Luxusproblem.“ Auch lasse sich heute noch nicht abschätzen, wie sich die Situation entwickle, wie lange „dieser schreckliche Krieg“ noch dauern wird und wie viele Menschen noch aus ihrer Heimat vertrieben werden.

Abitur im König-Ludwig-Saal

Andreas Schaller, Schulleiter des LTG, sagt, dass an seiner Schule gleich nach Kriegsausbruch reagiert worden sei. Die Abiturprüfungen finden im König-Ludwig-Saal statt. Und der Sportunterricht der Abiklassen sei in die Franziska-Hager-Turnhalle verlegt worden. „Für uns war die wichtigste Sache, dass wir Ersatz für die Oberstufe finden“, erklärt Schaller. Ansonsten müsse die Schule eben improvisieren, je nach Wetter drinnen in der Aula oder draußen am Hart- oder Beachvolleyballplatz.

Schaller bringt ein ganz anderes Problem zur Sprache, das ihm hörbar im Magen liegt: „Unsere Turnhalle müsste längst abgerissen und neu gebaut werden.“ Die Halle samt Inventar sei „in jeglicher Hinsicht vollkommen veraltet“. Das Dach sei undicht, Dämmung und Akustik absolut unzureichend. „So eine alte Turnhalle hat keine andere Landkreisschule“, kritisiert Schaller. Eine Anfrage bei Michael Fischer, Sprecher des Landratsamts, ergab, dass Geld für die Planung der Sanierung ab dem Jahr 2025 eingeplant ist. Zur Belegung der LTG-Turnhalle erklärt Fischer, dass der Landkreis Rosenheim bemüht sei, Sporthallen nicht über den notwendigen Bedarf hinaus zu belegen: „Da völlig unklar ist, wie lange der Krieg in der Ukraine andauern wird, wie viele Menschen zur Flucht gezwungen werden und ab wann sie wieder nach Hause zurückkehren können, lässt sich derzeit nicht verlässlich sagen, wie lange die Sporthalle des LTG benötigt wird.“

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