Strom alle: „Philae“ stellt Arbeit ein und schläft

Darmstadt - Noch schnell einige Arbeiten erledigt, dann ging „Philae“ die Puste aus. Im Schlaf geht es nun auf dem Kometen weiter Richtung Sonne. Die Raumsonde „Rosetta“ beobachtet „Tschuri“ als Begleiterin.
Kein Strom im All: Das Mini-Labor „Philae“ hat wegen leerer Batterien seine Arbeit eingestellt und schläft auf dem Kometen „Tschuri“. „Signalverlust, keine weitere Kommunikation mehr“, teilte die Europäische Weltraumagentur Esa am frühen Samstagmorgen in einer Twitter-Botschaft mit. Ob „Philae“ während des Ritts auf dem Himmelskörper nochmals erwachen wird, war unklar. „Europas Kometenjagd geht aber weiter“, sagte Esa-Sprecher Bernhard von Weyhe am Sonntag. Die Raumsonde „Rosetta“ bleibe in der Nähe von „Tschuri“, um ihn zu beobachten.
Halbe Milliarde Kilometer entfernt
Das waschmaschinengroße Labor schaltete eine halbe Milliarde Kilometer von der Erde entfernt seine Instrumente ab. „Alle Experimente sind gemacht worden“, sagte der Chef für den Esa-Flugbetrieb, Paolo Ferri, in Darmstadt. Er rechnete nicht damit, dass „Philae“ sich bald wieder meldet.
Vielleicht könnte das Labor Energie tanken, wenn es auf „Tschuri“ Richtung Sonne geht. Die Kontrolleure hatten „Philae“ im letzten Moment etwas drehen können, damit das Labor über Kollektoren mehr Sonnenlicht empfangen kann. „Ob das wirkt, wird sich aber erst in den nächsten Wochen zeigen“, meinte Ferri.
„Philae“ droht der Hitzetod
„Rosetta“ soll „Tschuri“ auf seiner Reise Richtung Sonne begleiten und beobachten, wie er reagiert, wenn es immer heißer wird. Die Mission ist bis Dezember 2015 geplant. „Philae“ droht der Hitzetod.
Die Sonde hatte „Philae“ huckepack auf einer zehnjährigen Reise zu dem Himmelskörper gebracht, der eigentlich „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“ heißt. Dem Mini-Labor war am Mittwoch dann die erste Landung auf einem Kometen in der Geschichte der Raumfahrt gelungen.
"Rosetta"-Mission: "Philae" landet auf Komet "Tschuri"
Doch es lief längst nicht alles glatt: Nach dem Aufsetzen machte das Gerät zwei Hüpfer, bevor es - etwa einen Kilometer vom ursprünglichen Ziel entfernt - am Rande eines Kraters in Schieflage zum Stehen kam. Ein gewaltiger Hopser dauerte etwa zwei Stunden, der andere Minuten. „Tschuri“ hat nur geringe Anziehungskraft.
Bohrer entnahmen Kometen eine Probe
Trotz der misslichen Position des Mini-Labors konnten alle Instrumente aktiviert werden. Zuletzt hatte auch noch ein Bohrer den Befehl bekommen, dem Kometen eine Probe zu entnehmen.
Die Batterie des Labors war von vornherein auf zweieinhalb Tage ausgelegt. Da „Philae“ aber nach der holprigen Landung an einer schattigen Seite aufgekommen war, war ein Nachladen vorerst nicht möglich. Experten hatten es schon am Mittwoch als Erfolg bezeichnet, wenn das Gerät etwa 60 Stunden durchhalten könnte. „Wir sind in dem Zeitrahmen geblieben, den wir uns vorgestellt haben“, sagte von Weyhe. „Aber jetzt war es das erst einmal.“
Den Kontrolleuren beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln war es am späten Freitagabend noch einmal gelungen, mit dem Lander zu kommunizieren. Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR sprach von „letzten Zuckungen von „Philae““.
"Tschuri" sieht aus wie Quietsche-Ente
„Tschuri“ ähnelt in seiner Form einer kilometergroßen Quietsche-Ente und wurde 1969 entdeckt. Kometen bestehen aus einer Mischung von Eis und Gestein und werden auch als schmutzige Schneebälle bezeichnet.
Schon jetzt wissen die Forscher: Auf „Tschuri“ ist es dunkel wie in einem Kohlenkeller und es stinkt - nach faulen Eiern und Pferdestall. Der Brocken braucht fast sieben Jahre, um die Sonne zu umrunden. Je näher der Komet unserem Zentralgestirn kommt, desto mehr verdampft von seinem Eis und umso stärker wird seine Ausgasung.
Zusammensetzung des Kometenkerns analysieren
Mit den von „Philae“ gesammelten Daten wollen die Experten unter anderem die Zusammensetzung des Kometenkerns sowie die Bodenbeschaffenheit und Temperatur genau analysieren. Am Freitag wurde ein Thermometer des Instruments „Mupus“ rund 35 Zentimeter in den Kometen gerammt, um die Festigkeit des Bodens zu testen und Informationen über seine Wärme zu bekommen.
Wissenschaftler hoffen bei der Analyse der Daten auf Hinweise über die Entstehung des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren - ein Blick in die tiefste Vergangenheit des Universums. Erwartet werden auch Indizien darauf, wie Leben möglich wurde, etwa durch den Nachweis von organischen Molekülen. „Philae“ lieferte schon bald nach der Landung beeindruckende Fotos.
Die „Rosetta“-Mission erinnert an ein Projekt Japans. 2005 sammelte die „Hayabusa“-Sonde Bodenproben auf einem Asteroiden und brachte sie Jahre später zurück zur Erde.
dpa