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CDU „wahre Klimaschutzpartei“? Nach Spahn-Satz lässt Energie-Expertin ihrer Abneigung freien Lauf

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Moderator Markus Lanz im Gespräch mit dem ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Moderator Markus Lanz im Gespräch mit dem ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). © Markus Hertrich/ZDF

Markus Lanz fühlt dem ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn in Sachen überteuerter Maskendeals und Tests auf den Zahn. Außerdem geht es um Verfehlungen der Klimapolitik.

Hamburg - Seine Überraschung verhehlt Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der er an diesem Donnerstagabend von Moderator Markus Lanz zur Corona-Politik in die Zange genommen wird, nicht. „Ich weiß nicht genau, worauf Sie gerade hinauswollen“, entgegnet Spahn angesäuert, als Lanz ihm eine Corona-Schlappe nach der nächsten vorlegt.

An anderer Stelle deutet der CDU-Politiker an, dass er sich offenkundig mit falschen Tatsachen in die Sendung gelockt fühlt. „Ich bin wegen der Klimapolitik eingeladen worden“, moniert Spahn und fügt hinzu: „Hätten Sie mir vorher gesagt, dass wir über das Thema sprechen, dann hätte ich mich noch einmal etwas besser in den Sachverhalt hineindenken können“, kritisiert er. Und kann sich dann eine süffisante Bemerkung in Richtung Lanz nicht verkneifen: „Ich kenne Sie ja auch …“

Markus Lanz versucht den gereizten Politiker mit Charme zu besänftigten: „Ich will Ihnen das nicht zum Vorwurf machen“, erklärt Lanz mehrfach, „ich will es nur verstehen.“ Doch auch dieser Satz bringt Spahn auf die Palme. „Wie hätten Sie denn gehandelt, Herr Lanz?“, blafft er schließlich. Der Moderator reagiert gelassen, seine Aufgabe sei es als Journalist, Fragen zu stellen, so Lanz. Um Klimapolitik geht es später auch - allerdings bekommt Spahn auch da gehörig sein Fett weg.

„Markus Lanz“ - diese Gäste diskutierten mit:

Doch zunächst geht es ausführlich um die Politik während der Corona-Pandemie: Lanz nimmt sich vor dem Hintergrund aktueller Schlagzeilen vor allem den überteuerten und übermäßigen Einkauf von Millionen Masken zu mehreren Euro pro Stück vor. 14 Millionen dieser teuer eingekauften Masken würden zudem nun aufgrund des abgelaufenen Haltbarkeitsdatums vernichtet. Lanz kritisiert außerdem die „extrem hohen Preise“ von über 50 Euro, die für einen einzigen Corona-Test vom Gesundheitsministerium gezahlt worden seien. Lanz‘ unverhohlen vorgetragener Vorwurf: schlechte Verhandlungen des Ministeriums und Verschwendung von Steuergeldern in Milliardenhöhe.

Journalistin fordert mehr Kontrolle im Gesundheitswesen: „Der Lobbyismus ist hart“

Für jemanden, der sich „wie kaum ein anderer“ so gut mit deutscher Gesundheitspolitik auskenne, formuliert Lanz salomonisch, sei es überraschend, wie diese enorme Verschwendung von Steuergeldern möglich gewesen sein können. Der Lobbyismus der Gesundheitswirtschaft sei „hart“, betont RND-Journalistin Eva Quadbeck. „Jede kleine Lücke“ werde da ausgenutzt, um in dem inzwischen gigantischen Wirtschaftsmarkt ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Mehr Kontrolle hätte obligatorisch sein müssen.

Mit Lobbyismus kennt sich der CDU-Politiker aus, der seit Beginn seiner politischen Karriere in Vereinen mit deutsch-amerikanischen Partnerschaften aktiv war. Und Spahns Ehemann Daniel Funke ist Medien-Lobbyist. Man werde sich „viel verzeihen“ müssen, hatte Spahn selbst in Bezug auf politische Entscheidungen in der Phase der Pandemie öffentlich gesagt und damit den Anschein einer gewissen Offenheit für Fehleranalyse erweckt.

Jens Spahn nennt CDU „wahre Klimaschutz-Partei“ - da platzt Expertin der Kragen

Doch bei Lanz reagiert Spahn in erster Linie gereizt und verweist auf die angespannte Lage und den hohen Erwartungsdruck während der Pandemie: „Man muss sich immer vor Augen halten, in welcher Zeit wir leben“, so Spahn und tut sich damit keinen Gefallen. Auch Sätze wie: „Ich habe mir eigentlich vorgenommen, nichts mehr zum Gesundheitssystem zu sagen“ verstärken eher das Misstrauen.

Auch beim Thema Klima kann Spahn zumindest in der Runde nicht punkten. Das liegt vor allem an Aussagen wie diesen: „Alle Entscheidungen, die mit Klimaschutz in Deutschland zu tun haben, sind christlich-demokratisch geführt. Das geltende Klimaschutzgesetz ist von der Union gemacht worden.“ Oder: „Wir sind schon immer und auch in Zukunft die wahre Klimaschutz-Partei.“

Markus Lanz: In Bezug auf die Energiepolitik der Großen Koalition gibt Jens Spahn Fehler zu

Die Energie-Expertin Prof. Claudia Kemfert kann weder ihre Abneigung gegenüber der CDU noch ihre inhaltliche Empörung verhehlen. „Das ist ja wirklich ein Witz“, ruft sie aus. Die Energiewende sei „von der CDU massiv ausgebremst“ worden. Als Konsequenz habe Deutschland nun eine „gigantische Energiekrise“. Unter anderem hätten die „Knebelverträge mit Russland“, die die unionsgeführte Koalition geschlossen habe, und die „verschleppte Energiewende“ zu Kosten von „300 Milliarden Euro“ geführt. Kemfert ist sichtlich angefasst: „Wir haben immer vor der russischen Abhängigkeit gewarnt. Sie haben es trotzdem getan.“ Sie fordert Verantwortung von der Union: „Sie haben so viele Fehler gemacht, die aufgearbeitet werden müssen!“.

Spahn ist nicht ganz überzeugt. Der Grund für die Krise sei „die Energiewende“, wendet er ein. „Gas“ sei als „Brücke“ gedacht gewesen. Doch er lässt auch Kritik zu, vor allem in Bezug auf die Haltung zu Russland und den Nord-Stream-Pipelines, gesteht Spahn: „Ja, es sind Fehler gemacht worden. Das akzeptiere ich.“ Moderator Markus Lanz honoriert das Eingeständnis und will Spahn nicht als Opferlamm aus der Sendung gehen lassen, bricht am Ende eine Lanze für den Spitzenpolitiker: „Lassen Sie uns zum Schluss festhalten, dass die Schuld nicht bei Herrn Spahn liegt. Er war Gesundheitsminister.“ Lanz schließt mit den Worten: „Ich würde sagen: Liebe und Harmonie am Ende dieser Sendung.“ Spahn blickt mit eiserner Miene.

Fazit des „Markus Lanz“-Talks

Spahn war offensichtlich nicht gebrieft worden, was Markus Lanz da mit ihm vorhat. Schon bei der Einleitung schaute er verdutzt, als Lanz, der Klimapolitisches angekündigt hatte, plötzlich die Coronapolitik auf den Plan hob. Auch wenn Spahn nicht zur Aufklärung beitragen wollte oder konnte, waren seine Reaktionen vielsagend. (Verena Schulemann)

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