Am 26. April wird die Vorsitzende Richterin dann bekannt geben, ob die Beweisanträge zugelassen und die gewünschten Zeugen geladen werden. Falls ja, hat das Gericht bereits sieben mögliche Verhandlungstermine bis Juli im Blick.
Unter anderem will Anwältin Carolin Arnemann eine Reihe von Impflingen als Zeugen vor Gericht sehen. Denn sie hätten wohl kein Problem damit gehabt, dass Stefan H. gar kein richtiger Arzt ist. Außerdem soll der Leiter des Rosenheimer Impfzentrums als Zeuge erscheinen, denn schon sechs Wochen vor der Inhaftierung des Angeklagten habe er Hinweise zur Rolle von Stefan H. bekommen – trotzdem konnte der Angeklagte weiterimpfen.
Landkreis Rosenheim/Traunstein - Er selbst sagt, er tat es aus Nächstenliebe, die Anklage behauptet, er brauchte dringend Geld: Stefan H. aus dem Landkreis München arbeitete im Februar und März 2020 als Impfarzt in und um Rosenheim. Genommen wurde er nur, weil er Urkunden fälschte und sich so als Arzt ausgab. Das hat er bereits gestanden. Der Prozess gegen den „falschen Rosenheimer Impfarzt“ am Landgericht Traunstein neigt sich dem Ende entgegen. Am Donnerstag (7. April) könnten bereits die Plädoyers gehalten werden.
Rund 20.000 Euro wären dem Angeklagten, der sowohl im Impfzentrum in Rosenheim als auch in einer Reihe von Pflegeheimen im Landkreis Rosenheim aktiv war, theoretisch zugestanden. Der Stundenlohn eines Impfarztes beträgt 100 Euro. Im Prozess wurde bekannt, dass Stefan H. unter anderem Mietschulden plagten. Er suchte händeringend nach Jobs, arbeitete zuvor auch schon bei Edeka an der Kasse oder bei IKEA als Verkäufer. Laut psychiatrischem Gutachter wollte er mit der Arbeit als Impfarzt vor allem sein geringes Selbstwertgefühl aufpolieren. Von einem „gesteigerten Bedürfnis nach Anerkennung“ war die Rede.
Angeklagt ist der Mann wegen 1450 Fällen von Körperverletzung, Urkundenfälschung, gewerbsmäßigen Betrugs, Ausübung der Heilkunde ohne Erlaubnis sowie Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen. Bei mindestens 306 Personen habe er die Spritze selbst gesetzt, sowohl im Impfzentrum Rosenheim, als auch in Heimen im Landkreis Rosenheim. Bei 1144 Personen habe er nur Leitung und Aufsicht inne gehabt. Mehrere seiner Assistenten wurden bereits skeptisch angesichts seiner Wissenslücken. Ein Arzt, der sich von Stefan H. impfen ließ, brachte den Stein dann ins Rollen.
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