Extra Ultraschall für Schwangere ausreichend?

Es ist eine gute Nachricht für werdende Mütter: Zusätzlich zu den drei üblichen Ultraschall-Untersuchungen in der Schwangerschaft gibt es seit Anfang des Monats ein weiteres Angebot – und zwar auf Kosten der Krankenkassen.
Beim „erweiterten Ultraschall“ untersucht der Frauenarzt das Ungeborene umfassender auf Fehlbildungen.
Seit 1. Juli haben Schwangere Anspruch auf eine genauere Untersuchung – manche Experten halten diese jedoch nicht für ausreichend.
Das neue Extra in der Vorsorge betrifft die zweite Ultraschall-Untersuchung, die Frauen im zweiten Drittel ihrer Schwangerschaft angeboten wird. Bislang wurde dabei nur die Größe von Kopf, Bauch und Oberschenkelknochen des Kindes untersucht, zudem die Lage der Plazenta in der Gebärmutter. Beim erweiterten Ultraschall soll der Frauenarzt künftig auch untersuchen, ob Kopf und Hirnkammern normal geformt sind und das Kleinhirn zu erkennen ist. Genauer angeschaut werden auch Hals, Rücken und Herz. Bei Letzterem prüft der Arzt, ob seine Größe normal ist, es in einem normalen Rhythmus schlägt und ob die vier Herzkammern ausgebildet sind. Untersucht wird auch, ob Magen und Harnblase sichtbar sind und die vordere Bauchwand geschlossen ist.
Ziel der Untersuchung ist es, rechtzeitig auf Fehlbildungen reagieren zu können. Der Frauenarzt kann der Schwangeren dann zum Beispiel eine Klinik empfehlen, die über die spezielle Ausstattung und geschultes Personal verfügt, um das Kind etwa bei einem schweren Herzfehler sofort nach der Geburt behandeln zu können – oder auch schon im Mutterleib. Die Lage der Plazenta kann bei der Entscheidung für oder gegen eine natürliche Geburt helfen.
Doch es gibt auch Kritik: So zweifeln manche Experten, dass die Qualifikation der Untersucher ausreicht. Um diese zu belegen, müssen Frauenärzte nur einen Online-Test bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung absolvieren. Der besteht darin, von 200 Ultraschallbildern 30 zufällig ausgewählte auf Fehlbildungen hin zu bewerten.
„Sicherlich führt die neue Untersuchung zu einer Steigerung der Qualität des Ultraschallscreenings“, sagt Prof. Annegret Greipel. Sie leitet den Bereich Pränatale Medizin an der Bonner Uniklinik und ist Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). „Doch wir erreichen damit bei weitem nicht die Anforderungen, die in anderen europäischen Ländern für eine Untersuchung auf fetale Fehlbildungen in der 20. Woche gelten.“ So werden Schwangere vielerorts von den Spezialisten eines Perinatalzentrums darauf untersucht. In Deutschland gilt das nur, wenn etwas Auffälliges entdeckt wurde oder besondere Risiken vorliegen. Dabei seien viele Fehlbildungen sehr selten und viele Frauenärzte daher nicht damit vertraut, heißt es bei der DEGUM.
Neu ist auch: Frauen müssen sich explizit für oder gegen den Ultraschall entscheiden – und zwar mit ihrer Unterschrift. Dazu bekommen sie nach dem Aufklärungsgespräch ein mehrseitiges Merkblatt. Wer alle oder einen Teil der Untersuchungen ablehnt, entbindet den Arzt damit auch von seiner juristischen Pflicht, auf Fehlbildungen hinzuweisen. Wer sich für den erweiterten Ultraschall entscheidet, sollte wissen, dass er die Untersuchung zunächst selbst bezahlen und die Rechnung für eine Erstattung bei seiner Krankenkasse einreichen muss. Erst ab 2014 wird eine direkte Abrechnung möglich sein.
Andrea Eppner