Letzte Exzesse vor drohendem Verbot? Münchner drehen mächtig auf: Polizei räumt Plätze - mit Spezialkräften
In ganz München gilt ein nächtliches Alkoholverbot, sobald eine Corona-Kennzahl den kritischen Wert überschreitet. Noch zieht es die Leute nach draußen.
- In München* gilt wohl bald ein nächtliches Alkohol-Verbot, um die Verbreitung des Coronavirus* einzudämmen.
- Das Verbot soll greifen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 35 erreicht.
- In der Nacht auf Donnerstag (27. August) haben einige Münchner vorsichtshalber noch einmal Gas gegeben.
Update, 27. August, 9.58 Uhr: Wie lange der nächtliche Alkoholgenuss auf Münchens Straßen noch möglich sein wird, ist unklar. Mit Spannung wird die tägliche Bekanntgabe der aktuellen Corona-Zahlen erwartet. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (27. August) ließen es einige Bewohner der Isar-Metropole noch einmal so richtig krachen. Die Stadt München fürchtet sich jetzt vor Wiesn-Fans, die den Oktoberfest-Anstich privat auf der Theresienwiese zelebrieren wollen.
Gegen 23.15 Uhr waren beim Notruf mehrere Anrufe von Anwohnern des Baldeplatzes eingegangen, die sich über Ruhestörungen durch überlaute Musik beklagten. „Vor Ort konnte tatsächlich eine größere Menschenmenge von über 30 Personen festgestellt werden, die über eine transportable Musikbox deutlich überlaute Musik hörte“, erklärt die Polizei München in ihrem Pressebericht. Platzverweise wurden in der Folge erteilt, die Beteiligten erwarten nun Anzeigen wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz.
Auch am Gärtnerplatz wollten einige Feierwütige keine Ruhe geben, die Polizei griff ein. Bei der Räumung beider Hotspots kamen auch Beamte des Unterstützungskommandos (USK) zum Einsatz.
In Corona-Zeiten ist vieles anders - auch bei Münchens Schwimmern. Jetzt gibt es Ärger im Dantebad. Eine Lehrerin ist empört.
Party bald vorbei? München plant Alkoholverbot - wir erklären die Folgen - „spürbare“ Strafen drohen
Update, 25. August, 18.09 Uhr: Jetzt ist es offiziell: Die Stadt untersagt ab 21 Uhr den Verkauf alkoholischer Getränke zum Mitnehmen, der Konsum im öffentlichen Raum wird ab 23 Uhr verboten – allerdings nur dann, wenn die Infektionszahlen dramatisch weiter steigen. Die Verbote freuen vor allem die Anwohner am Gärtnerplatz. Die hatten sich mehrfach über die Corona-Partys beklagt! Wir erklären, wie es nun weitergeht.
In München bittet Ministerpräsident Markus Söder zu einem nicht ganz alltäglichen Termin. Wichtige Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie sollen bewertet werden.
Wann kommen die Verbote? Wenn der Sieben-Tage-Inzidenz-Wert über 35 steigt, ist die Party vorbei. Er liegt seit Dienstag bei 27,93 (86 neue Infizierte). Das bedeutet: Innerhalb einer Woche haben sich im Schnitt pro Tag 27,93 Menschen je 100 000 Einwohner mit der Lungenkrankheit angesteckt. Steigen die Zahlen so weiter, könnte am Wochenende die 35er-Marke erreicht werden.
Wer kontrolliert das Verbot? OB Dieter Reiter (SPD) wird eine Allgemeinverfügung erlassen. Polizei und Kommunaler Außendienst können die Einhaltung kontrollieren. Ein Bußgeldkatalog wird noch ausgearbeitet. Die Strafen sollen dem Vernehmen nach aber spürbar sein. Zum Vergleich: Allein das Nichttragen einer Maske soll bald 250 € kosten.
Gibt es Alternativen? Noch nicht, aber bei der SPD gibt es Ideen. Stadträtin Lena Odell sagt: „Wir setzen uns für dezentrale Lösungen ein.“ Vorstellbar seien Plätze für kleinere Gruppen. „Eine Füllstandsanzeige für besonders beliebte Orte kann dabei helfen. Und auch für den Winter wollen wir Perspektiven schaffen, etwa in den Messehallen.“
Was sagt die Politik? OB Dieter Reiter (SPD) erklärt: „Die Entscheidung ist uns allen nicht leichtgefallen. Es geht aber in Zeiten der Pandemie zuallererst um den Schutz der Bevölkerung und darum, noch wesentlich belastendere Maßnahmen möglichst zu vermeiden.“ Grüne, CSU und FDP sehen das ähnlich. - Sascha Karowski
Corona in München: Drastische Beschränkungen beschlossen - sie treten noch nicht in Kraft
Update, 25. August, 13:53 Uhr: Wie bereits angekündigt, haben die Fraktionen im Münchner Rathaus mit breiter Mehrheit teils drastischen Maßnahmen zugestimmt, um eine weitere Zunahme der Corona Infektionen möglichst einzudämmen.
Mit dem Erreichen der Inzidenzzahl von 35, also einer Infektion von 35 Personen je 100.000 Einwohner über einen Zeitraum von 7 Tagen, sollen ab nun ein Alkoholverkaufsverbot (To Go) ab 21 Uhr sowie ein Alkoholkonsumverbot ab 23 Uhr im öffentlichen Raum glten.
Wegen Anstieg der Corona-Zahlen in München: Maßnahmen beschlossen - Alkoholverkauf nur noch eingeschränkt
Oberbürgermeister Dieter Reiter erklärte dazu in einem Statement: „Die Entscheidung ist uns allen nicht leichtgefallen. Es geht aber in Zeiten der Pandemie zuallererst um den Schutz der Bevölkerung und darum, noch wesentlich belastendere Maßnahmen möglichst zu vermeiden.“
Außerdem soll Oberbürgermeister Reiter die Verwaltung beauftragt haben, die Situation am Gärtnerplatz, insbesondere die Toilettensituation zu verbessern. Ob bei einem weiteren starken Anstieg der Corona-Zahlen bald auch ein Betretungsverbot für Plätze wie den Gärtnerplatz oder den Wedekindplatz kommen soll, dazu ließ die Stadt München bislang nichts weiter verlauten.
Am Montag lag die Inzidenzzahl in München bei 30,92. Gut möglich also, dass der erste kritische Wert bereits am heutigen Dienstag (25. August) überschritten wird.
Erstmeldung vom 24. August, 19.30 Uhr
München - Vorstellbar ist, dass der Verkauf von alkoholischen Getränken zum Mitnehmen ab 21 oder 22 Uhr in München in Bälde untersagt wird, der Konsum im öffentlichen Raum ab 23 Uhr. Nach Informationen unserer Zeitung geht das Referat für Gesundheit und Umwelt davon aus, dass die 35er-Marke spätestens am Mittwoch erreicht wird. Am Montag meldete die Stadt bereits einen Wert von 30,92, am Sonntag gab es 41 neue Corona-Infizierte.

Corona München: Ab Sieben-Tage-Inzidenz von 50 könnten drastischere Maßnahmen folgen
Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 könnten sogar drastischere Maßnahmen folgen, etwa ein Betretungsverbot für gewisse Orte. Sobald die Fraktionen sich geeinigt haben, wird OB Dieter Reiter (SPD) eine Anordnung erlassen, das Verbot wäre damit rechtens, Polizei und Kommunaler Außendienst könnten die Einhaltung kontrollieren. SPD-Vize Christian Vorländer sagt: „Es ist jetzt notwendig, dass wir handeln. Die Zahlen sind gelinde gesagt besorgniserregend. Es geht um die Gesundheit aller.“
Ursprünglich war der Runde Tisch lediglich wegen der Partys am Gärtnerplatz einberufen worden. Allerdings wären bei einem lokalen Verbot die Feiernden dann wohl einfach weitergezogen. Und: „Auch an der Isar, im Englischen Garten und an vielen anderen Plätzen in der Stadt, werden oft die Abstandsregeln vernachlässigt und damit Ansteckungen in Kauf genommen“, sagt OB Reiter.
München: Alkoholverbot wegen Corona-Hotspots? OB Reiter spricht Klartext
„So sehr ich Verständnis dafür habe, dass die Menschen den Sommer draußen an der Isar oder auf unseren Plätzen mit Freunden verbringen möchten, so wenig Verständnis habe ich dafür, wenn dadurch andere gefährdet werden. Gleichzeitig muss uns bewusst sein, dass bei weiter steigenden Infektionszahlen auch eine Einschränkung des Schul- und Kitabetriebs droht. Dies will ich unbedingt vermeiden.“
Corona: Ministerpräsident Söder unterstützt die Bemühungen Münchens
Grünen-Vize Dominik Krause kann sich ebenfalls ein Verbot vorstellen. „Wir sind eigentlich keine Verfechter von Alkoholverboten. Aber mit Blick auf die Bekämpfung der Pandemie kann das ein wichtiger Baustein sein.“ CSU-Chef Manuel Pretzl hat sich am Montag bereits für ein Verkaufsverbot ab 21 Uhr und ein Konsum-Verbot ab 23 Uhr ausgesprochen. „Wir wollen die Eltern und Kinder sowie die Wirtschaft schützen. Schul- und Kitaschließungen sowie die Schließung von Gaststätten wären fatal und träfen große Bevölkerungsgruppen nachhaltig.“ Diese Maßnahmen würden drohen, wenn der Sieben-Tage-Inzidenz-Wert über die 50er-Marke steigt.
Rückendeckung kam von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). „Ich unterstütze die Bemühungen Münchens. Das Verbot hat sich in Bamberg bewährt. Das Modell sollte man auch anderswo überlegen.“ Unterstützer einer Online-Petition haben neben dem Gärtnerplatz nun einen weiteren „Brennpunkt der Stadt“ ausgemacht. S. Karowski, M. Schier