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Aspirin, Viagra & Co.: Verbergen sie ungeahnte Neben-Wirkungen?

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Von: Jasmin Farah

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Aspirin und Viagra werden von Forschern nochmal unter die Lupe genommen: Sind ihre Wirkstoffe vielfältiger als gedacht?
Aspirin und Viagra werden von Forschern nochmal unter die Lupe genommen: Sind ihre Wirkstoffe vielfältiger als gedacht? © pixabay

Viagra, Aspirin & Co. sind gängige Medikamente – doch in ihnen steckt viel mehr, vermuten Ärzte. Sie suchen in alten Mitteln neue Wirkungen – den Patient freut's.

Erst vor wenigen Monaten sorgte eine bahnbrechende Studie für Furore in der Medizinwelt: Forscher hatten herausgefunden, dass Aspirin nicht nur gegen Kopfschmerzen helfe, sondern auch gut fürs Herz sein kann (Merkur.de berichtete). Die darin enthaltene Acetylsalicylsäure soll auch Blutplättchen-hemmend wirken, sodass eine regelmäßige Einnahme von niedrig dosiertem Aspirin koronaren Herzerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall vorbeugen kann. Diese seien nämlich oftmals die Folge eines Blutgerinnsels.

Aspirin und Viagra sind gut fürs Herz: Neben-Wirkungen bekannter Medikamente enthüllt

Doch auch die Geschichte des Potenzmittels Viagra lehrt, dass gängige Medikamente wieder neu entdeckt werden und für die Bekämpfung anderer Beschwerden oder Krankheiten "zweckentfremdet" werden können. Deren Wirkung ist so vielfältig, dass zwei Fliegen mit einer Klatsche geschlagen werden: Die herstellenden Pharmakonzerne sparen sich sehr viel Geld – und die Patienten profitieren ebenfalls davon, da die Stoffe bereits bekannt sind und getestet wurden.

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Als Viagra in einer Studie in den 90er-Jahren aufkam, war sein Wirkstoff Sildenafil eigentlich für etwas ganz anderes gedacht. Die Ärzte setzten ihn bei den Probanden für Durchblutungsstörungen im Herzen ein – doch als die Probanden die Pillen nicht mehr freiwillig hergeben wollten, gestanden diese den Forschern schließlich, dass der Wirkstoff zudem zu Erektionen führte. Und das gefiel offensichtlich den meist älteren Studienteilnehmern. Die unerwünschte Nebenwirkung wurde schnell umfunktioniert und 1998 brachte der Pharmakonzern Pfizer das Mittel unter dem so bekannten Namen Viagra zur Behandlung von Erektionsstörungen auf den Markt.

Alte Medikamente in neuem Gewand - lukrativ für Pharmakonzerne und Patienten

"Blockbuster [Anm. d. Red.: besonders erfolgreiches Medikament] wird oft nur ein Medikament, das bei vielen Patienten angewendet werden kann, bei Volkskrankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes zum Beispiel. Durch die schon vorhandenen Blockbuster aber wird für Neuentwicklungen ein durchschlagender Erfolg schwieriger", sagt Claudia Leopold, Direktorin des Instituts für Pharmazie der Universität Hamburg gegenüber Focus Online. Daher werden nun die alten Medikamentenliste durchforstet – denn man ist überzeugt: "In einigen bereits zugelassenen Medikamenten dürfte noch eine Reihe von Wirkungen schlummern, die man bisher nicht ausgeschöpft hat", ist sich auch der Pharmakologe Ulrich Förstermann von der Universität Mainz sicher.

Untersucht werden nun auch sogenannte Antihistaminika – dabei handelt es sich um Mittel gegen diverse Allergien, die allerdings gleichzeitig sehr müde machen. Die Folge: Nun gibt es den Wirkstoff auch als Schlafmittel. Der von Morphin abstammende Wirkstoff Loperamid sollte dagegen ursprünglich als Schmerzmittel eingesetzt werden, da es aber die Verdauung verlangsamt, verkauft man ihn nun unter dem Handelsnamen "Imodium akut" gegen Durchfall.

Weitere alte, neue Medikamente, die es auf den Markt geschafft haben

Ein Forscherteam aus Gießen soll zudem erkannt haben, dass Viagra neben Erektionsstörungen noch gegen eine weitere Erkrankung gut ist: Da es im Glied des Mannes die Gefäße erweitert und so schnell den Schwellkörper mit Blut füllt, wandten es die Forscher um Studienleiter Hossein Ghofrani von der Universität Gießen ebenfalls in der Lunge an. Mit Erfolg: Auch hier wirkt Sildenafil entsprechend, weitet die Gefäße und wirkt so blutdrucksenkend. Besonders Patienten mit Lungenhochdruck kann so geholfen werden – schließlich sterben viele Betroffene meist drei Jahre nach der Diagnose.

Das Mittel Rabeprazol zur Behandlung von Magengeschwüren und Sodbrennen stand dagegen lange Zeit in Verruf, ähnliche Nebenwirkungen wie Psychopharmaka auszulösen. Forschungen fanden schließlich heraus, dass es an denselben Stellen im Gehirn andockt – und richtig dosiert womöglich sogar zur Therapie von Depressionen & Co. eingesetzt werden könnte.

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Ein Medikament gegen Parkinson, das Boehringer-Ingelheim 1997 auf den Markt brachte, versetzte ebenfalls in Staunen, als Patienten erzählten, dass das Mittel zudem gegen ihren Drang, ständig nachts die Beine zu bewegen, geholfen habe. Heute ist dieses Phänomen auch bekannt unter dem "Restless-Legs-Syndrom". Nach einigen Studien wurde es 2006 dafür zugelassen.

Und schließlich wird auch Nitroglycerin, ein als hoch explosiv geltender Sprengstoff, heute in der Medizin gegen Herzschmerzen und Herzschwäche angewandt. Diese Beispiele zeigen also sehr wohl, dass in gängigen Medikamenten mehr steckt, als man im ersten Moment vermuten mag.

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jp

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