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Corona und die Folgen: Wird nun die erste Landtagswahl verschoben?

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Nach der Wahl von Kemmerich wurde die Auflösung des Parlaments mit einer Neuwahl im April verabredet. Doch Zweifel werden laut, ob das angesichts der Corona-Pandemie überhaupt machbar ist.


Erfurt/Stuttgart - Die für den 25. April anvisierte Neuwahl des Thüringer Landtages steht wegen der Corona*-Pandemie auf der Kippe. Mit Blick auf die hohen Infektionszahlen sprach sich die Grünen-Fraktion dafür aus, eine Verschiebung der Parlamentsauflösung und damit der Neuwahl ins Auge zu fassen. Angesichts der Lage sei es ein „Gebot der Vernunft, auch über den bisher anvisierten Neuwahltermin neu nachzudenken“, sagte Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich am Montag.

Auch der SPD*-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey äußerte sich skeptisch, dass der angepeilte Neuwahltermin noch eingehalten werden kann. „Ich habe keinen Zweifel am Sinn einer Neuwahl im April, aber ich habe erhebliche Zweifel an der Durchführbarkeit einer Landtagswahl. Und diese Zweifel wachsen mit jeder Neuinfektion im Land“, sagte Hey der Deutschen Presse-Agentur.

Neuwahlen in Thüringen in der Schwebe: Ramelow gibt sich skeptisch wegen Corona-Pandemie

Zuvor hatte sich bereits Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke*) in einem Interview im ZDF-„heute journal“ skeptisch geäußert, ob der 25. April als Wahltermin gehalten werden kann. Wenn im Januar und Februar keine Bewegung in die Infektionszahlen komme, „werden wir auch das mitentscheiden müssen“, sagte Ramelow. Alle Beteiligten müssten darüber nachdenken. 30.000 Wahlhelfer müssten geschützt werden. Ramelow betonte aber auch, dass ihn als Ministerpräsident die Entscheidung über den Wahltermin „im Moment nichts angeht“. Er wolle den Beratungen der Parteien in dieser Woche nicht vorgreifen. Das Virus nehme jetzt erst richtig Fahrt auf, sagte Ramelow. „Ich merke, dass bei mir in Thüringen gerade die Hütte brennt.“ 

Die Fraktions- und Landesvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, sagte, ihre Fraktion gehe mit der Position in die Beratungen, dass eine Abstimmung über die Auflösung des Landtages zunächst fristgerecht beantragt werden soll. Bleibe das Infektionsgeschehen so groß wie derzeit oder verschlechtere sich sogar, könne man diesen Antrag wieder zurückziehen. Für eine Neuwahl muss der Thüringer Landtag zunächst mit einer Zweidrittelmehrheit aufgelöst werden. Anschließend bleiben nur 70 Tage Zeit, um ein neues Parlament zu wählen - so sieht es die Landesverfassung vor. Die Abstimmung für eine Auflösung muss beantragt werden - dafür sind nur Stimmen von einem Drittel der 90 Landtagsabgeordneten nötig. Linke, SPD und Grüne kommen zusammen auf 42 Stimmen.

Corona-Pandemie in Thüringen: Inzidenzwert in kreisfreien Städten und Landkreisen über 200

Rothe-Beinlich wies darauf hin, dass der Inzidenzwert derzeit in allen kreisfreien Städten und Landkreisen Thüringens bei mehr als 200 Infektionen pro 100 000 Einwohnern binnen sieben Tagen liege. Sie und Hey gaben auch zu bedenken, dass nach einer Auflösung des Landtages die Kreisverbände aller Parteien, die zur Wahl antreten, zu Kreisversammlungen einladen müssten, um Delegierte zu wählen. Zudem müssten auf Landesparteitagen Listen aufgestellt werden.

„Wahlkampf lebt zudem von direkter Kommunikation mit den Bürger*innen. Und es braucht erfahrungsgemäß etwa 30 000 Wahlhelfer*innen, um eine Landtagswahl reibungslos durchführen zu können. All das ist derzeit nicht zu verantworten“, betonte Rothe-Beinlich. Die Vorsitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen sowie die Parteichefs von Linker, SPD, Grünen und CDU wollen sich am Donnerstag treffen, um über die Auflösung des Landtages und Neuwahlen zu beraten.

Auflösung des Landtages und Neuwahlen: Thüringer Regierungskrise nach Wahl Kemmerichs

Die vier Parteien hatten nach der Thüringer Regierungskrise mit der überraschenden Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich Anfang 2020 zum Ministerpräsidenten einen Stabilitätsmechanismus vereinbart, um im Landtag Mehrheiten bilden zu können. Seit der anschließenden Wahl von Bodo Ramelow (Linke) zum Ministerpräsidenten regiert in Thüringen eine Minderheitskoalition von Linke, SPD und Grünen, die auf Stimmen der CDU im Landtag angewiesen ist.

Die Stabilitätsvereinbarung beinhaltete aber auch, dass dieses Modell nach der Verabschiedung eines Haushalts ausläuft und die Beteiligten anschließend einer Auflösung des Landtages zustimmen, sodass am 25. April ein neuer Landtag gewählt werden kann. Den Haushalt für 2021 hatten die vier Fraktionen im Dezember verabschiedet.

Geplante Bundestagswahl am 26. September - CDU-Fraktion hält sich zu Thüringer Landtagswahl bedeckt

Für eine Verschiebung der verabredeten Parlamentsauflösung und damit der Neuwahl müssten sich die vier Fraktionen auch auf einen neuen Wahltermin einigen. Im Gespräch ist dem Vernehmen nach, zusammen mit Sachsen-Anhalt im Sommer zu wählen oder den Termin auf die geplante Bundestagswahl am 26. September zu legen. Die Grünen-Fraktion kündigte an, auch das Beibehalten des April-Termins mittragen zu wollen, sollte dies das Ergebnis der Verhandlungen sein.

Die CDU*-Fraktion hielt sich zunächst bedeckt. Fraktionschef Mario Voigt sagte: „Das, was verabredet ist, gilt.“ Die Linksfraktion habe aber Gesprächsbedarf signalisiert, weshalb man am Donnerstag über das weitere Vorgehen beraten werde.

Landtagswahl in Baden-Württemberg: Die Grünen schlagen eine Briefwahl vor

Auch in Baden-Württemberg wird über den Umgang mit der anstehenden Landtagswahl debattiert. Die Regierungspartei Die Grünen* schlägt dafür aktuell eine weitere Lösung vor. Die Grünen rufen die Bürger in ihrer Kampagne zur Landtagswahl offensiv zur Briefwahl auf. Man rechne mit vielen Briefwählern, das wolle man aufgreifen, sagte Landesvorsitzende Sandra Detzer am Montag bei der Vorstellung der Wahlkampagne des Landesverbands. „Das ist in der Pandemie eine sichere und pandemiekompatible Form der politischen Willensbekundung“, sagte Detzer.

Die Grünen wollen die Briefwahl unter anderem mit dem Slogan „Wähl doch wo du willst“ bewerben. Eine Instagram-Story soll unter dem Motto „Zeig uns dein persönliches Wahllokal“ ausgerollt werden - dort können Briefwähler selbst Fotos hochladen von den Orten, an denen sie ihr Kreuz machen. Die Grünen hatten im November die Hürden für die Briefwahl im Parlament senken wollen. Eine entsprechende Änderung des Landtagswahlgesetzes scheiterte aber am Widerstand der CDU.

„Wir nehmen an, dass die Briefwahl eine nie da gewesene Rolle spielen wird“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er sagte auf Nachfrage, dass er sich eine Verschiebung des Wahltermins auch im Falle einer weiterhin angespannten Corona-Lage nicht vorstellen könne. „Die Regeln, Wahltermine zu verschieben, sind extrem eng verfassungsrechtlich.“ Die Lage werde sich nicht ändern, nur weil man den Termin am 14. März nun zwei bis vier Wochen nach hinten schiebe. „Das werden wir nicht machen“, sagte Kretschmann. „Dazu wäre es auch viel zu spät.“ (dpa/afp) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

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