CSU sortiert sich für neuen Landtag - Seehofer-Rückzug immer wahrscheinlicher

Parallel zu den Koalitionsverhandlungen formiert sich die Spitze des Landtags. Die CSU, die mit Ilse Aigner die designierte Landtagspräsidentin stellt, einigte sich gestern Nachmittag auf Karl Freller (62) als Vizepräsidenten.
München – Der Nürnberger setzte sich in der Fraktion mit 74 Prozent gegen Angelika Schorer aus Kaufbeuren durch. Der wegen einer Belastung in der Abgeordnetenaffäre aufgefallene Fraktionsvize Alexander König verzichtete auf eine Kandidatur.
Das Landtagspräsidium ist bisher ein eher abseits der Tagespolitik stehender Zirkel. Es rückt mit dem Landtags-einzug der AfD in den Mittelpunkt. Wer die Sitzungen leitet, wie streng, welche Sanktionen bei Störungen ausgesprochen werden, könnten wichtigere Fragen werden.
Voraussichtlich wird jede Fraktion einen Vizepräsidenten stellen – das größte und teuerste Präsidium in der Landtagsgeschichte. Neben Freller wären das voraussichtlich Markus Rinderspacher (SPD), Thomas Gehring (Grüne), Wolfgang Heubisch (FDP) und Uli Henkel (AfD). Die Freien Wähler einigten sich gestern nicht auf einen Kandidaten. Ihr Problem: Viele Abgeordnete hoffen gleichzeitig auf einen Posten als Minister oder Staatssekretär.
Offiziell im Amt sein wird das neue Landtagspräsidium mit der ersten („konstituierenden“) Sitzung des Parlaments am 5. November. Bis dahin kann die neue Koalition schon ausverhandelt sein, muss aber nicht. Die CSU einigte sich zudem auf Tobias Reiß als Parlamentarischen Geschäftsführer.
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Indizien für Seehofer-Rückzug mehren sich
Unterdessen mehren sich die Indizien für einen Rückzug des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer. In der Partei wird ein Termin für einen Sonder-Wahlparteitag gehandelt: der 1. Dezember, Messe München. Vorher werde mit Seehofers Rücktritt gerechnet, heißt es von Bezirksvorsitzenden. Ob nur als CSU-Vorsitzender oder auch als Innenminister, ist offen.
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Die Junge Union hat vorab zu zwei Basiskonferenzen geladen, auf denen der Frust rausgelassen werden darf. Am Freitag auf Kloster Banz und am Mittwoch in München treffen sich JU-Mitglieder. Sie dürften hinter den Kulissen auch über die Nachfolge reden. Im Gespräch sind Markus Söder – Ende der Doppelspitze – und der liberal-moderate Europapolitiker Manfred Weber. Beide reißen sich nicht ums Amt. Söder müsste gleichzeitig die Koalitionen in München und Berlin führen, jeweils eine mehr als tagesfüllende Mission. Weber braucht den Parteivorsitz nicht fürs Ziel, EU-Kommissionspräsident zu werden.
Weber äußert sich vorerst eher orakelhaft. Es sei heute nicht mehr undenkbar, dass Spitzenvertreter einer Partei auch in Brüssel arbeiteten. Seehofer sei als CSU-Chef bis 2019 gewählt, sagte er der Wochenzeitung „Die Zeit“. Klar sei aber auch, dass es in der CSU „nach drei sehr schwierigen Wahlergebnissen kein Weiter so“ geben könne. Weber bezieht das ausdrücklich auf den Kurs der Partei: „Leider gibt es in der CSU manche, die geglaubt haben, dass man die AfD klein kriegt, indem man ähnliche Sprüche macht“, kritisierte er.