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Wahlarena im BR: Bei der Aussage des CSU-Mannes wird SPD-Politikerin sprachlos

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Die Politiker in der Wahlarena: Katharina Schulze (Grüne, von links), Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Natascha Kohnen (SPD), Thomas Kreuzer (CSU), Martin Hagen (FDP) und Martin Sichert (AfD).
Die Politiker in der Wahlarena: Katharina Schulze (Grüne, von links), Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Natascha Kohnen (SPD), Thomas Kreuzer (CSU), Martin Hagen (FDP) und Martin Sichert (AfD). © Screenshot: BR

In der Wahlarena im BR trafen sechs Spitzenpolitiker von CSU, SPD, Grüne, FDP, Freie Wähler und AfD aufeinander. Darum ging es bei der Diskussion:

München - Wie stehen die Parteien nur wenige Wochen vor der Bayerischen Landtagswahl zu Themen wie Bildungspolitik, Grenzpolizei und sozialen Wohnungsbau? Um diese Frage zu klären, lud der BR in die Wahlarena ein. Hier diskutierten Thomas Kreuzer (CSU), Natascha Kohnen (SPD), Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Katharina Schulze (Grüne), Martin Sichert (AfD) und Martin Hagen (FDP). Die Ergebnisse im Überblick.

Bayerische Landtagswahl: Die aktuellen Umfragewerte

Das erste Thema, das in der BR-Sendung angesprochen wird, sind die vor allem für CSU und SPD enttäuschenden Ergebnisse im aktuellen Bayerntrend. CSU-Politiker Kreuzer ist mit den Werten alles andere als zufrieden. „Wir müssen jetzt eben kämpfen, mit den Leuten ins Gespräch kommen“, sagt er. Als Problem sieht er vor allem die Menge der Parteien, die in den Landtag einziehen könnten. Das gefährde die Kontinuität, „die wir in Bayern bisher hatten“.

Auch Natascha Kohnen (Im Interview äußerte sie sich zu ihrer Wahlkampstrategie) bezeichnet die Werte als „harte Zahlen“. Aber: „Was wir wirklich können, ist kämpfen“, betont sie.

Positiver sieht es für die Grünen, die FDP und die Freien Wähler aus. Laut FDP-Politiker Martin Hagen ist das Ziel seiner Partei acht Prozent. „Die bayerische FDP steht vor einem Comeback im bayerischen Landtag“, sagt er.

Bayerische Landtagswahl: Die Ereignisse in Chemnitz und die Rolle der AfD

Die Ausschreitungen rechtsextremer Gruppen in Chemnitz geben in der Wahlarena Anlass zu einer Diskussion über die Stellung der AfD. „Wir haben von allen Parteien die klarste Grenze nach rechts“, behauptet AfD-Politiker Martin Sichert. Auf eine Nachfrage von Moderatorin Ursula Heller darüber, wie die Abgrenzung mit der Tatsache zu vereinen sei, dass in Chemnitz Rechtsextreme auf einer von der AfD organisierten Demonstration waren, betont er, dass die AfD diese lediglich organisiert habe. „An einer Demonstration kann grundsätzlich jeder teilnehmen, der auf diese Demonstration gehen will.“

Katharina Schulze von den Grünen sieht dies als Ausrede. „Es ist auch ihre Verantwortung, mit wem sie sich auf der Straße zeigen“, entgegnet sie Sichert. Die gleiche Position bezieht auch Natascha Kohnen. „Es ist Zeit, dass die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet wird.“ Auf beide Aussagen folgt Applaus des Publikums.

Thomas Kreuzer sieht in der AfD eine radikale Partei. „Es ist unverkennbar, dass die AfD nicht mehr die Partei von Bernd Lucke ist, bei dem es damals um Währungsfragen ging, sondern dass sie nach rechts driftet.“ 

Martin Hagen von der FDP unterbricht schließlich die Diskussion und kritisiert, dass sich die AfD stets in eine „Opferpose“ werfe. „Ich finde, diese Bühne hat die AfD nicht verdient, lassen Sie uns doch lieber über Themen und Inhalte reden“, sagt er.

Bayerische Landtagswahl: Die Bildungspolitik in Bayern

Für Hubert Aiwanger ist der herrschende Lehrermangel hausgemacht. „Er resultiert aus der schwarz-gelben Regierungszeit“, meint er. Auch die jetztige Landesregierung betreibe eine „völlig falsche Bildungspolitik“. Aiwanger fordert einen Stop der Zentralisierung von Schulen und möchte sich stattdessen für kleine Schulen einsetzen.

Martin Hagen fordert dagegen eine Unterrichtsgarantie, die durch Aufstockung der Lehrerreserve erfolgen soll. „Das ist alles blanke Theorie und daher geredet“, sagt CSU-Politiker Kreuzer dazu. Dennoch wolle auch die CSU mehr Lehrer einstellen und den Beruf attraktiver machen.

Unattraktiv macht den Lehrerberuf laut Natascha Kohnen vor allem der häufige Gehaltsstopp in den Sommerferien. Auch andere befristete Lehrberufe, etwa die wissenschaftlichen Mitarbeiter, sieht sie als problematisch an. „Wir können nicht immer die freie Wirtschaft kritisieren, dass sie nicht befristen darf, und dann macht es der Staat als öffentlicher Arbeitgeber“, legt sie den Finger in die Wunde.

Grünen-Politikerin Schulze kritisiert außerdem, dass gerade Bayern ein Bundesland sei, „wo immer noch der Schulerfolg vom Elternhaus abhängig ist.“ Laut Schulze habe jedes Kind eine Chance verdient: „Da ist es egal, ob die Mutter Geflüchtete oder Zahnärztin ist.“

Bayerische Landtagswahl: Wohnungsnot und sozialer Wohnungsbau

Beim Thema Wohnungspolitik gehen vor allem die Meinungen von CSU und SPD in der Wahlarena auseinander. Kreuzer ist der Meinung: „Gegen Wohnungsnot hilft nur eins: bauen.“ Mietpreisbremsen würden nichts bringen.

Das sieht Natascha Kohnen anders. „Herr Kreuzer, Sie haben in den letzten zehn, zwanzig Jahren als Freistaat nicht nur nicht bauen wollen, sondern auch noch öffentliche Wohnungen verkauft“, wirft sie dem CSU-Politiker vor. Auch die Mietpreisbremse verteidigt sie: „Der Staat kann sich jetzt nicht einfach zurücklehnen und chillen.“

Sie fragt, warum die Wohnungen, die laut Horst Seehofer zur Bankenrettung verkauft werden mussten, nicht an die Kommunen abgegeben wurden. Kreuzers Entgegnung („Sie haben zu wenig geboten“) lässt die SPD-Politikerin kurzzeitig sprachlos werden. 

Auch zwischen Martin Sichert von der AfD und Katharina Schulze von den Grünen kommt es bezüglich der Wohnungspolitik zu einem Schlagabtausch. Sichert behauptet, dass die Wohnungsnot unter anderem an der gestiegenen Zahl Asylsuchender liege. „Wir haben in Deutschland zwar ein Recht auf eigene Meinung, aber nicht das Recht auf eigene Fakten“, entgegnet daraufhin Schulze: „Wir hatten schon eine Wohnungsnot, bevor 2015 so viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.“

Einig sind sich die Politiker dagegen dabei, dass das Leben auf dem Land attraktiver gemacht werden soll.

Bayerische Landtagswahl: Das Familiengeld und soziale Gerechtigkeit

Das Familiengeld wird von den sechs Politikern in der Wahlarena kontrovers diskutiert. Kreuzer gibt an, dass vom Familiengeld alle etwas hätten: „Wir wollen auch, das vor allem sozial schwache Familien vom Familiengeld profitieren.“ Mütter, die ihre Kinder zuhause betreuen wollen, sollen gefördert werden.

Natascha Kohnen sieht das Familiengeld dagegen kritisch. „Das Familiengeld ist schlichtweg ein Wahlgeschenk“, meint sie: „Wir wollen eine echt gerechte Lösung und das ist die kostenfreie Kita.“ Dem stimmt Hubert Aiwanger von den Freien Wählern zu. „Der Freistaat Bayern muss die kostenfreie Kita finanzieren“, sagt er.

Für Grünen-Politikern Schulze ist dagegen ein flächendeckendes Angebot von Kitaplätzen wichtig. „Bevor wir Geld ausschütten wie eine Gießkanne, bitte investieren wir doch in Infrastruktur und holen endlich eine Kindergrundsicherung auf Bundesebene her“, fordert sie. Sie findet es „peinlich, dass in einem reichen Land wie Bayern Kinder mit knurrendem Magen in die Schule gehen müssen, weil sie sich das Frühstück nicht leisten können.“

Auch Martin Sichert von der AfD sieht das Familiengeld kritisch: „Das ist eine reine Umverteilung von Steuergeldern, die ziemlich sinnlos ist.“ Die AfD wolle allerdings auch Eltern unterstützen, die ihre Kinder zuhause betreuen möchten.

Bayerische Landtagswahl: Die Innere Sicherheit und das Polizeiaufgabengesetz

Thomas Kreuzer verteidigte das neue Gesetz und betont, die Polizei müsse an die veränderten technischen Möglichkeiten angepasst werden: „Da müssen wir nachbessern, sonst wird WhatsApp zum Tummelplatz von Schwerkriminellen.“

FDP, Grüne und die Linken haben sich dagegen zusammengeschlossen und sich gegen das Polizeiaufgabengesetz gestellt. „Wir von der FDP glauben nicht, dass wir Sicherheit durch immer strengere Gesetze, durch immer mehr Überwachung der Bürger, sondern durch mehr Polizei schaffen“, sagt Martin Hagen. Er bezeichnet die Grenzpolizei als „PR-Gag, die überhaupt keine Kompetenzen für den Grenzschutz hat.“ 

Aiwanger bezeichnet die Grenzpolizei als „Etikettenschwindel“. Deren Aufgaben seien vorher diejenigen der Schleierfahndung gewesen sein. Diese hätte ebenfalls alle Straftaten aufdecken können, die von der Grenzpolizei verfolgt wurden. Die Grenzpolizei sei nur eine Schleierfahndung in neuer Uniform - die auch noch wesentlich schlechter sei als die alte.

Die Diskussion weitet sich bei einem Schlagabtausch zwischen AfD und Grünen zu einer Diskussion über Europa aus. AfD-Politiker Sichert behauptet, dass man nicht schärfere Gesetz brauche, sondern erst einmal dafür sorgen müsse, dass die bestehenden Gesetze eingehalten werden. Dennoch sollten die Grenzen an jedem Übergang wieder mit Polizisten besetzt werden. 

Das kritisiert Schulze scharf. „Mit solchen Aussagen macht man Europa kaputt“, meint sie: „Wer im Jahr 2018 noch glaubt, man könne in einer komplexen und globalisierten Welt etwas alleine schaffen, der hat wirklich nichts verstanden.“ Auf ihre Aussage „Europa ist ein Geschenk, und das müssen wir verteidigen“ folgt Applaus aus dem Publikum. 

Martin Sichert hält dagegen, dass völlig offene Grenzen dafür sorgen „dass Parallelgesellschaften, dass die Kleinkriminalität gestärkt wird, dass jeder Salafist, jeder Kriegsverbrecher aus dem nahen Osten ins Land einreisen kann“. Dadurch werde die Sicherheit der Menschen in Bayern gefährdet. Schulze erwidert: „Wenn ich etwas furchtbar finde, ist es, dass mit der Sicherheit der Menschen gespielt wird, weil manche Leute mit Absicht hetzen oder falsche Informationen verbreiten und dadurch die Stimmung anheizen. Das ist fatal.“

Dem stimmt SPD-Politikerin Kohnen zu. In Zeiten von America First „gibt es nur eine Antwort: Europe united, und nichts anderes“. Sie meint auch, dass Söders Aussage, die Phase des Multilateralismus sei beendet, bedeute, dass Europa gescheitert sei. „Und das ist etwas, was ich nicht akzeptiere.“

Das Thema heizt die Stimmung in der Wahlarena sichtlich auf, bis am Schluss alle Politiker durcheinander reden. Thomas Kreuzer fragt „Wer ist denn hier gegen Europa?“. Die Moderatoren wechseln daher schnell das Thema.

Mögliche Koalitionen nach der Bayerischen Landtagswahl

Zuletzt ging es in der BR-Wahlarena um die Frage, welche Koalitionen nach der Landtagswahl möglich seien.

Thomas Kreuzer von der CSU schließt eine Koalition mit der AfD von vorneherein aus. „Sie ist für mich eine radikale Partei“, sagt er. Auch mit den Grünen sieht er in wesentlichen Punkten keine Gemeinsamkeiten.

Grünen-Politikerin Katharina Schulze scheint dagegen den meisten Koalitionen nach der Landtagswahl offen gegenüber zu stehen. Lediglich Anfragen zu einer antieuropäischen und autoritären Politik schließt sie aus.

Auch Martin Hagen von der FDP schließt generell keine Koalitionspartner aus und gibt lediglich an, mit keinen radikalen Parteien zusammenarbeiten zu wollen.

Hubert Aiwanger glaubt, dass es möglich ist, dass eine Koalition zwischen der CSU und den Freien Wählern zustande kommen kann. „Für ein buntes Bündnis stehe ich nicht zur Verfügung“, sagt er.

Natascha Kohnen von der SPD blockt die Frage zur Koalition von vorneherein ab. „Ich mache keine Koalitionsspielchen, ich will über Themen reden“, sagt sie.

Auch die AfD macht keine konkreten Angaben zu möglichen Koalitionsbündnissen. Laut Sichert solle ohnehin alle Macht in die Hände des Volkes übergehen.

Weiterer Schlagabtausch bayerischer Spitzenkandidaten ist geplatzt

Einen Monat vor der Landtagswahl ist das einzige geplante Aufeinandertreffen der Spitzenkandidaten geplatzt. Das Podiumsgespräch mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und den bayerischen Spitzenpolitikern von Grünen, AfD, SPD, Freien Wählern und FDP war für Montag, 17. September, im Landtag in München vorgesehen.

Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) untersagte nun allerdings der AfD und der FDP kurzfristig den Zugang, weil beide Parteien derzeit nicht im bayerischen Parlament vertreten seien. Zuvor hatte Söder seine Zusage für ein Podiumsgespräch mit AfD-Beteiligung zurückgezogen. Zur Begründung verwies er auf die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz, wo die AfD zusammen mit NPD und Pegida marschiert sei.

Die Deutsche Presse-Agentur sagte die Veranstaltung im Landtag daraufhin ab. „Wir folgen unserer Überzeugung, dass Demokratie nur im Gespräch mit allen relevanten Kräften lebendig bleibt - auch wenn dies mitunter mühsam und unangenehm ist“, teilte dpa-Chefredakteur Sven Gösmann mit. 

sch/dpa/lby

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