Peking bastelt auch schon an einem Handelsabkommen nach eigenem Gusto. RCEP soll in der Region 16 Länder zusammenführen, darunter Indien, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland.
Für den wirtschaftlich mächtigen Stadtstaat Singapur ist die Sache klar: USA adé. Bei Trumps Versprechen, bilaterale Handelsabkommen zu schließen, sieht der Politikwissenschaftler Ja Ian Chong von der Nationaluniversität für kleine Länder wie Singapur keine Chance. Dafür aber einen Lichtblick für Europa: „Singapur muss sich kurzfristig anderswo umsehen: (in) China und Indien, (in) Europa sowie.“
Im „großen Ozean“ der Weltwirtschaft - so das Bild von Chinas Staatschef Xi Jinping - dürfte es stürmisch werden: US-Präsident Donald Trump kündigt mit dem transpazifischen Abkommen TPP das erste große Freihandelsprojekt auf. Der neue Mann im Weißen Haus versucht so, knallharte Interessenpolitik zu betreiben. Aber könnten sich die USA damit nicht ins eigene Fleisch schneiden? Und wer füllt die Lücke, die Washington reißen wird? Ein Überblick:
Welche Ziele haben TPP und andere Freihandelsabkommen?
Die Grundidee ist, dass die teilnehmenden Staaten die Vorteile aus internationaler Spezialisierung besser nutzen können. Dies soll etwa über die Absenkung oder Abschaffung von Zöllen („tarifäre Hemmnisse“) im Handel und gegenseitige Anerkennung technischer („nichttarifärer“) Standards gelingen, die sonst teure Genehmigungsverfahren erfordern. Viele Ökonomen erwarten, dass alle Partner stärker von solch einem Rahmen profitieren, als wenn jeder nur seine eigenen Verträge macht.
Was bedeutet das TPP-Ausscheiden der USA?
Vor allem der wirtschaftliche und politische Riese China dürfte sich ins Fäustchen lachen. Das Land gilt mittelfristig ohnehin als Nachfolger des „Hegemons“ USA, der seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Weltwirtschaftsordnung dominiert. Lange gefackelt hat Peking nach der Ankündigung Trumps auch nicht: China habe sich stets für die Schaffung einer „offenen, transparenten und für alle Seiten vorteilhaften“ Freihandelsvereinbarung eingesetzt, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Dienstag. Er kündigte an, dass man die Verhandlungen für ein eigenes Abkommen nun schnell voranbringe.
Australien brachte ein Szenario ins Spiel, bei dem China die USA in TPP ersetzen könnte. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos war Staatschef Xi Jinping überraschend als Freihandels-Vorkämpfer aufgetreten: „Viele Probleme, die die Welt heute belasten, sind nicht zurückzuführen auf die wirtschaftliche Globalisierung.“ Freilich machen die Chinesen als Exportweltmeister das nicht uneigennützig.
Ist demnächst ein Handelskrieg zwischen China und den USA denkbar?
Auszuschließen ist das nicht. Oft reagieren Staaten auf das Verhängen hoher Zölle mit eigenen Strafabgaben oder, indem sie eigene Exporte über einen niedrigen Wechselkurs künstlich fördern. Eine Abwärtsspirale immer neuer Sanktionen kann folgen. Auch im Fall USA würden „andere Länder bald Vergeltung üben“, schätzt das Washingtoner Peterson Institute for International Economics. Das dürfte die zweitgrößte und größte Volkswirtschaft schmerzen: Für China sind die USA eines der wichtigsten Investitionsziele, umgekehrt ist China einer der größten US-Gläubiger. Konzerne wie Apple produzieren nicht nur in China, für sie gehört das Land zu den größten Absatzmärkten.
Welche Folgen könnte ein TPP-Aus für die globale Wirtschaft haben?
Mancher glaubt, dass Trump sich selbst schadet. „Der Erfolg wird maßgeblich außerhalb der USA bestimmt, und zwar in China und Europa“, sagt Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI). „Dort, nicht in Washington, entscheidet sich, ob die USA die Welt auch im 21. Jahrhundert führen oder aber einen dramatischen Bedeutungsverlust erleiden und zum großen Verlierer werden.“
Die Argumentation: Abschottung in einer vernetzten, arbeitsteiligen Welt funktioniere als Rezept zur vermeintlichen Stärkung der eigenen Wirtschaft nicht mehr. „Die Produktion in den USA (würde) durch Strafzölle auf importierte Vorprodukte wieder teurer“, heißt es bei der Commerzbank. Die USA waren in den vergangenen Jahren sehr stark auf Importe angewiesen.
Was plant Peking nun?
Neben den USA und Japan sollten TPP auch Australien, Brunei, Kanada, Chile, Mexiko, Neuseeland, Peru, Malaysia, Singapur und Vietnam angehören - nicht jedoch China. Damit sollte auch erreicht werden, dass die mit Abstand größte Volkswirtschaft Asiens nicht noch mehr Einfluss auf ihre Nachbarn gewinnt. Unabhängig davon, ob Peking nun in die Fußstapfen Washingtons tritt: Man hat längst eigene Pläne.
Das sogenannte FTAAP-Freihandelsabkommen etwa sähe einen Bund von 21 Ländern vor - ohne die USA. Daneben diskutiert Peking unter anderem ein Konstrukt namens RCEP, das auch ohne die Vereinigten Staaten auskäme, dafür jedoch aus den zehn Ländern Südostasiens sowie China, Japan, Indien, Südkorea, Australien und Neuseeland bestehen würde.
Was geht durch ein TPP ohne die USA verloren?
Der ursprüngliche Plan für die riesige Freihandelszone rund um den Pazifik war ehrgeizig: TPP - bisher nur von Japan ratifiziert - sollte 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung abdecken. Zwar machen die USA dabei rund 60 Prozent der Leistung aller Unterzeichner aus. Gelingt es China oder anderen Mächten, diese Lücke zum Teil zu füllen, könnte sich Amerikas Isolation verstärken. So dürfte sich die EU als wichtigster Handelsblock auch wegen der unklaren Perspektiven für ihr eigenes Amerika-Abkommen TTIP nach Alternativen umsehen.
„Mit China werden wir sicher sprechen müssen, weil es versucht, in die Lücke der Vereinigten Staaten zu springen“, sagte der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), dem Sender RBB. Falls Trump auch das Nafta-Abkommen mit Mexiko und Kanada kündigt oder zumindest ausdünnt, könnten zudem mehr Einzelverträge entstehen. Weil die Welthandelsorganisation (WTO) immer noch kein wirklich globales vollständiges Freihandels-Netzwerk ist, sind in den vergangenen Jahrzehnten schon viele regionale Abkommen entstanden.
dpa