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Söders Lieblingsprojekt verfassungswidrig? Gericht prüft schwere Grenzpolizei-Vorwürfe - Urteil bleibt vorerst offen

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Von: Florian Naumann

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Ministerpräsident Markus Söder blickt bei einem Besuch der bayerischen Grenzpolizei in Kirchdorf durch ein Nachtsichtgerät.
Markus Söder 2018 zu Besuch bei der Grenzpolizei - es handelt sich übrigens nicht um ein verschlossenes Fernglas, sondern um ein korrekt angewendetes Nachtsichtgerät. © Lino Mirgeler/dpa

Die bayerische Grenzpolizei ist eigentlich ein Lieblingsprojekt der CSU. Doch jetzt ist sie ein Fall für den Verfassungsgerichtshof. Die Partei zürnt gegen die Grünen.

Update 13.55 Uhr: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beschäftigte sich am Montag mit der Corona-Krise - und nicht mit dem Fortgang der Gerichtsverhandlung über sein Lieblingsprojekt Grenzpolizei. Verpasst hat der CSU-Chef aber nichts: Der Bayerische Verfassungsgerichtshof wird erst am 28. August eine Entscheidung treffen. Das gab Gerichtspräsident Peter Küspert am Montag nach der mündlichen Verhandlung bekannt.

Geklagt hatten die Grünen. Sie sehen in der Wiedereinführung der Grenzpolizei vor zwei Jahren einen schweren Verfassungsverstoß - für die Kontrolle der deutschen Außengrenzen sei allein die Bundespolizei zuständig. „Für uns ist es eine verfassungsrechtliche Herzensangelegenheit“, sagte der Landtagsabgeordnete Jürgen Mistol am Montag.

Grenzpolizei: Söders Lieblingsprojekt verfassungswidrig? Gericht prüft schwere Vorwürfe - CSU ätzt gegen Grüne

Erstmeldung: München - Sie ist eines der Lieblingsprojekte der bayerischen Staatsregierung von Markus Söder (CSU) - doch jetzt muss sie auf den höchstrichterlichen Prüfstand: Die Grenzpolizei. Am Montagvormittag (10. August) befasst sich der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit den Grenzhütern des Freistaats. Auf den Weg gebracht haben die Klärung die Landtags-Grünen.

Bayerns Grenzpolizei: Verfassungsgericht prüft CSU-Lieblingsprojekt - Abgeordneter wettert heftig gegen Grüne

Sie sehen unter anderem Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Außerdem kritisieren sie die Zuständigkeit der
Grenzpolizei, denn sie hat - wenn sie grenzpolizeiliche Aufgaben des Bundes wahrnimmt - nicht nur landesrechtliche Befugnisse, sondern auch bundesrechtliche, beispielsweise bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs.

Die CSU sieht die Lage naturgemäß anders. Die Regierungspartei ließ keinen Zweifel, dass sie mit einem klaren Ergebnis rechnet. „Für uns steht fest: Sie ist verfassungsgemäß und noch dazu ein Erfolgsmodell“, hieß es in einem am Montagmorgen abgesetzten Tweet der CSU-Landtagsfraktion. Der Abgeordnete Thomas Reiß erhob gar schwere Vorwürfe gegen die Grünen: Die Klage zeige, dass der Partei „die Sicherheit unserer Bürger nicht am Herzen liegt“, wetterte er.

Der Landtags-Grüne Jürgen Mistol erklärte hingegen via Kurznachrichtendienst, er sei „optimistisch". Bereits 2018 hatte die Bundestagsfraktion der Partei ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben - nachdem der Einsatz verfassungswidrig ist.

Bayerns Grenzpolizei Thema für Verfassungsgerichtshof - Comeback vor fast genau zwei Jahren

Tatsächlich geht Bayern mit der Grenzpolizei einen umstrittenen Sonderweg. Sie war bereits 1948 eingeführt und unter anderem für die Kontrollen an Grenzübergängen und Flughäfen in Bayern eingesetzt worden. 50 Jahre später, nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zur ehemaligen DDR, der Aufhebung der Kontrollen an der Grenze zu Österreich und der Aufweichung der Grenzsituation nach Tschechien wurde sie aufgelöst.

Knapp ein weiteres Vierteljahrhundert später feierte sie ein Comeback: Zum 1. August 2018 wurde sie im Zuge der Diskussion um Zuwanderung von Flüchtlingen etwa über die Balkanroute als Teil der Landespolizei wieder eingeführt - noch bevor die CSU mit der Landtagswahl 2018 ihre absolute Mehrheit verlor. Und trotz anfänglicher Streitigkeiten ausgerechnet mit Horst Seehofers Bundespolizei. Die Grenzpolizei umfasste zunächst rund 500 Beamte. Bis 2023 plant das Innenministerium mit 1000.

Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist der Sonderweg ein Erfolg. Seit der Wiedereinführung der bayerischen Grenzpolizei seien die Fahndungserfolge deutlich nach oben gegangen, sagte er zu Jahresbeginn. 2019 seien nach erfolgreichen Fahndungen bayerischer Grenzpolizisten 785 Haftbefehle ausgestellt und 61 Wiedereinreisesperren verhängt worden, sagte Herrmann. Beim Herausfischen gefälschter Pässe lag die Zahl 2019 sogar um fast 60 Prozent höher als 2017. Weniger beeindruckende Zahlen waren einen Monat nach Start der Grenzpolizei durchgesickert.

Markus Söder selbst widmet sich am Montagvormittag anderen Fragen: Er hat angesichts der aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie eine virtuelle Kabinettssitzung einberufen. (dpa/fn)

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