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Türkei-Coup? Erdogan verkündet "neue Ära" - dann gibt die Lira nach

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Präsident Recep Tayyip Erdogan schreitet eine Ehrenformation des türkischen Militärs ab
Recep Tayyip Erdogan schreitet eine Ehrenformation des türkischen Militärs ab. Am Freitag verkündet der türkische Präsident eine „neue Ära“. © picture alliance/Uncredited/Turkish Presidency/AP Pool/dpa

Die Türkei sucht mit aller Macht Rohstoffe. Nun hat Recep Tayyip Erdogan eine „neue Ära“ angekündigt - doch die Reaktionen fallen böse aus. Auch Streit um eine weitere Kirchenumwandlung droht.

Istanbul/Paris - Seit Monaten sorgt die türkische Suche nach Erdgas im Mittelmeer für Streit. Auch im Bundeskanzleramt und im Elyseepalast stößt das Vorgehen der Regierung von Recep Tayyip Erdogan auf Beunruhigung. Die Situation im östlichen Mittelmeer sei sehr kritisch, betonte die Kanzlerin am Donnerstag nach einem Treffen mit Emmanuel Macron. Zuvor hatte Angela Merkel öffentlichkeitswirksam geschlichtet. Doch am Freitag wartete Erdogan mit Neuigkeiten auf, die die Lage verändern könnten.

Ob sie das tun werden, ist unklar; Experten zweifeln. Fakt scheint: Die Türkei ist bei ihrer Suche nach Rohstoffen auf Erdgasvorkommen gestoßen. Und zwar nicht im Mittelmeer, sondern im Schwarzen Meer. „Die Türkei hat die größte Erdgasentdeckung ihrer Geschichte im Schwarzen Meer gemacht“, sagte Erdogan, der inzwischen erneut Drohungen gegen Griechenland losließ, am Freitag in Istanbul.

Das Bohrschiff Fatih habe ein Vorkommen mit 320 Milliarden Kubikmetern entdeckt, erklärte er. Ziel sei es, das Land im Jahr 2023 mit Gas aus dem Vorkommen zu versorgen, so Erdogan. Für Fachkundige werfen die Funde aber vor allem Fragen auf.

Erdogan verkündet „neue Ära“ - doch Experten sind skeptisch: Türkische Lira gibt nach

Auch die Märkte scheinen nicht überzeugt: Die türkische Lira gab nach der Ankündigung nach. Vorherige Gewinne gingen vollständig verloren. Auch die Aktienmärkte sind unter Druck geraten. Händlern zufolge waren die Märkte unzufrieden, weil die doppelte Menge an Erdgas erwartet worden war. Am Mittwoch hatte Erdogan angekündigt, am Freitag „gute Nachrichten“ verkünden zu wollen, mit denen die Türkei sich in eine „neue Ära“ begebe.

Der türkische Energieexperte Necdet Pamir sagte, es sei zu früh, die Größe des Vorkommens verlässlich anzugeben - was Erdogan kurz zuvor getan hatte. „Das braucht monatelange Arbeit.“ Hohe Erwartungen könnten in Enttäuschung enden.

Mit den neuen Funden könne die Türkei unter Umständen einen Teil ihres eigenen Bedarfs decken, sagte Simon Schulte vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln. „Zunächst ist aber die Frage, was kostet die Erschließung und Förderung des Gases da? So eine Entwicklung im Schwarzen Meer ist schwierig“, sagte Schulte. Er verwies auf einen großen Fund Rumäniens in der Nähe des jetzigen Fundortes im Jahr 2012. Der sei bis heute noch nicht vollständig entwickelt.

Türkei: Erdgas-Streit mit der EU - Griechenland und Zypern in Aufruhr

Die Türkei muss angesichts eines Mangels an eigenen Energiereserven einen Großteil des Bedarfs importieren. Sie ist einer der größten Abnehmer für russisches Erdgas. Das türkische Bohrschiff „Fatih“ bohrt seit dem 20. Juli in der sogenannten Tuna-1-Zone im Schwarzen Meer. Die Türkei sucht auch im östlichen Mittelmeer nach Erdgasvorkommen, liegt dort aber mit Anrainern wie Zypern oder Griechenland über Kreuz.

Die Europäische Union hatte die türkische Regierung erst am Sonntag aufgefordert, die Suche nach Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer „unverzüglich“ einzustellen. Kurz zuvor hatte die türkische Marine angekündigt, die umstrittenen Bohrungen zur Erkundung von Gasvorkommen in der kommenden Woche vor der Südwestküste Zyperns fortzusetzen.

Griechenland und Zypern sehen die Erkundungen türkischer Schiffe in ihren Hoheitsgewässern als Verstoß gegen ihre Souveränität. Ankara hingegen besteht darauf, dass auch der Türkei als Küstenstaat im Mittelmeer Teile der Gasvorkommen zustehen.

Erdogan lieferte am Freitag unterdessen weiteren Zündstoff für die angespannten Beziehungen mit der EU: Mehrere Wochen nach der Umwandlung der Hagia Sophia ist nun auch die ehemalige Chora-Kirche in Istanbul eine Moschee. Das 1945 zum Museum erklärte Gebäude werde für das islamische Gebet geöffnet, hieß es in einem am Freitag veröffentlichten Dekret. Die Geschichte des Baus reicht offiziellen Angaben zufolge bis ins 6. Jahrhundert zurück und ist besonders wegen seiner Fresken und Mosaike eine beliebte Touristenattraktion.

Athen kritisierte die Entscheidung scharf: „Es ist noch eine Provokation der internationalen Gemeinschaft, die die Monumente der Kultur der Menschheit respektiert“, erklärte das griechische Außenministerium am Freitag. (dpa/AFP/fn)

Das angespannte Verhältnis zwischen der Türkei und Griechenland wird auch beim EU-Außenminister-Treffen ein wichtiges Thema sein, wie bereits im Voraus angekündigt wurde.

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