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Mit Punk gegen Putins Ukraine-Invasion – Russische Band „Pussy Riot“ kommt in den Chiemgau

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Von: Axel Effner

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Provokation im Herzen Russlands: Mitglieder der Punk-Band vor der Basilius-Kathedrale am Roten Platz in Moskau.
Provokation im Herzen Russlands: Mitglieder der Punk-Band vor der Basilius-Kathedrale am Roten Platz in Moskau. © re

Sie hat Straflager und Hausarrest ertragen, konnte schließlich in abenteuerlicher Weise aus ihrer Heimat Russland fliehen. Am Mittwoch, 31. August, ist Marija Aljochina mit ihrer Punk-Formation „Pussy Riot“ in Bergen zu Gast. Wer den Coup eingefädelt hat und wie die Reaktionen in der Kommune ausfallen.

Bergen – Es ist ein echter Coup, der den Veranstaltern von „hire parcs Ateliers“ mit Robert Lorenz da gelungen ist: Auf ihrer europaweiten Protest-Tour gegen Putins Regime in Russland und dessen Feldzug gegen die Ukraine wird die russische Punkformation „Pussy Riot“ am Mittwoch, 31. August, auch im Festsaal in Bergen auftreten.

Das Aktivistinnen-Kollektiv um Frontfrau Marija Aljochina gehört zu den prominentesten Kritikern des Kremlchefs. Mit einem von Sicherheitskräften gestoppten „Punk-Gebet“ gegen Putins Unrechtsregime und das Abtreibungsverbot in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale („Heilige Mutter Gottes erlöse Russland von Putin“) erlangte die Band im Februar 2012 erstmals weltweite Aufmerksamkeit. Deren Mitglieder wanderten dafür allerdings ins Gefängnis.

Straflager und Hausarrest

Nach Straflager, Hungerstreik und Hausarrest haben sich die lautstärksten Kritikerinnen des Kremlherrschers jetzt zu einer Protesttour gegen Putin und den Ukrainekrieg zurückgemeldet. Unter den ersten 19 Konzerten gab es vielbeachtete Auftritte, unter anderem in der Hamburger Elbphilharmonie und in den Münchner Kammerspielen.

Mit einer wilden Mischung aus Musik, Theater, Video, Performance und politischen Statements malen die Musikerinnen ein intensives Bild der gegenwärtigen Situation in Russland. Sie verleihen den über 400 weggesperrten Regimekritikern eine Stimme und fordern das Publikum auf: „Bitte kämpft für eure Freiheit“.

Kommen mit ihrer Show, einer wilden Mischung aus Musik, Theater, Video, Performance und politischen Statements, Ende August nach Bergen: die russische Punk-Formation „Pussy Riot“.
Kommen mit ihrer Show, einer wilden Mischung aus Musik, Theater, Video, Performance und politischen Statements, Ende August nach Bergen: die russische Punk-Formation „Pussy Riot“. © re

„Diese jungen Musikerinnen haben ihr Leben riskiert, um gegen Unfreiheit und Unterdrückung aufzustehen“, erklärt Robert Lorenz. „Von daher sind ihre mutigen Konzerte auch ein Statement, selbst Stellung zu beziehen.“ Der 63-jährige Tonmeister aus Bergen ist stolz, die Band in seinen Heimatort geholt zu haben. Durch langjährige, vertrauensvolle Kontakte zum Manager Uli Balß von Jaro-Media aus Bremen sei bereits letztes Jahr der Gedanke zu einem Konzertauftritt in Bergen konkret geworden.

Als Technikfirma des Bergener Festivals „Grimmig & Grantig“, das am 2. Juli in die nächste Runde startet, habe es allerdings schon länger Ideen gegeben, die provokanten Punk-Musikerinnen und Feministinnen in den Chiemgau zu holen. Nach ersten Vorgesprächen wurde vor Kurzem über Bergens dritte Bürgermeisterin Katharina Hallweger (Grüne Liste Bergen) in der jüngsten Gemeinderatssitzung geklärt, dass es keine grundsätzlichen Einwände gegen einen Auftritt der „Pussy Riots“ in Bergen gebe. Hallweger war auch in die Organisation eingebunden.

„Ein echter Hammer“

„Dass diese Band ausgerechnet auch in Bergen spielt, ist schon ein echter Hammer und eine extrem coole Geschichte“, ergänzt Tourismuschef Wolfgang Helldobler. Die Chiemgau-Gemeinde stehe damit in einer Reihe mit Wien, Lissabon und Las Vegas. „Durch die Maxhütte und ihre überregionale Bedeutung hat Bergen immer schon anders getickt, kannte Migration und beweist auch jetzt kosmopolitische Haltung“, betont Veranstalter Robert Lorenz.

„Wir leben Gottseidank in einem Land, in dem man seine Meinung frei ausdrücken kann. Von daher finde ich den Auftritt der Pussy Riots im Bergener Festsaal als Plattform für politische Meinungsäußerung in jedem Fall unterstützenswert“, sagt Zweiter Bürgermeister Sepp Gehmacher (CSU). Er vertritt urlaubsbedingt Bergens Rathauschef Stefan Schneider. „Egal, wie man jetzt zu Punk als Musikrichtung steht.“

„Wir solidarisieren uns mit den ,Pussy Riots‘ im gemeinsamen Protest gegen die russische Invasion in der Ukraine“, ergänzt Jens Steinigen, der mit Familie beim Telefonat gerade im Urlaub in Kroatien weilt. Der Biathlon-Olympiasieger von 1992 und Anwalt aus Traunstein hat erst im März als Initiator den gemeinnützigen Verein „Athlets for Ukraine“ gegründet. Dessen Ziel ist es, weltweit Athleten zu vereinen, um gemeinsam ein Zeichen gegen Krieg und für Frieden zu setzen.

Solidarisiert sich mit den Forderungen der Band: „Athletes for Ukraine“-Gründer Jens Steinigen.
Solidarisiert sich mit den Forderungen der Band: „Athletes for Ukraine“-Gründer Jens Steinigen. © Axel Effner

„Das ukrainische Volk verteidigt auch unsere Werte und Freiheit mit seinem Leben“, sagt Steinigen. Rund 250 Mitglieder zählt der Unterstützungsverein bereits, darunter beispielsweise der ehemalige Weltklasse-Langläufer Tobias Angerer und Rodel-Olympiasieger Felix Loch.

Flucht aus der Heimat

Dass die geplante Europa- und Welttournee der „Pussy Riots“ nicht selbstverständlich ist, beweist die abenteuerliche Flucht von Frontfrau Marija Aljochina aus dem Hausarrest in Russland. Als Essenslieferantin getarnt, gelangte sie über Belarus und Litauen nach Westeuropa, um auf der Bühne ihre Stimme erheben zu können. Damit unterstreichen die mutigen Aktivistinnen einmal mehr die Notwendigkeit ihres zornigen Protests. Die Einnahmen ihrer Konzerte sollen minderjährigen Kriegsflüchtlingen zugutekommen.

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