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Paraglider baumelte stundenlang über dem Abgrund - Rentner, Säuglinge und Hunde in Not

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Von: Felix Graf, Martin Weidner

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Gleitschirmflieger verheddert sich in den Seilen der Hochfelln-Bahn
Gleitschirmflieger verheddert sich in den Seilen der Hochfelln-Bahn © FDL/Lamminger

Bergen/Chiemgau – Dramatische Szenen haben sich am Donnerstagnachmittag (4. Mai) und in der Nacht auf Freitag (5. Mai) am Hochfelln bei Bergen im Chiemgau (Landkreis Traunstein) abgespielt. Erst gegen 2 Uhr am Freitagmorgen konnte Entwarnung vermeldet werden.

Pressebericht der Bergwacht

Mitteilung im Wortlaut

Große Rettungs- und Evakuierungsaktion der Bergwacht Bergen: Ein Gleitschirmflieger hatte sich am Donnerstagnachmittag bei einem Flugmanöver in den Seilen der Hochfelln-Seilbahn verfangen. Der Schirm hatte sich um die Tragseile gewickelt und den Mann vor dem Absturz bewahrt. Der 26-Jährige aus dem Landkreis Altötting blieb bei dem Manöver unverletzt, konnte sich aber selbst nicht mehr aus seiner Lage befreien und hing rund 80 Meter über dem Boden im Drahtseil. 

70 Personen plötzlich in Not

Die Bahn musste bei dem Vorfall abrupt stoppen. Beide Kabinen der Seilbahn kamen auf freier Strecke zwischen Mittel- und Bergstation zum Stehen. Die Rettungsgondel konnte wegen des Gleitschirms in den Seilen nicht eingesetzt werden. In den beiden Kabinen der Pendelbahn waren zu diesem Zeitpunkt rund 20 Personen. Am Hochfelln-Gipfel befanden sich noch weitere 50 Personen - darunter Säuglinge, ältere Menschen, eine schwangere Frau sowie zwei Hunde. 

Zwei parallel laufende Einsätze

Die Bergwacht Bergen alarmierte ein großes Aufgebot an Rettungskräften aus den umliegenden Bergwacht Bereitschaften. In den nächsten Stunden koordinierte die Einsatzleitung zwei parallel laufende Einsätze: Die Rettung des Gleitschirmfliegers einerseits, andererseits die Evakuierung der Hochfelln-Seilbahn. 

Parallel arbeitende Gruppen von der Bergwacht kletterten entlang der Seile zu den Kabinen. Dort betreuten sie die Fahrgäste, legten ihnen Rettungsgurte an und ließen sie mithilfe spezieller Bergrettungs-Sets gesichert zu Boden. Die untere Gondel schwebte rund 20 Meter über dem Boden, die obere ca. 30 Meter. Mit mehreren Hubschraubern von der Landes- und Bundespolizei sowie von der SAR-Staffel der Bundeswehr wurden so mehr als 60 Personen evakuiert. 

Dunkelheit bricht ein

Da eine Rettung des Gleitschirmfliegers aus der Luft nicht möglich war, mussten die Retter von der Bergwacht am Tragseil zu dem Gleitschirmflieger abfahren. Dabei mussten sie in aufwändiger Sicherungsarbeit eine Strecke von mehreren hundert Metern bewältigen und unterwegs Stützen und Seilreiter überklettern.  Mittlerweile war es dunkel.  

Wegen der langen Fahrstrecke musste zusätzlich zum standardisierten Rettungsequipment der Bergwacht ein spezielles Seilfahrgerät für Bergungsaktionen an Drahtseilen organisiert werden. Damit konnten die Retter den Gleitschirmflieger schließlich gegen 1.45 Uhr zu Boden ablassen und ins Tal bringen. Anschließend kam der Mann zur routinemäßigen Abklärung in ein Klinikum. 

Insgesamt waren neun Bergwacht-Bereitschaften mit rund 70 Einsatzkräften im Einsatz, außerdem mehrere Dutzend Helferinnen und Helfer von Polizei und Landratsamt, Freiwilliger Feuerwehr, Malteser Hilfsdienst sowie vom Landrettungsdienst. Insgesamt waren auch vier Hubschrauber im Einsatz. 

Der letzte Vorfall mit einem Gleitschirmflieger an einer Seilbahn in Bayern war die Rettungsaktion an der Tegelbergbahn im August 2011. 

Update, 11 Uhr - Paraglider stammt aus Landkreis Altötting

Nun liegen einige weitere Details zu den dramatischen Stunden am Donnerstagnachmittag und in der Nacht auf Freitag vor. Laut Bergwacht und dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) zufolge handelt es sich bei dem betroffenen Paraglider um einen 26-jährigen Mann aus dem Landkreis Altötting. Der Mann hatte sich bei seinem Flugmanöver in den Drahtseilen der Seilbahn verfangen. Der Schirm wickelte sich nach Bergwacht-Angaben dabei um die Tragseile und verhinderte so einen Absturz. Dieser hätte vermutlich den sicheren Tod des Mannes bedeutet, denn der Schirm verfing sich nach Bergwacht-Angaben in einer Höhe von rund 80 Metern. Zunächst war sogar von rund 100 Metern die Rede gewesen.

Die Rettung, auch der rund 20 Passagiere in den beiden Kabinen der Pendelbahn, war aufwändig und schwierig. Während die Seilbahn-Gäste um kurz nach 21 Uhr befreit waren, hing der Altöttinger tief nachts an den Drahtseilen. Am Hochfelln-Gipfel befanden sich noch weitere 50 Personen - darunter Säuglinge, ältere Menschen, eine schwangere Frau sowie zwei Hunde.

Da eine Rettung des Gleitschirmfliegers aus der Luft nicht möglich war und auch der Einsatz der Rettungsgondel nicht möglich war, mussten die Retter von der Bergwacht am Tragseil zu dem Gleitschirmflieger abfahren. Dabei mussten sie in aufwändiger Sicherungsarbeit eine Strecke von mehreren hundert Metern bewältigen und unterwegs Stützen und Seilreiter überklettern. „Wegen der langen Fahrstrecke musste zusätzlich zum standardisierten Rettungsequipment der Bergwacht ein spezielles Seilfahrgerät für Bergungsaktionen an Drahtseilen organisiert werden. Damit konnten die Retter den Gleitschirmflieger schließlich gegen 1.45 Uhr zu Boden ablassen und ins Tal bringen“, hieß es in einer Pressemitteilung des BRK.

Update, Freitag, 5. Mai, 6.10 Uhr - Paraglider endlich befreit

Erst zu diesem Zeitpunkt konnte der verunglückte Paraglider aus seiner misslichen und äußerst gefährlichen Lage befreit werden. Dies bestätigte eine Sprecherin der Polizeiinspektion Traunstein am frühen Freitagmorgen auf Anfrage von chiemgau24.de. Der Mann, zu dem derzeit noch keine näheren Informationen vorliegen, war am Donnerstagnachmittag aus noch ungeklärter Ursache zwischen Mittelstation und Gipfel der Hochfelln-Seilnbahn in deren Seile geflogen und baumelte anschließend dort in hilfloser-Lage – rund 100 Meter über dem Abgrund!

Nachdem der Vorfall bemerkt worden war, wurde die Bahn sofort gestoppt. Es lief ein Großeinsatz unter Leitung der Bergwacht an. So mussten auch zahlreiche Gäste aus der Seilbahn evakuiert werden. Die Rettung des Paragliders gelang jedoch erst gegen 2 Uhr morgens. Er wurde im Anschluss zu einer „routinemäßigen Untersuchung“ in ein Krankenhaus eingeliefert. Es gehe ihm „den Umständen entsprechend gut“, wie die Sprecherin weiter schilderte. Die Bergwacht will im Laufe des Tages zu dem Fall eine Pressemitteilung herausgeben.

Die Erstmeldung:

Paraglider verheddert sich 4. Mai in den Seilen der Hochfelln-Bahn.
Paraglider verheddert sich am 4. Mai in den Seilen der Hochfelln-Bahn. © FDL/Lamminger

Nach Informationen von vor Ort war ein Gleitschirmflieger aus noch ungeklärten Gründen zwischen der Mittelstation und dem Gipfel gegen 14.50 Uhr in zwei Seile der Seilbahn geraten und mit seinem Schirm in den Seilen gut 100 Meter über dem Boden hängen geblieben. Als ein Seilbahnfahrer dies bemerkte, wurde die Bahn sofort gestoppt. Die Hochfellnbahn bringt Fahrgäste von der Mittelstation auf den Gipfel des 1674 Meter hohen Berges.

Einsatzkräfte eilen zu Hilfe

Umgehend wurden mehrere Bergwachten aus dem Raum zwischen Rosenheim und Berchtesgaden sowie Feuerwehren zum Ort des Geschehens gerufen, um den hilflos in der Höhe baumelnden Mann zu retten. Auch die Malteser und das Bayerische Rote Kreuz (BRK) wurden hinzugezogen. Vier Hubschrauber waren ebenfalls vor Ort, um die Menschen, die noch an der Spitze des Berges ausharrten, vom Gipfel zu bringen. Wie die Polizei Traunstein auf Anfrage von chiemgau24.de mitteilte, seien auch die Fahrgäste, die sich zu dem Zeitpunkt des Unfalls in den Gondeln der Seilbahn befanden, mithilfe eines SAR (Search and Rescue)-Hubschraubers aus ihrer Lage befreit werden.

Insgesamt wurden mit den Hubschraubern rund 70 Personen vom Gipfel des Hochfellns runter zur Talstation geflogen, wo sich die meisten Einsatzkräfte aufhielten und sie in Empfang nahmen. Die betroffenen Personen sollen sich ruhig verhalten und damit zu einem reibungslosen Ablauf beigetragen haben.

Verunglückter hängt noch immer in Seilen der Bahn

Nach weiteren Angaben der Polizei Traunstein gegenüber chiemgau24.de hängt der verunglückte Gleitschirmflieger aktuell (Stand 23.06 Uhr) noch immer in den Seilen der Seilbahn fest. Die Bergwacht versuche, sich an den Seilen der Hochfellnbahn zu dem Gleitschirmflieger abzuseilen. Dem Verunfallten gehe es den Umständen entsprechend gut. Bei Einbruch der Dunkelheit waren die Rettungskräfte noch weit entfernt vom Gleitschirmflieger. Die Rettung gestalte sich als schwierig und würde noch mindestens drei bis vier Stunden andauern, so die Traunsteiner Polizei weiter.

Der Hochfelln ist der Hausberg des Luftkurortes Bergen im Chiemgau und damit beliebtes Ausflugsziel für Touristen und die Menschen im Chiemgau. Die Hochfellnbahn bringt Gäste, die den Aufstieg nicht zu Fuß bewältigen wollen, in zwei Etappen zum Gipfel. Nach einem kurzen Umstieg an der Mittelstation geht es weiter in Richtung Gipfel zum Hochfellnhaus.

Hochfelln beliebt bei Gleitschirmfliegern

Auch bei Gleitschirmfliegern erfreut sich der Berg großer Beliebtheit. So ist der Berg als Startpunkt für besonders weite Streckenflügen bekannt. Wie die „Bergener Hochfelln-Seilbahnen“ auf ihrer Website mitteilen, gibt es vier Startpunkte für Paraglider und Drachenflieger am Berg: Den Oststartplatz/Skiabfahrt, Südstartplatz/Am Hochfellnkirchlein, den Nordstartplatz und den Weststartplatz. Ob der Verunglückte von einem dieser Startpunkte seinen Flug begann, bevor es zu dem Unfall kam, ist nicht bekannt.

fgr/FDL/Lamminger

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