Nach Nawalny: Nächster Putin-Kritiker schwer verletzt – erschreckende Bilder aufgetaucht
Der Fall Nawalny sorgte nicht nur in Russland für bange Fragen. Nur wurde ein weiterer Putin-Kritiker schwer verletzt. Der Kreml sieht keinen Zusammenhang.
Update vom 1. September, 17:05 Uhr: Russische Behörden haben das Konto einer Oppositionellen und Verbündeten von Alexej Nawalny massiv überzogen, um eine gegen sie verhängte Geldstrafe von 34 Millionen Rubel (rund 390.000 Euro) einzutreiben. Auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter teilte Ljubow Sobol am Montag ein Foto ihres Bankkontos, das nun tief im Minus ist. Das Vorgehen der Gerichtsvollzieher stehe im Zusammenhang mit einem Prozess gegen die Anti-Korruptionsstiftung FBK des bekannten Kreml-Kritikers Nawalny, der derzeit in der Berliner Charité im Koma liegt. „Ich hatte nie derartige Summen auf meinen Konten“, schrieb Sobol. „Wie ist euer Montagmorgen so?“, kommentierte sie ein Bildschirmfoto ihres Kontostands.
FBK, Nawalny und Sobol waren im vergangenen Jahr wegen Verleumdung zu einer Schadenersatzzahlung von insgesamt 88 Millionen Rubel an die Catering-Firma Moskowskj Schkolnik (Moskauer Schüler) verurteilt worden, die laut Medienberichten mit dem Kreml-nahen Geschäftsmann Jewgeni Prigoschin in Verbindung steht. Die Anti-Korruptionsstiftung hatte dem Unternehmen vorgeworfen, ein Monopol zu schaffen und schlechtes Essen an Moskauer Schulen zu liefern. Sobol arbeitete als Juristin für FBK.
Prigoschin hatte in der vergangenen Woche angekündigt, Sobol und Nawalny zu ruinieren. Er gab an, zu diesem Zweck die 88 Millionen Rubel an das Unternehmen überwiesen zu haben, so dass Nawalny und Sobol die Strafe nun ihm persönlich schulden würden. Laut Medienberichten finanziert Prigoschin auch die berüchtigte russische Söldnergruppe Wagner. Er selbst bestreitet das.
Nawalny hatte FBK im Juli geschlossen, um die Strafzahlung zu vermeiden. Sobol vertritt den bekannten Oppositionellen als Anwältin und verwaltet dessen Youtube-Kanal. (afp)
Nach Nawalny: Nächster Putin-Kritiker schwer verletzt – Nawalny noch im Koma
Moskau - Der russische Kreml-Kritiker Alexej Nawalny liegt nach einer mutmaßlichen Vergiftung im Koma (das Ergebnis der toxikologischen Untersuchung liegt inzwischen vor)- nun ist im Land von Präsident Wladimir Putin ein weiterer Regierungskritiker attackiert worden. Der Aktivist und Journalist Jegor Schukow erlitt bei einem tätlichen Angriff offenbar schwere Verletzungen.
Der 22-Jährige musste wegen Platzwunden im Gesicht und wegen des Verdachts auf ein Schädel-Hirn-Trauma in ein Krankenhaus, wie der Radiosender Echo Moskwy am Montag berichtete. Schwere innere Verletzungen habe er jedoch nicht erlitten, teilte Schukows Team mit. Er sei mittlerweile wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden.
Nach Nawalny nun Schukow: Putin-Kritiker zusammengeschlagen - Kreml sieht keinen Zusammenhang
Schukow, der in Russland ein bekannter Blogger ist, arbeitet für den kremlkritischen Sender Echo Moskwy, nachdem ihm die Justiz verboten hatte, selbst weiter einen Videokanal im Internet zu betreiben. Seine Sendungen haben hohe Einschaltquoten. So interviewte Schukow auch den Oppositionsführer Nawalny, der aktuell wegen seiner schweren Vergiftungserscheinungen in Berlin in der Charité behandelt wird.
Der Kreml sieht offiziell keinen Zusammenhang zwischen dem Fall Nawalny und dem Angriff auf den Blogger. „Wir wissen nicht, wer Schukow attackiert hat, wir wissen auch nicht warum“, sagte Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. „Wir hoffen, dass die Verantwortlichen gefunden und bestraft werden.“
Russland: Unbekannte lauern Kreml-Kritiker Schukow auf - Bilder der Verletzungen auf Instagram veröffentlicht
Schukows Team veröffentlichte in den sozialen Netzwerken Bilder von den Verletzungen. Demnach wurde weiter auf den Kopf des jungen Mannes eingeschlagen, nachdem er schon zu Boden gefallen war. Zwei unbekannte Männer sollen dem Aktivisten am Sonntag nach einer Sendung vor seiner Wohnung aufgelauert und ihn dann zusammengeschlagen haben.
Die Polizei in Moskau hat nach eigenen Angaben Ermittlungen eingeleitet. Schukows Team zufolge hatten Unbekannte bereits vor einem Monat versucht, ihn vor seiner Haustür zu attackieren. Er habe damals aber fliehen können. Es habe mehrfach Drohungen gegeben.
Putins Russland: Immer wieder Angriffe auf Andersdenkende - Schukow sprach von Plänen für Präsidentschaft
Immer wieder kommt es in Russland zu schweren Angriffen auf Andersdenkende*,die kaum je aufgeklärt wurden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte auch deshalb unlängst das deutsch-russische Verhältnis als angespannt bezeichnet. Schukow hatte auch einmal gesagt, dass er russischer Präsident werden wolle. Er gilt als talentierter und extrem schlagfertiger politischer Redner. Er ist ein Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin und steht beispielhaft für eine Politisierung der Jugend in Russland.
Schukow war im vorigen Jahr als Student auch bei Oppositionsprotesten in Erscheinung getreten. Er saß deshalb erst im Gefängnis, dann über Wochen im Hausarrest. In dieser Zeit gab es in Moskau viele Solidaritätsaktionen. Ein Gericht verurteilte ihn im Dezember zu drei Jahren Haft auf Bewährung und untersagte ihm, für zwei Jahre eigene Webseiten im Internet zu betreiben. Der Sender Echo Moskwy nahm ihn danach in die Redaktion auf.
Schukow und Nawalny: Angriffe auf Kritiker in Russland - Opfer hatte mit Rede Schlagzeilen gemacht
Schukows Schlussplädoyer vor Gericht galt als eine der im vergangenen Jahr am meisten diskutierten Reden in Russland. Er warf darin der Führung in Moskau vor, dass sie die „Entmenschlichung“ als einzige Sozialpolitik konsequent verfolge und die Autokratie die einzige „traditionelle Institution“ sei, die der Staat „ehrt“.
Der 22-Jährige hatte Politikwissenschaft an der renommierten Higher School of Economics in Moskau studiert. Zum neuen Semester wollte er seinen Master in Filmkunst machen. Er habe zunächst eine Zulassung erhalten, dann habe die Hochschule aber mitgeteilt, dass es diesen Studiengang angeblich nicht mehr gebe, sagte er in einem Video. (dpa/fn) *merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.