werde zu einem gegebenen Zeitpunkt darüber informiert, wie eine Reaktion aussieht, sagte Seibert.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert nun von Russland Aufklärung. „Die Ergebnisse der sorgfältigen Untersuchung bestätigen leider die schlimmsten Befürchtungen: Nawalny ist schwer vergiftet worden mit dem Ziel, ihn zum Schweigen zu bringen“, sagte Steinmeier laut einer Vorabmeldung vom Freitag den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Die drängendsten Fragen richten sich nun an die Regierung in Moskau.“
Update vom 4. September, 11.34 Uhr: Nach der Vergiftung des Kremlkritikers Alexej Nawalny hat ein russisches Gericht das Vorgehen der Behörden bestätigt, die noch keine Ermittlungen in dem Fall begonnen haben. Die Richter in Moskau wiesen am Freitag eine Beschwerde des Anwalts Nawalnys dagegen zurück, wie die Staatsagentur Tass meldete. Sein Antrag sei in der gesetzlich festgelegten Frist geprüft und an die zuständigen Ermittlungsbehörden weitergeleitet worden.
Das Team des Oppositionellen hatte eine Anzeige erstattet, kurz nachdem Nawalny vor rund zwei Wochen auf einem Inlandsflug von Sibirien nach Moskau das Bewusstsein verloren hatte und in ein Krankenhaus gebracht worden war. Die Polizei im sibirischen Tomsk hatte daraufhin „Vorermittlungen“ eingeleitet.
Der Kreml hatte das Vorgehen der Polizei zuletzt verteidigt, erst dann zu ermitteln, wenn feststehe, dass Nawalny tatsächlich vergiftet worden sei. Die Generalstaatsanwaltschaft sah dafür bislang keine Hinweise, hat aber ein Rechtshilfeersuchen in Deutschland gestellt.
Die Bundesregierung mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwoch nach Untersuchungen eines Spezial-Labors der Bundeswehr mitgeteilt, dass sie es als zweifelsfrei erwiesen ansehe, dass Nawalny vergiftet worden sei. Ärzte in der sibirischen Stadt Omsk, wo Nawalny behandelt wurde, teilten am Freitag mit, dass der 44-Jährige vor dem Vorfall fünf bis sieben Tage Probleme mit der Verdauung und Ernährung gehabt habe. Die Mediziner hatten zuvor von Stoffwechselstörungen gesprochen.
Update vom 4. September, 10.41 Uhr: Der FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff sieht die Vergiftung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny als Zeichen der Nervosität der Täter. „Man versucht, in dem man einen Oppositionellen ausschaltet, alle anderen Kritiker und Oppositionellen einzuschüchtern und von ihrer Arbeit abzuhalten“, sagte Lambsdorff der Passauer Neuen Presse. „Aber für mich zeigt der Fall Nawalny, wie nervös die Täter sein müssen“, sagte er.
„Im Kreml sieht man die Proteste in Belarus gegen die gefälschte Wahl, in Chabarowsk gehen die Menschen seit Wochen gegen die Regierung in Moskau auf die Straße. Auch die landesweiten Proteste von 2018 gegen die Pläne einer Rentenreform sind den Machthabern im Kreml noch immer in Erinnerung“, führte Lambsdorff aus. „Das Attentat an Nawalny ist deshalb kein Zeichen der Stärke, sondern eher der Unsicherheit und der Schwäche.“ Lambsdorff sagte auf die Frage, ob die Spur in den Kreml führe: „Es spricht leider viel dafür.“
Unterdessen richtet sich der Blick weiter auf Angela Merkel. Die Kanzlerin müsse nun handeln, fordert unter anderem der Münchner Merkur* in einem Kommentar.
Update vom 4. September, 9.44 Uhr: Die EU prüft nach dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ihren weiteren Umgang mit Russland. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bezeichnete am Donnerstagabend Sanktionen gegen Moskau als mögliche Option. Borrell erklärte, die EU verurteile „den Mordversuch“ an Nawalny „auf das Schärfste“. Die russische Regierung müsse „ihr Möglichstes tun, um eine gründliche und transparente Untersuchung dieses Verbrechens vorzunehmen“.
Der Generaldirektor der Organisation für das Verbot chemischer Waffen, Fernando Arias, betonte in Den Haag, der Fall Nawalny gebe „Anlass zu ernster Besorgnis“. Nach der Konvention über das Verbot von Chemiewaffen werde der Einsatz von Nervengiften als „Einsatz von Chemiewaffen“ gewertet. Der Einsatz chemischer Waffen sei grundsätzlich „verwerflich“ und verstoße gegen die „von der internationalen Gemeinschaft festgelegten Rechtsnormen“.
Der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, warnte die Bundesregierung indes vor einer „Politisierung“ des Falls. Solange die Situation nicht geklärt sei, rufe er dazu auf, auf „vorläufige Einschätzungen zu verzichten und sich nur auf die Fakten zu stützen“, sagte Netschajew im ZDF. „Die Vorwürfe, dass Russland irgendwie in diesen Vorgang verwickelt ist“, nannte der Diplomat verfehlt. Der Fall bringt die deutsch-russischen Beziehungen ins Wanken. Scheitert jetzt die Ostsee Pipeline Nordstream 2* an dem Konflikt?
Update vom 3. September, 20.30 Uhr: Die Nato berät am Freitag auf einer Sondersitzung des Nordatlantikrats über den Fall des vergifteten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny. Das teilte eine Nato-Sprecherin am Donnerstag in Brüssel mit. Zunächst hatte die Nato ein Treffen auf Botschafterebene angekündigt, ohne Angaben zur Tagesordnung zu machen. Generalsekretär Jens Stoltenberg will im Anschluss an die Beratungen vor die Presse treten (gegen 12.30 Uhr).
Der Fall des vergifteten Kreml-Kritikers hat eine breite Debatte über den Umgang mit Russland entfacht. Die Bundesregierung hatte am Mittwoch erklärt, Nawalny sei „zweifelsfrei“ mit einem chemischen Nervenkampfstoff vergiftet worden.
Der russische Oppositionelle war am 22. August mit Vergiftungserscheinungen aus Russland zur ärztlichen Behandlung nach Berlin geflogen worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den „versuchten Giftmord“ und kündigte an, dass gemeinsam mit EU und Nato über eine „angemessene“ Reaktion entschieden werde.
Update vom 3. September, 16.15 Uhr: Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat nach eigenen Angaben Beweise dafür, dass der Giftanschlag auf den russischen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny vom Westen vorgetäuscht worden sei. Seine Geheimdienste hätten ein Telefonat zwischen Berlin und Warschau abgefangen, aus dem dies eindeutig hervorgehe, sagte Lukaschenko am Donnerstag bei einem vom Fernsehen übertragenen Treffen mit dem russischen Ministerpräsidenten Michail Mischustin in Minsk. Damit solle Moskau von einem Eingreifen in Belarus abgehalten werden.
„Es gab keine Vergiftung von Nawalny“, sagte Lukaschenko. „Sie taten es - ich zitiere - um (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin davon abzuhalten, seine Nase in die Angelegenheiten von Belarus zu stecken.“ Weitere Einzelheiten nannte er nicht, kündigte aber an, eine Abschrift des abgehörten Telefonats den russischen Geheimdiensten zur Verfügung zu stellen.
Lukaschenko sieht sich seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl vom 9. August wachsendem Druck ausgesetzt. Zehntausende Belarussen gehen seit Wochen gegen den seit 26 Jahren herrschenden Präsidenten auf die Straße, werfen ihm Wahlfälschung vor und fordern Neuwahlen. Putin hatte Lukaschenko in der vergangenen Woche militärische Unterstützung in Aussicht gestellt, sollte sich die Lage weiter zuspitzen. Die Nato rief Russland auf, sich nicht in die Angelegenheiten des Nachbarlandes einzumischen.
Update vom 3. September, 15.18 Uhr: Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die russische Führung um Präsident Wladimir Putin nach dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny scharf angegriffen. „Wir wollen gute Beziehungen zu den russischen Menschen, aber wir müssen das System Putin als das betrachten, was es ist - ein aggressives Regime, dass seine Interessen ohne Skrupel auch mit Mitteln der Gewalt durchzusetzen versucht und die internationalen Verhaltensregeln immer wieder verletzt“, sagte sie der „Rheinischen Post“.
„Der Fall Nawalny passt zu dem Verhalten, das wir von Putin und seinem Regime kennen“, führte Kramp-Karrenbauer aus. Immer wieder gebe es Nachrichten, dass Russland gezielt den Luftraum der baltischen Staaten verletze. „Schweden berichtet über russische U-Boote nahe schwedischer Inseln. Wir kennen das gewaltsame Vorgehen Russlands in der Ukraine.“ Dass die russische Führung Kritiker im In- und im Ausland ausschalte, das sei bekannt, sagte die CDU-Vorsitzende. Dies habe sich jetzt durch den Fall Nawalny bestätigt und sei noch einmal vor aller Augen sichtbar geworden.
Kramp-Karrenbauer bezeichnete Nawalnys Vergiftung als „Beweis, dass in Russland gegen Menschen, die für ihre demokratischen Rechte eintreten und den amtierenden Präsidenten kritisieren, chemische Kampfstoffe eingesetzt werden, und zwar Stoffe, die weltweit geächtet sind“. Die Führung in Moskau stelle sich damit „auf die gleiche Stufe mit denen, die etwa in Syrien in der Vergangenheit mit chemischen Kampfstoffen gegen die eigene Zivilbevölkerung vorgegangen sind“, sagte sie mit Blick auf den syrischen Machthaber Baschar al-Assad.
Update vom 3. September, 12.53 Uhr: „Es gibt keinen Grund, den russischen Staat zu beschuldigen“, sagte nun Kreml-Sprecher Dmitri Peskow im Fall Nawalny vor Journalisten in Moskau. Er warnte den Westen vor übereilten Schlussfolgerungen und dem Verhängen von Sanktionen. Trotz des offensichtlich versuchten Giftmords am russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny* (siehe Ursprungsmeldung) hat der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki vor einem schnellen Baustopp der deutsch-russischen Erdgas-Leitung Nord Stream 2 gewarnt.
„Ich bin skeptisch, dass wir in der jetzigen Phase unserer Erkenntnisse ein Projekt dieser Größenordnung in Frage stellen sollten“, sagte Kubicki, der auch Bundestagsvizepräsident ist, am Donnerstag im Deutschlandfunk. Je nach Entwicklung könne es aber sein, dass der Bau nicht vollendet werde.
Kubicki hält es für möglich, dass die Tat verübt wurde, ohne dass der Kreml involviert war. Er machte im Deutschlandfunk deutlich, dass er „nicht glauben will, dass (Präsident) Wladimir Putin oder überhaupt die Regierung hinter diesem Anschlag steckt“ und sagte: „Es gibt auch Kräfte in der russischen Administration, die teilweise ein Eigenleben führen.“
Die russische Regierung müsse nun aber die Hintergründe aufklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, fuhr Kubicki fort. „Meine Hoffnung geht noch dahin, dass Putin selbst dokumentieren wird, dass es nicht auf sein Geheiß geschehen ist, nicht unter seine Ägide geschehen ist. Sollte es anders sein, sollten wir keine vernünftigen Erklärungen aus Russland bekommen, werden wir die nächsten Wochen und Monate und Jahre eine Eiszeit zwischen Deutschland und Russland erleben.“ Sollten Präsident Putin oder der Kreml selbst hinter der Tat stecken, müsse es Wirtschaftssanktionen geben.
Update vom 3. September, 10.15 Uhr: Noch am Vortag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexey Nawalny* verurteilt und sich mahnend in Richtung Russland gewandt, indem sie sagte: „Die russische Regierung muss jetzt Fragen beantworten“. Der Konter aus Moskau ließ nicht lange auf sich warten.
In Russland weist man nun alle Schuld von sich und kehrt den Spieß kurzerhand um. Kreml-Sprecher Dimitri Peskov sagte laut Bild am Abend in Moskau: Schon vor dem Transport Nawalnys nach Deutschland „wurde in unserem Land ein ganzer Komplex von Analysen durchgeführt, bei denen keine toxischen Substanzen identifiziert wurden.“
Da in Deutschland „der zweifelsfreie Nachweis“ eines chemischen Nervenkampfstoffes bei Nawalny erbracht wurde, bedeutet die Aussage Russlands im Umkehrschluss: Der Kreml-Kritiker soll nach Russlands Meinung in Deutschland vergiftet woren sein.
Diese Schlussfolgerung verdeutlicht der Duma-Abgeordnete Andrej Lugowoj dem Bericht nach gegenüber der Nachrichtenagentur Tass. Er machte sogar direkt die Mitarbeiter der Berliner Charité verantwortlich: „Eine Krankenschwester, ein Arzt könnte die Substanz verabreichen, wenn sie Nawalny wirklich auf irgendeine Weise mit einer giftigen Substanz in Berührung bringen wollten. Ich bin sicher, genau das ist passiert.“
Auch Ivan Ridionov, der Chef-Stratege des russischen Staatssenders RT Deutsch schlägt demnach in diese Kerbe. Seiner Aussage nach sei Merkels Regierung „dringend aufgefordert, den Nowitschok-Fund zu erklären. Wer hatte Zugang zum Patienten nach Landung in Berlin?“.
Die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa ging sogar noch einen Schritt weiter und deutete an, dass die russlandfeindliche Aktion von Deutschland im Vorhinein geplant gewesen sei. Sie sprach laut Bild von einem Drehbuch, das schon vor der Vergiftung geschrieben worden sei.
Update vom 3. Septmeber, 6.59 Uhr: Im Fall Nawalny fordert der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen eine harte europäische Reaktion. „Jetzt sind wir erneut brutal mit der menschenverachtenden Realität des Regimes Putin konfrontiert worden“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages am Mittwoch in den „Tagesthemen“ in der ARD. Dies sei kein deutsch-russisches Thema. Es müsse eine klare, harte und einheitliche europäische Antwort darauf geben.
„Da muss alles auf den Prüfstand“, betonte Röttgen weiter. Wenn es jetzt zur Vollendung des Gasprojektes Nord Stream 2 käme, dann wäre das die maximale Bestätigung und Ermunterung für Wladimir Putin, mit genau dieser Politik fortzufahren, so Röttgen. Es gebe nur eine Sprache, die Putin verstehe. Darum müsse man über Erdgas, den Gasbezug und die Nichtvollendung der Pipeline sprechen.
Auch forderte Röttgen ein Ende der speziellen Beziehungen zwischen dem Élyséepalast und dem Kreml, zwischen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Putin. Es liege an Führungsländern, dass Europa aktive Außenpolitik gegenüber Russland betreibe. Röttgen erinnerte daran, dass Nord Stream 2 gegen die Mehrheit der europäischen Staaten realisiert worden sei.
„Die Tatwaffe sagt alles, übrigens der Tatort sagt auch alles und das Opfer sagt auch alles über den Täter aus“, sagte Röttgen ferner im ZDF-„heute journal“. So etwas werde oben entschieden. Röttgen sagte: „Das ist Politik der Spitze.“ Der Kreml werde aber alles bestreiten. In der ARD betonte Röttgen, er habe die strategische Partnerschaft mit Russland „schon lange für Träumerei gehalten“.
Update vom 2. September 2020, 19.10 Uhr: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg will nach der von einem Bundeswehr-Labor nachgewiesenen Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny mit Deutschland und allen übrigen Bündnispartnern mögliche Folgen erörtern. „Die Nato sieht jeden Einsatz von chemischen Waffen als eine Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit“, erklärte Stoltenberg am Mittwochabend in Brüssel.
Derweil hat die russische Botschaft in Berlin die deutsche Bundesregierung vor einer „Politisierung“ des Falls Nawalny gewarnt. „Wir rufen unsere Partner auf, jedwede Politisierung dieses Vorfalls zu vermeiden und sich ausschließlich auf glaubwürdige Fakten zu stützen, die hoffentlich schnellstmöglich geliefert werden“, hieß es in einer am Mittwochabend veröffentlichten Erklärung.
Darin fordert die Botschaft die Bundesregierung auch zu einer „möglichst zeitnahen Antwort“ auf ein Rechtshilfeersuchen aus der vergangenen Woche auf, in dem um Informationen zu den deutschen Untersuchungsergebnissen gebeten wurde. „Wir rechnen mit vollwertiger Zusammenarbeit und Informationsaustausch unter Einbeziehung der bestehenden bilateralen rechtlichen Mechanismen.“
Update vom 2. September 2020, 19.10 Uhr: Der Kreml hat sich nach den Vorwürfen der deutschen Regierung zur vollständigen Zusammenarbeit bereit erklärt. „Wir sind bereit und daran interessiert, vollständig zu kooperieren und die Informationen zu diesem Thema mit Deutschland auszutauschen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti.
Nach dem Nachweis einer Vergiftung bei Nawalny hat sich auch die US-Regierung „zutiefst beunruhigt“ gezeigt. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Ullyot, teilte am Mittwoch auf Twitter mit: „Alexej Nawalnys Vergiftung ist vollkommen verwerflich.“ Er kündigte an, die USA würden mit Verbündeten und der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um die Verantwortlichen in Russland zur Rechenschaft zu ziehen - „wohin auch immer die Beweise führen“. Russland habe das Recht, ihre Ansichten friedlich und ohne Angst vor Vergeltung zu äußern.
Update vom 2. September 2020, 18.21 Uhr: Der Direktor der Anti-Korruptions-Stiftung FBK von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat den russischen Staat für die Vergiftung des Oppositionellen durch einen chemischen Nervenkampfstoff verantwortlich gemacht. „Nur der Staat kann Nowitschok einsetzen“, schrieb Iwan Schadnow am Mittwoch auf Twitter. Das stünde „ohne jeden Zweifel“ fest. Die Bundesregierung hatte zuvor erklärt, dass in Nawalnys Körper eine Substanz der sogenannten Nowitschok-Gruppe nachgewiesen wurde.
Schadnow zufolge könnten der russische Geheimdienst FSB und der Militärgeheimdienst GRU eine solche Tat ausführen. In einem Radiointerview sagte er, dass der Einsatz eines „chemischen Kampfstoffs“ deutlich mache, dass der Angriff vom Staat organisiert wurde. „Deshalb fordern wir natürlich die Einleitung eines Strafverfahrens und eine normale Untersuchung aller Umstände der Vergiftung.“
Der russische Wissenschaftler Leonid Rink, der laut staatlichen Medien an einem von der Regierung unterstützten Programm zur Entwicklung von Nowitschok gearbeitet haben soll, wies dagegen die Möglichkeit eines Nowitschok-Einsatzes bei Nawalny zurück. Wäre die Substanz bei dem Oppositionellen eingesetzt worden, wäre dieser tot und nicht im Koma, sagte Rink der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti.
Update vom 2. September 2020, 17.37 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in einer PK zum Fall Nawalny geäußert. Das Speziallabor der Bundeswehr habe zweifelsfrei eine Vergiftung Nawalnys festgestellt. „Er sollte zum Schweigen gebracht werden, ich verurteile das im Namen der Bundesregierung aufs aller schärfste.“ Merkel habe auch mit Bundespräsident Steinmeier über die neuen Erkenntnisse gesprochen, außerdem wurden die Fraktionen im Bundestag sowie der russische Botschafter in Kenntnis gesetzt. „Die russische Regierung muss jetzt Fragen beantworten“, erklärt die Kanzlerin. „Die Welt wird auf Antworten warten.“ Gemeinsam mit der Nato und EU werde nun über das weitere Vorgehen beraten, denn „Das Verbrechen gegen Nawalny richtet sich gegen die Grundwerte, für die wir eintreten.“
Erstmeldung vom 2. September 2020:
Berlin - Bei dem in Deutschland in Behandlung befindlichen russischen Regierungskritiker Alexej Nawalny wurde nach Angaben der Bundesregierung „der zweifelsfreie Nachweis“ eines chemischen Nervenkampfstoffes aus der Nowitschok-Gruppe erbracht. Das erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Auf Veranlassung der Berliner Charité, wo Nawalny derzeit behandelt wird, hatte ein Spezial-Labor der Bundeswehr eine toxikologische Untersuchung anhand von Proben Nawalnys durchgeführt.
„Es ist ein bestürzender Vorgang, dass Alexej Nawalny in Russland Opfer eines Angriffs mit einem chemischen Nervenkampfstoff geworden ist“, erklärte Seibert. „Die Bundesregierung verurteilt diesen Angriff auf das Schärfste. Die russische Regierung ist dringlich aufgefordert, sich zu dem Vorgang zu erklären.“
Das Auswärtige Amt werde den Botschafter Russlands über die Untersuchungsergebnisse unterrichten und die Bundesregierung werde ihre Partner in EU und Nato darüber informieren. „Ferner wird die Bundesregierung mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) Kontakt aufnehmen“, erklärte Seibert.
Nawalny, der am 20. August auf einem Flug in seiner Heimat plötzlich ins Koma gefallen war und zunächst in Omsk untersucht wurde, wird auf Drängen seiner Familie in der Charité behandelt. Die deutschen Ärzte gingen nach einer Auswertung von klinischen Befunden bereits davon aus, dass Nawalny vergiftet wurde. Die russische Regierung mit Präsident Wladimir Putin hatte die Einschätzung als vorschnell bezeichnet. (dpa/AFP/frs) *Merkur.de gehört zum Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerk.