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Trotz Nazi-Vergleichen: Warum Erdogan deutsche Steuergelder bekommt

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Von: Michael Sapper

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Ein Mann der klaren Worte: Recep Tayyip Erdogan.
Ein Mann der klaren Worte: Recep Tayyip Erdogan. © AFP

Ankara/Berlin - Die Fronten sind verhärtet, das Geld fließt immer noch. Trotz der verbalen Angriffe bekommt die Türkei von der EU und Deutschland richtig viel Kohle. Eine Bilanz.

Der Zwist zwischen Deutschland und der Türkei ist in den vergangenen Monaten eskaliert. Angefangen von abgesagten Wahlkampfveranstaltungen türkischer Minister in Deutschland bis hin zu Nazi-Vergleichen: Die Stimmung zwischen beiden Ländern war schon mal besser. 

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan drohte vor kurzem sogar den Europäern: „Wenn ihr euch weiterhin so benehmt, wird morgen kein einziger Europäer, kein einziger Westler auch nur irgendwo auf der Welt sicher und beruhigt einen Schritt auf die Straße setzen können“, sagte er. Trotz aller Kritik hat die Bild-Zeitung herausgefunden, dass die Türkei weiterhin Gelder aus der EU-Kasse bekommt.

4,45 Milliarden Euro in sechs Jahren

Beispielsweise zahlt die Europäische Union Ländern eine Art Heranführungshilfe. Das heißt, um „Demokratie, Zivilgesellschaft und Rechtsstaatlichkeit aufzubauen“, schult die Union Juristen des jeweiligen Landes im EU-Recht. Dafür gibt es laut Bild zwischen 2014 und 2020 insgesamt 4,45 Milliarden Euro für die Türkei. Knapp eine Milliarde steuern die Deutschen bei.

Doch momentan bekommt Erdogan kein Geld. Denn wegen Erdogans Diktatoren-Kurs nach dem gescheiterten Putsch hat die EU die Zahlungen vorerst eingestellt. Somit sollen nur 167,3 Millionen Euro angekommen sein, der deutsche Anteil liegt bei knapp 36 Millionen.

EU-Programme

Die EU unterstützt Länder, die sich am Binnenmarkt beteiligen. Im vergangenen Jahr bis Ende November bezuschusste die Union die Türkei mit knapp 1,4 Milliarden Euro netto. Knapp ein Viertel des Geldes stammt aus dem deutschen Topf. Und auch für den Flüchtlingsdeal kassierte die Türkei viel Geld. Um Schlepper zu bekämpfen und die Grenzen zu bewachen, überwies die EU rund sechs Milliarden Euro an die Türkei.

Der Deal wurde auf zwei Etappen aufgeteilt: Bis 2019 sollten drei Milliarden an den Bosporus gehen, bis Ende 2016 flossen rund 700 Millionen Euro - 140 Millionen Euro steuerte Berlin bei. Eine stolze Summe. Aydan Özoguz (SPD), Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, warnt Erdogan und die türkische Regierung vor weiteren abfälligen Aussagen in Richtung EU. „Die türkische Regierung muss jetzt wissen: alle Türen zuzuschlagen hieße, auch keine Unterstützung mehr aus Europa erhalten zu können. Die Türkei muss sich entscheiden“, sagte sie zur Bild.

Hintergrund zum Wahlkampf

Ministerpräsident Erdogan will eine neue Verfassung für sein Land. Das Parlament hat bereits der Veränderung zugestimmt, am 16. April entscheidet das Volk über das neue System, das dem Präsidenten mehr Macht überlässt. Dazu dürfen auch über zwei Millionen Türken, die in EU-Staaten leben abstimmen. In aktuellen Umfragen liegt derzeit die „Nein“-Fraktion in Front.

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