Gefahren-Meldung
Katastrophen-Warn-Apps: Welche es gibt und wie gut sie wirklich sind
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Wenn es zu Naturkatastrophen wie Hochwasser, Unwetter oder zu Waldbränden kommt, seid Ihr mit der richtigen Warn-App schneller informiert als jeder Radiohörer. Auch bei Terroranschlägen, Großunfällen oder bei Amokläufen halten Euch moderne Katastrophen- und Warn-Apps auf dem Laufenden. Wir haben einen Überblick welche verschiedenen Apps es gibt:
Mittlerweile gibt es viele verschiedene Warn-Apps in Deutschland, die man sich für sein Smartphone kostenlos herunterladen kann. Wir stellen in diesem Artikel die Apps Nina, Katwarn, Biwapp, WarnWetter und Meine Pegel vor. Doch bevor man sich eine dieser Apps auf sein Handy holt, sollte man die Unterschiede und einzelnen Funktionen kennen.
Nina: Die offizielle Warn-App des Bundes
Die App Nina wird vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) seit 2015 angeboten und wird von zehn Millionen Menschen genutzt. Ihr Vorteil: Die App bietet quasi ein Rundum-Paket an Gefahren-Meldungen. Über das Modulare Warnsystem (MoWaS) des BBK können Landkreise, kreisfreie Städte und andere Behörden und Hilfsorganisationen Warnmeldungen verschicken. Nina zeigt diese dann auf dem Handy an. Ihr könnt einstellen, aber welcher Gefahrenstufe Ihr informiert werden möchtet.
Zudem werden ab einer gewissen Warnstufe auch Wettermeldungen des Deutschen Wetterdienstes sowie Hochwassermeldungen der Bundesländer übernommen. Zusätzlich zeigt Nina aktuelle Corona-Regeln sowie Verhaltenstipps für den Katastrophenfall an.
Auch Warnungen anderer App-Betreiber wie Biwapp und Katwarn würden, so sei es vertraglich geregelt, ebenfalls in Nina angezeigt, teilte eine BBK-Sprecherin mit. Allerdings soll dies beim Hochwasser in Ahrweiler nicht funktioniert haben. Nach Informationen von Stiftung Warentest habe der Datenaustausch zwischen den Apps nicht korrekt funktioniert. Wo der Fehler lag, ist bislang allerdings ungeklärt. Stiftung Warentest hält es daher für sinnvoll, dass zu der „Nina-App“ eine der anderen lokalen Apps installiert ist, sofern sie von der örtlichen Kommune genutzt wird.
Katwarn: Der Pionier
Katwarn war die erste Katastrophen-Warn-App in Deutschland. Die App ist seit 2011 verfügbar und wurde vom Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme im Auftrag der Versicherungswirtschaft entwickelt. Kommunen können die App und das dahinterliegende System lizenzieren und auf diese Weise ihre Meldungen verbreiten.
Neben den Meldungen der Landkreise und Städte, die Katwarn als Warnsystem nutzen, lassen sich auch weniger zeitkritische Informationen, etwa über Schulschließungen, auf diese Weise verbreiten. Katwarn zeigt zudem die Meldungen aus dem BBK-System MoWaS an. Laut eigenen Angaben hat die App 3,8 Millionen aktive Nutzer.
Darüber hinaus wird die App von Veranstaltern genutzt, um zum Beispiel Festivalbesucher über lokale Ereignisse zu informieren. Das funktioniert über sogenannte Themen-Abos. Es gibt auch Regionalversionen der App: So bietet das Land Hessen die App Hessenwarn an.
Im Gegensatz zu den anderen Warn-Apps funktioniert die Katwarn-App nicht nur auf Smartphones. Nutzer älterer Handys können sich die Warnungen auch als SMS schicken lassen. Zur Anmeldung muss man lediglich eine SMS mit dem Wort „KATWARN“ und der Postleitzahl, für die man Warnungen erhalten möchte, an 0163 7558842 senden. Die Warnhinweise stammen von autorisierten Behörden und werden von Katwarn weitergeleitet. Allerdings kommt auch eine Warnung per SMS nicht an, wenn Sturm oder Flutwasser die Mobilfunkmasten umreißen.
Allerdings soll das Programm auch für Android-Nutzer einige Tücken haben. So beschwert sich ein Nutzer im Google Play Store, dass er zu spät über die Hochwasser-Katastrophe in der App informiert worden sei.
In Zusammenarbeit mit der App Katwarn können sich freiwillige Ersthelfer unter katretter.de registrieren und werden informiert, wenn in ihrer Nähe Hilfe gebraucht wird.
Biwapp: Lokale Informationen zu Verkehr und Schule
Biwapp stammt von einem privaten Anbieter, der Agentur Marktplatz GmbH. Seit 2016 bietet sie Kommunen die Möglichkeit, gegen eine Lizenzgebühr Meldungen an die Bevölkerung zu verschicken.
Der Fokus von Biwapp liegt auf lokalen Informationen wie Hinweisen zu geschlossenen Schulen, gesperrten Straßen und Fahndungsaufrufen der Polizei. Biwapp übernimmt ebenfalls die Warnungen aus dem BBK-System MoWaS.
Über eine Notruf-Funktion kann man sich die ungefähre Adresse oder die Koordinaten des aktuellen Standorts anzeigen lassen. Wenn man in einer unbekannten Stadt zum Beispiel den Rettungsdienst rufen muss, kann das praktisch sein. Von Biwapp gibt es ebenfalls Regionalversionen, etwa die HRO-App der Hansestadt Rostock.
WarnWetter: Präzise Wetterprognosen vom Deutschen Wetterdienst
Wer möglichst genau über Starkregen, Orkane und Sturmfluten informiert werden möchte, kann zum Beispiel WarnWetter, die Warn-App des Deutschen Wetterdienstes, nutzen. Dieser ist eine Bundesbehörde und gesetzlich für die Forschung und Information im Bereich Meteorologie zuständig.
Neben Wetterwarnungen aller Warnstufen zeigt das Programm auch stundengenaue Wettervorhersagen für ganz Deutschland. Zusätzlich gibt es animierte Wetterkarten, Einschätzungen der Waldbrand- und Lawinengefahr sowie spezielle Vorhersagen für die Küstenregionen.
Die Warnungen sind kostenlos, sonstige Vorhersagen müssen einmalig für 1,99 Euro freigeschaltet werden. Ein privater Anbieter von Wetterberichten hatte sich vor Gericht durchgesetzt, da er sich durch das kostenlose staatliche Angebot im Wettbewerb benachteiligt sah.
Meine Pegel: Hochwasserwarnung nach Maß
Hochwasserwarnungen bieten alle bisher genannten Warn-Apps. Diese werden jedoch nur nach Bundesländern differenziert, weshalb man auch Benachrichtigungen für weit entfernte Gewässer bekommen kann. Wer in Würzburg lebt, interessiert sich möglicherweise aber nur für den örtlichen Pegel des Main und nicht für den der Donau.
Meine Pegel liefert örtlich feiner differenzierte Informationen zu Seen und Flüssen. Mit der App des länderübergreifenden Hochwasserportals, das von allen 16 Bundesländern gemeinsam betrieben wird, lassen sich einzelne Pegel auswählen und Benachrichtigungen bei der Über- oder Unterschreitung eines bestimmten Wasserstands aktivieren. Das Hochwasserportal weist darauf hin, dass die Daten der Messstellen in der Regel mit 5 bis 20 Minuten Verzögerung in der App angezeigt werden. Die Detailtiefe der Informationen variiert je nach Region.
Umfrage Katastrophen-Warn-Apps
Digital oder analog: Welche Nachteile haben Warn-Apps?
Sind beispielsweise Extremwetterlagen absehbar, sollten sich App-Nutzer in betroffenen Regionen nicht allein auf die Warnmeldungen verlassen. Die Flutkatastrophe in Teilen Deutschlands im Juli 2021 hat gezeigt, dass Mobilfunk und Internet-Zugänge durch eine zerstörte Stromversorgung tagelang ausfallen können, sodass Apps nicht nutzbar sind oder Handys nicht wieder aufgeladen werden können. In akuten Warnsituationen ist es zudem schon zu App-Überlastungen gekommen. Aus diesen Gründen ist es ratsam, zusätzlich auf analoge Katastrophenschutz-Warnungen - im Rundfunk, sofern noch vorhanden durch Sirenen sowie Lautsprecherdurchsagen - zu achten. Für Notfälle sollte man ein tragbares und batteriebetriebenes Radio im Haushalt haben.
Nachteil der Katastrophen-Warn-Apps für Apple-Nutzer
So haben bei der Verwendung von Katastrophen-Warn-Apps Apple-Nutzer einen großen Nachteil: Wer sein Handy oder seine Smart Watch auf „Bitte nicht stören“ gestellt hat, soll nach Angaben von Stiftung Warentest keine lauten Benachrichtigungen der Warn-Apps erhalten. Viele Menschen nutzen diese Funktion beispielsweise, um Nachts ungestört schlafen zu können. Das Problem liegt darin, dass die Betreiber der Anwendungen erst bei Apple die Freischaltung der Funktion „Critical Alerts“ beantragen müssen.
Unter Android können Nutzer für jede App in den Benachrichtigungseinstellungen festlegen, ob sie auch im Modus „Nicht stören“ akustische Warnungen ausgeben darf. Unter iOS geht dies erst seit der Version 15 und richtet sich eher an versierte Nutzer. Für Warnmeldungen sieht Apple eigentlich die Funktion „Kritische Hinweise“ vor und schaltet diese nur für bestimmte Apps frei.
Theorie: App-Entwickler können seit 2018 bei Apple beantragen, dass sie die Funktion namens „Kritische Hinweise“ nutzen möchten – für eine Katastrophen-Warn-App sollte die entsprechende Begründung kein Problem sein. Andere Apps nutzen diese Funktion.
Praxis: Zum Zeitpunkt der Flutkatastrophe im Juli 2021 unterstütze keine der von uns aufgeführten Warn-Apps die Kritische-Hinweise-Funktion. Die Betreiber von Nina und Katwarn haben sie inzwischen jedoch eingebaut.
Das sagen die Anbieter
Die Betreiber der „Nina-App“ wollten dieses Problem nun beheben und die Funktion „im nächsten Release veröffentlichen“. Dies ist am 6. September 2021 geschehen. Seit dem Update können Nutzer „kritische Hinweise“ in den Mitteilungseinstellungen des Betriebssystems erlauben. Wichtig: Innerhalb der App-Einstellungen müssen diese zusätzlich für Bevölkerungsschutz-Warnungen und Wetterwarnungen aktiviert werden.
Bei Katwarn hieß es Anfang August 2021 auf unsere Anfrage, die Nutzung der Funktion sei nicht geplant. Seit Ende September unterstützt die App die Technik nun doch. Man muss die App nach der Aktualisierung einmal starten und den „kritischen Hinweisen“ zustimmen. Bei Warnungen der Stufe „extreme Gefahr“ kommt in Zukunft dann eine laute Meldung, trotz stummgeschaltetem Gerät.
Die Betreiberin von Biwapp schrieb im August 2021 per E-Mail, die Funktion solle voraussichtlich mit dem nächsten Update umgesetzt werden. Trotz mehrerer Aktualisierungen ist das bisher nicht geschehen.
Der Deutsche Wetterdienst teilte mit, man habe die Funktion in Warnwetter bisher nicht genutzt und lasse die Notwendigkeit nun erneut über den Dienstleister prüfen.
Fazit
Es ist sinnvoll, zumindest für hohe Gefahrenstufen die Warnung bei aktiviertem „Nicht stören“-Modus zu erlauben. Auf iPhones und iPads geht das derzeit nur bei Nina und Katwarn komfortabel.
Wer auch in Biwapp und WarnWetter dringende Warnungen immer mit einem Warnton gemeldet bekommen möchte, sollte vorerst die „Nicht stören“-Funktion lieber ausgeschaltet lassen und das Gerät auf „laut“ stellen. Seit iOS 15 können alternativ einzelne Apps ausgewählt werden, deren Benachrichtigungen trotz „Nicht stören“-Modus ertönen sollen. Da das dann bei jeglichen Warnstufen der Fall ist, kann einen auch eine verhältnismäßig unwichtige Information, beispielsweise über eine Schulschließung, aus dem Schlaf holen.
lh