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„Die Angst bleibt“: Wie dramatisch die Vergewaltigung Obing auch nach dem Urteil prägt

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Von: Sophia Huber

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Das Urteil ist gesprochen, doch die Vergewaltigung vom 2. April 2022 prägt Obing weiterhin.
Das Urteil ist gesprochen, doch die Vergewaltigung vom 2. April 2022 prägt Obing weiterhin. Auch der Revisionsantrag sorgt im Dorf für Aufruhr.  © Auer/Kretzmer-Diepold

Von „dramatischen Folgen für das Dorf“ sprach Vorsitzende Richterin Christina Braune bei der Verurteilung des 32-Jährigen, der in Obing eine Frau vergewaltigt hatte. Der Angeklagte will das Urteil anfechten. Das stößt in Obing auf Entsetzen. So ist die Stimmung im Dorf.

Obing - Es kommt selten vor, dass ein Urteil auch mit den Folgen für die Allgemeinbevölkerung begründet wird. Vergangene Woche vor der Siebten Strafkammer des Landgerichts Traunstein ist genau das geschehen.

Acht Jahre bekam der schuldig gesprochene Täter, ein 32-jähriger Bauhelfer, der am 2. April 2022 eine 55-jährige Frau etwa eine Stunde lang brutal auf einer schnee- und güllebedeckten Wiese in Obing vergewaltigt und ihr anschließend 230 Euro Bargeld entwendet hatte. Vorsitzende Richterin Christina Braune begründete das Urteil auch mit den „dramatischen Folgen für das Dorf“. „In Obing hat die Tat zu großer Verunsicherung geführt. Viele werden sich gut überlegen, ob sie die Tochter, die Frau allein aus dem Haus gehen lassen“, so Braune. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, der Täter hat angekündigt, eine Revision zu beantragen.

Revisionsantrag als „Schlag ins Gesicht für das Opfer“

In Obing herrscht darüber Unverständnis. „Ja, es ist unser Rechtssystem“, sagt Zweite Bürgermeisterin Fanny Mayer, dennoch hätte sie sich gewünscht, dass dem Opfer eine weitere Gerichtsverhandlung erspart geblieben wäre. Insbesondere, da das Urteil ohnehin nur geringfügig von dem Antrag der Verteidigung abgewichen sei - diese hatte sieben Jahre und zehn Monate gefordert. „Er hat doch genügend Schaden angerichtet“, sagt sie. „Was er getan hat, kann er nicht mehr gutmachen, aber er hätte mit der Anerkennung des Urteils seinen Beitrag dazu leisten können.“

Auch Bürgermeister Josef Huber spricht von einem „Schlag ins Gesicht für das Opfer“. Positiv bewerte er allerdings, dass es ein Geständnis gegeben habe. Er hoffe, dass dies einigen Bürgern die Verunsicherung nehme. „Wir wissen jetzt, er war es.“

„Man ist aufmerksamer“

Dass die „dramatischen Folgen für das Dorf“ nicht ganz abwegig sind, zeigt sich jedoch auch anderweitig. Denn nicht nur die Urteilsverkündigung, auch die Tat selbst ist weiterhin in den Köpfen der Obinger präsent. „Man ist aufmerksamer“, erzählt Ingrid Wimmer, Familienbeauftragte der Gemeinde. Sie habe mit vielen Frauen gesprochen, die ihr Ähnliches bestätigt hätten. „Das Geschehene ist einfach in den Köpfen drin“, sagt sie. Zwar nicht mehr so, wie kurz nach der Tat. Die Angst habe abgenommen, dennoch hätten ihr viele berichtet, dass sie nicht mehr so unbescholten durch das Dorf gehen würden. Einige würden nachts gar nicht mehr zu Fuß unterwegs sein oder mit dem Fahrrad fahren und wenn sie es tun, würden sie unbeleuchtete Straßen und kleine Gassen meiden. „Man denkt einfach daran, was passiert ist“, stellt Wimmer fest.

Das bestätigt auch Zweite Bürgermeisterin Mayer. „Bei einigen bleibt die Angst“, sagt sie. Sie selbst würde sich zwar nachts wieder auf die Straße wagen, aber auch sie sei anders im Dorf unterwegs als noch vor einem Jahr. „Ich bin viel aufmerksamer“, sagt sie. Hauptsächlich würde sie nur die beleuchteten Hauptstraßen benutzen, wo sie sicher sein könne: „Da wohnt jemand.“ Daran habe auch die Verurteilung nichts geändert. „Es ist nicht mehr so wie früher“, stellt sie fest.

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