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Deutschland sucht Pflegekräfte - auch in Asien

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Bonn - Deutschland gibt es immer mehr Pflegebedürftige. Doch Fachkräfte fehlen. Um den Notstand zu bekämpfen, wirbt die Bundesagentur für Arbeit um ausländisches Personal.

Medikamente verabreichen, Wundverbände wechseln, Blutdruck messen, bei Reha-Übungen oder auf der Toilette helfen: Alltag von Pflegern. In deutschen Kliniken und Altenheimen fehlen Fachkräfte für diese Arbeiten. Und die Lücken werden immer größer.

Deshalb soll verstärkt Fachpersonal im Ausland angeworben werden. Die dafür zuständige Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit geht nicht nur europaweit auf die Suche: Auch in China und auf den Philippinen sollen dringend benötigte Pflegekräfte für Deutschland gewonnen werden. „Auf Dauer reicht es nicht aus, nur in Europa nach Fachpersonal zu suchen“, erklärt ZAV-Direktorin Monika Varnhagen.

Nach aktuellen ZAV-Angaben gab es im März mehr als 8000 als offen gemeldete Stellen in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie gut 10 000 offene Stellen in der Altenpflege. Der tatsächliche Bedarf dürfte weit höher liegen. Nach Schätzungen des Arbeitgeberverbandes Pflege fehlen bereits jetzt rund 30 000 Fachkräfte.

Die ZAV sucht bereits seit einiger Zeit Pflegekräfte in anderen EU-Ländern, vor allem im krisengeschüttelten Südeuropa. Dort ist die Arbeitslosigkeit hoch, und junge Fachkräfte finden oft keine Stelle. Im vergangenen Jahr vermittelte die ZAV gleichwohl nur 56 Pflegekräfte aus dem europäischen Ausland, die meisten kamen aus Portugal. Das ist nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein.

Auch bulgarische und rumänische Pflegekräfte können bereits beschäftigt werden, obwohl ansonsten für beide Länder noch bis Jahresende eine begrenzte EU-Freizügigkeit gilt. Mit dem Nicht-EU- Land Bosnien-Herzegowina will die ZAV in den nächsten Tagen ein Abkommen zur Rekrutierung unterzeichnen, wie es das für Kroatien und seit Januar auch für Serbien schon gibt.

„Trotz EU-Freizügigkeit sind nur wenige Pflegefachkräfte aus Ländern wie Polen, Tschechien, der Slowakei oder Ungarn gekommen“, sagt der Sprecher des Arbeitgeberverbands Pflege, Steffen Ritter. Ein hoher bürokratischer Aufwand bei der Berufsanerkennung, unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern sowie fehlende Deutschkenntnisse seien große Hindernisse. Auch die Bezahlung sei nicht so attraktiv, wenn die hohen Lebenshaltungskosten in Betracht gezogen würden. „Viele polnische Fachkräfte sind lieber nach Skandinavien oder Großbritannien gegangen, und Personal aus Ungarn oder Tschechien hat Österreich oder die Schweiz bevorzugt.“

Deshalb sucht die ZAV nun auch über Europa hinaus. In China sollen in einem Pilotprojekt mit dem Arbeitgeberverband Pflege zunächst etwa 150 ausgebildete Pflegerinnen angeworben werden. Sie werden jetzt von April an in Sprach- und Kulturschulungen in der Provinz Shandong auf ihren Deutschland-Aufenthalt vorbereitet. Mitte März wurde eine ähnliche Vereinbarung mit den Philippinen getroffen.

Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung könnten in Deutschland im Jahr 2030 rund eine halbe Million Vollzeit-Pflegekräfte fehlen. Die Politik habe das Problem und seine Dimension lange verschlafen, kritisiert der Präsident des Bundesverbands privater sozialer Dienste, Bernd Meurer.

Auch auf China und das dortige riesige Reservoir an Fachkräften ist Deutschland sehr spät gestoßen. Fast eine Million Chinesinnen sollen längst im Ausland im Einsatz sein, etwa in Kanada oder Australien. Mit einer großen Welle an zuströmenden Pflegern aus anderen EU-Staaten oder auch fernen Drittstaaten sei ohnehin nicht zu rechnen, sagt ZAV-Sprecherin Marion Rang. „Allein mit ausländischen Kräften wird die Lücke nicht zu schließen sein.“

dpa

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