Dötsch betonte die Bedeutung von sozialer Teilhabe für Kinder. "Aber dieses Ziel allein von den Impfungen* abhängig zu machen, kann für die Kinder am Ende mehr Nachteile als Nutzen haben", sagte der DGKJ-Präsident mit Blick auf die noch fehlende Impfstoff-Zulassung für Kinder.
Die Voraussetzung für Impfungen bei Kindern sei nicht nur ein sicherer, von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassener Impfstoff, sondern auch der Eigennutzen für Kinder, sagte Dötsch. "Sie dürfen nicht nur geimpft werden, um insgesamt die Pandemie in den Griff zu bekommen." Der Eigennutzen für Kinder sei dann gegeben, wenn der Schutz vor der Krankheit durch die Impfung höher sei als potentielle Risiken. Durch Studien sei mittlerweile gut belegt, dass auch die britische Virusvariante für Kinder deutlich weniger gefährlich sei als für Erwachsene.
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnte vor "verheerenden Langzeitfolgen" für Kinder und Jugendliche. In diesem Fall ist nicht die Rede von den Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung, dem sogenannten Long-Covid-Syndrom*, sondern von den sekundären Folgen der Maßahmen. "Kinder und Jugendliche wurden in der Pandemie von Anfang an massiv vernachlässigt", wird BVKJ-Sprecher Jakob Maske in der Rheinischen Post zitiert. In der ersten Phase seien pauschale Einschränkungen wie Schul- und Kitaschließungen noch nachvollziehbar gewesen. "Aber inzwischen haben wir gelernt, dass Kinder die Infektion deutlich weniger weitertragen und selbst deutlich seltener erkranken als Erwachsene", sagte Maske.
Zu Ansteckung, Krankheitsverlauf und Gefährlichkeit von Sars-CoV-2 bei Kindern gibt es noch keine einhellige Meinung der Mediziner. Erst kürzlich wertete die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) aus, wie gefährlich eine Corona-Infektion für Kinder* ihrer Ansicht nach ist.
Kinder und Jugendliche seien demnach viel weniger durch eine Corona-Erkrankung gefährdet als durch "die verheerenden Langzeitfolgen". "Es gibt psychiatrische Erkrankungen in einem Ausmaß, wie wir es noch nie erlebt haben", sagte Maske. "Die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind voll, dort findet eine Triage statt. Wer nicht suizidgefährdet ist und 'nur' eine Depression hat, wird gar nicht mehr aufgenommen." Auch 24vita.de* berichtet über die fatalen Folgen für Kinder und Jugendliche.
Bei 15 bis 20 Prozent der Kinder sei zudem eine ungewöhnlich starke Gewichtszunahme zu beobachten. 30 bis 50 Prozent der Kinder konsumierten auch deutlich mehr Medien, die nichts mit dem Schulunterricht zu tun hätten. Im Durchschnitt habe der Medienkonsum um zwei bis drei Stunden täglich zugenommen. Kinder und Jugendliche müssten daher dringend "zurück ins normale Leben - ganz unabhängig von der Impfung."
Deutlich zurückhaltender äußert sich der Deutsche Lehrerverband. Eine Rückkehr zum vollständigen Präsenzunterricht hält man hier erst ab einer Inzidenz von 50 für empfehlenswert. „Unsere Auffassung ist, dass man sich bei vollständigem Präsenzunterricht ohne Abstandsregelung an der Empfehlung des RKI* (Inzidenz 50) orientieren sollte, solange viele Lehrkräfte und fast alle Kinder noch nicht geimpft sind“, wird ihr Präsident Heinz-Peter Meidinger zitiert. (AFP/va) *Merkur.de und 24vita.de sind ein Angebot von IPPEN.MEDIA