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Opfer aus Obing (55) vor Gericht zur Tat: „Wenn ich überleben will, muss ich ruhig bleiben“

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Von: Xaver Eichstädter

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Berittene Polizei in Obing
Berittene Polizei auf Patrouille Anfang April 2022 in Obing. Rechts die Wiese am Moosmühlbach, in deren Nähe der 32-Jährige die Frau vergewaltigt haben soll. © ca/xe/Bildcollage Red.

Traunstein/Obing – Sieben Tage lang konnte der mutmaßliche Vergewaltiger nicht gefasst werden - es herrschte Verunsicherung in Obing. Ab dem Mittwoch (11. Januar) steht ein 32-Jähriger vor Gericht: rund eine Stunde lang soll er sich Anfang April 2022 an einer Frau vergangen haben.

Das Wichtigste in Kürze:

Update, 17.01 Uhr - Opfer aus Obing (55) vor Gericht zur Tat

„Ich habe noch alles in Erinnerung”, sagt die Frau dem Gericht vorneweg, die in der Nacht auf 2. April 2022 in Obing vergewaltigt wurde. 55 Jahre alt ist sie heute, in psychologischer Behandlung und noch immer geplagt von Schlafproblemen und Alpträumen. „Man fühlt sich richtig grausig.” Vor allem: Auch wenn ihre ehemalige Arbeitsstätte nur einen Katzensprung, wie sie sagt, entfernt ist: „Ich schaffe nicht mal alleine den Arbeitsweg.” Schon ihr Lebensgefährte berichtete zuvor, dass die Frau sich nicht mehr alleine vor die Tür traue.

Dann beschreibt sie dem Gericht die Tat: „Ich habe nur ein Knacksen gehört, dann ist es von hinten über mich hereingebrochen, mit gewaltiger Kraft.” Die Obingerin schrie um Hilfe, doch niemand hörte sie. „Ich hatte im ersten Moment ja keine Ahnung, was da passiert, hatte tausend Dinge im Kopf” - und dann wurde ihr bewusst: „Ich habe keine Chance. Und wenn ich überleben will, muss ich ruhig bleiben”, schildert sie es Richterin Christina Braune.

Die 55-Jährige berichtet dem Landgericht von der brutalen Vergewaltigung – und dass sich der Angeklagte währenddessen wohl immer wieder die Kapuze ins Gesicht zog. Sinngemäß sagte er zu ihr: „Zehn Minuten Sex, dann kannst Du heimgehen.” Laut Staatsanwaltschaft dauerte das Martyrium aber eine knappe Stunde. Die Bitten der Frau, sie einfach gehen zu lassen, blieben unerhört. „No Police, sonst Familie tot”, habe er noch gedroht.

Dann wendet sich Verteidiger Harald Baumgärtl zu der Frau: „Ich soll Ihnen von meinem Mandanten ausrichten, dass es ihm leid tut” - die knappe Antwort der Obingerin: „Das kann er sich sparen.” Beide kannten sich nicht, die Frau war wohl ein Zufallsopfer. Der Angeklagte gestand die Tat zwar ein, äußert sich aber nicht selbst und will auch keine Fragen beantworten. Am 23. Januar wird der Prozess am Traunsteiner Landgericht fortgesetzt. 

Update, 14.38 Uhr - Tatort ums Eck - Lebensgefährte hörte Obingerin noch schreien

Jetzt berichtet der Lebensgefährte der Obingerin, wie er diese Horror-Nacht erlebte. Besonders tragisch: Er hörte sie noch schreien, denn das Paar wohnt gerade mal rund 100 Meter vom Tatort weg. „Ich hab auf meine Lebensgefährtin daheim gewartet und hab dann drei kurze Schreie gehört”, berichtet der Mann.

Gleich habe er an sie denken müssen und sei in Schlafanzug und Hausschuhen hinaus, „zum Selbstschutz mit einem Messer in der Hand”. Immer wieder habe der Lebensgefährte ihren Namen gerufen und sie gesucht – ohne Erfolg. Nur ein ungewöhnliches Licht im Bach fiel ihm auf. Später sollte sich herausstellen, dass das die Handy-Taschenlampe der Obingerin war.

Einige Zeit später kam die Frau dann heim: „Völlig aufgelöst und verstört, dreckig und mit Blut im Gesicht”, so der Zeuge. „Ich bin vergewaltigt worden”, habe sie ihm sofort geantwortet. Nach Verständigung der Polizei ging es ins Krankenhaus nach Traunstein und schon tags darauf mit der Kriminalpolizei wieder nach Obing an den Tatort.

„Eigentlich ist nichts mehr, wie es vorher war”, so der sichtlich mitgenommene Lebensgefährte der Frau. Das Umfeld sei intakt und kümmere sich gut, trotzdem „verändert das ein Leben. Mehrere Leben.” Die heute 55-Jährige könne keinen Schritt mehr ohne Begleitung aus dem Haus gehen. Besonders schlimm sei, dass der Tatort so nah am Wohnhaus liege. „Ich bin so froh, dass sie lebend heimgekommen ist.”

Auch die Geschädigte selbst wird noch heute vom Landgericht gehört. 

Update, 12.17 Uhr - Obinger Vergewaltiger lauerte wohl schon nächstem Pärchen auf

Das Wichtigste zuerst: Nach langen Gesprächen mit dem Verteidiger ist der Angeklagte nun doch geständig. „Er räumt alles unumwunden ein, ohne Wenn und Aber”, so Anwalt Baumgärtl. Der 32-Jährige habe an dem Abend viel getrunken und auch Drogen genommen. Weitere Fragen will der Angeklagte dennoch nicht beantworten.

Nun der erste Zeuge – ein Zivilpolizist, der den Rumänen eine Woche nach der Tat, am Abend des 9. April, festnehmen konnte. Die Vorsitzende Richterin Braune spricht von einer „filmreifen Festnahme”, von der der Beamte jetzt berichtet. In Zivil sei man in Obing unterwegs gewesen, dann habe man den Angeklagten gesehen, wie er ein angeheitertes Pärchen verfolgte, etwa im Abstand von 50 Metern.

„Er hat sich dabei immer wieder hinter Autos versteckt, hatte aber bis zum Schluss einen fokussierten Blick auf das Pärchen”, berichtet der Polizist. „Es war auffällig, als hätte er etwas vor.” Man habe den Mann dann weiter verfolgt und in der Nähe des Edekas in der Poststraße angesprochen und festgenommen. „Mir ist es zu heiß geworden, dass vielleicht gleich was passiert oder er verschwindet”, so der Zivilbeamte.

Richterin Braune mutmaßt in Richtung des Angeklagten: „Sie waren auf der Pirsch nach dem nächsten Opfer. Ich gehe davon aus, dass die Zivilpolizei das nächste Verbrechen verhindert hat.” Bei der Festnahme habe sich der 32-Jährige dann recht ruhig verhalten und kaum geredet. Auf die Vergewaltigungsvorwürfe reagierte er nicht besonders erstaunt, berichtet der Polizist. 

Update, 11.21 Uhr - Angeklagter blockt ab

Jetzt wäre der Angeklagte am Zug – doch er blockt ab: „Mein Mandant will sich nicht äußern. Weder zu seiner Person, noch zur Sache”, so Verteidiger Harald Baumgärtl.

Richterin Braune kennt die Akten und kann daher nur mit dem Kopf schütteln: „Das erstaunt mich jetzt in höchstem Maße!” Denn die Beweislage belaste den 32-jährigen Rumänen „massiv” - „nach Aktenlage können Sie nicht mit einem Freispruch rechnen”, stellt die Richterin klar. Ein Geständnis könnte dem Angeklagten dagegen eine leicht mildere Strafe bringen. Und: Sagt der Angeklagte nichts, muss die Befragung des Opfers umso länger und detaillierter ausfallen.

„Sie sollten darüber nochmal nachdenken”, schaut Richterin Braune in Richtung der Anklagebank. Verteidiger Baumgärtl beantragt eine Pause.

Update, 10.01 Uhr - Verlesung der Anklageschrift offenbart grausame Details

Das Traunsteiner Landgericht unter Vorsitz von Christina Braune ist startklar: Jetzt wird die Vergewaltigung in Obing am 2. April 2022 verhandelt. Der Angeklagte – in grauem Pullover, von kleinerer Statur und mit kurzgeschorenen Haaren – hat neben seinem Anwalt Harald Baumgärtl und einer Dolmetscherin Platz genommen.

Wie muss die für eine Obingerin fürchterliche Nacht im April ausgesehen haben? Mit der Verlesung der Anklageschrift zeichnet Staatsanwältin Karin Hahn nach, was dort ab etwa 0.20 Uhr passiert sein soll: Der Boden leicht mit Schnee bedeckt habe die Frau ihren Arbeitsplatz verlassen und machte sich auf den Heimweg – eigentlich nur fünf Minuten zu Fuß. Die 54-Jährige habe einen Abkürzer über den Moosmühlbach in Obing gewählt und sich den Weg mit der Handy-Taschenlampe ausgeleuchtet.

„Dann griff der Angeklagte die Geschädigte von hinten an, wobei er ihr Gesicht von hinten mit seinem Arm umfasste und zudrückte, sodass sie kurzzeitig keine Luft bekam”, so die Staatsanwaltschaft. Ein paar Mal habe die Obingerin noch laut aufschreien können, doch der 32-Jährige sei dann immer brutaler geworden. Aus Todesangst habe sich die 54 Jahre alte Frau schließlich nicht mehr gewehrt. „Anschließend zerrte er sie auf die nördlich angrenzende Wiese und stieß sie zu Boden, sodass sie schließlich vor dem Angeklagten kniete, mit dem Rücken zu ihm.”

Dann begann laut Staatsanwältin Hahn die Tortur: Mehrmals habe der 32-Jährige die Frau vergewaltigt. Fast über eine Stunde hätten sich die sexuellen Handlungen hingezogen. „Mir tut das so weh”, sagte die Frau laut Anklage immer wieder – vergebens. Ihr Gesicht sei daraufhin immer wieder nach unten in die Wiese gedrückt worden. Und nicht nur das: der Obingerin sei immer wieder gedroht worden: „Tomorrow no police, sonst Familie tot.”

Während der Vergewaltigung habe der 32-jährige Rumäne auch noch den Geldbeutel der Frau ausgeräumt und 230 Euro genommen. Als der Mann irgendwann aufhörte, warf er sie laut Staatsanwaltschaft auch noch in den angrenzenden Bach – und wieder die Drohung, ihre Familie umzubringen. Dann war der Mann fort, die Obingerin lief nach Hause.

Angeklagt ist der Mann wegen Vergewaltigung und Raub. Wie wohl seine Version der Nacht lautet?

Vorbericht

Die Tat hielt die 4300-Einwohner-Gemeinde tagelang in Atem: In der Nacht auf den 2. April wurde eine 54-Jährige in Obing brutal vergewaltigt. Am Mittwoch (11. Januar) beginnt vor dem Traunsteiner Landgericht nun der Prozess gegen einen 32 Jahre alten Rumänen - laut Staatsanwaltschaft hat er die Frau über eine knappe Stunde vergewaltigt, sie währenddessen beklaut und ihr mit dem Tod ihrer Familie gedroht. Verhandelt wird ab 9.15 Uhr.

Vergewaltigung in Obing: Prozess am Landgericht gegen 32-Jährigen

Die Frau war auf dem Heimweg von der Arbeit, hatte eigentlich nicht weit. Vor der Fußgängerbrücke über den Moosmühlbach soll der 32-Jährige sie dann von hinten gepackt und auf eine Wiese gezerrt haben. Während er sich an der Frau verging, habe er immer wieder ihr Gesicht zu Boden gedrückt, so dass die Obingerin keine Luft mehr bekam, so die Staatsanwaltschaft. Angeklagt ist der Mann wegen Vergewaltigung und Raub. Weitere Prozesstage sind für 23. und 25. Januar vorgesehen, am 27. Januar könnte das Urteil fallen.

Seit der Festnahme am 9. April 2022 sitzt der Angeklagte in Untersuchungshaft. Zuvor herrschte Verunsicherung in Obing, der Täter war sieben Tage lang auf freiem Fuß. Die Polizei bemühte sich, auch mit berittenen Sicherheitskräften Präsenz zu zeigen. Von „großer Verunsicherung“ und einer „bedrückten“ Stimmung berichtete uns seinerzeit Obings Bürgermeister Josef Huber. Auch für die Polizei ein „sehr extremer“ Fall: eine derart brutale Vergewaltigung im öffentlichen Raum habe es „seit Jahren nicht mehr gegeben“, so Polizeisprecher Stefan Sonntag.

Nun wird die Verhandlung am Traunsteiner Landgericht zeigen, ob mit dem 32-Jährigen der Richtige auf der Anklagebank sitzt. chiemgau24.de wird aktuell vom Prozess berichten.

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