Christian Hötzendorfer: Selbstverständlich. Das war auch Thema bei unserer internen Teamvorstellung mit allen Spielern und Mitarbeitern. Ich habe davor mit Trainer Jari Pasanen gesprochen und er hat zu mir gesagt: „Christian, jetzt haben wir heuer ein klares Ziel – den Aufstieg. Dann habe ich vor der Mannschaft gesagt: „Leute, wer in dieses Stadion kommt, sich das alles anschaut, wie die Strukturen bei uns sind, was wir gemacht haben und was wir noch vor haben, wer sich mit den Menschen in Rosenheim unterhält – da brauche ich keine Vorstandsansprache halten. Wer hier herkommt, das sieht und dann nicht verstanden hat, um was es geht, der kann nach Hause gehen. Das alles hier ist alles selbstredend. Wenn ich in der Fußgängerzone zehn Leute aufhalte, dann sagen acht davon, dass wir schauen sollen, dass es endlich mit dem Aufstieg klappt.
Wenn das so einfach wäre. Der Druck ist da, sind deshalb auch viele Leistungsträger jenseits der 30? Braucht man diese Erfahrung, um solche Ziele zu erreichen?
Hötzendorfer: Ja, zumindest sind wir davon überzeugt, wobei es zum Schluss immer die Mischung macht. Eine Mannschaft zusammenzustellen ist ein bisschen wie Suppe kochen. Du packst Zutaten rein, von denen du überzeugt bist und denkst, dass das passt. Aber ob es dann zum Schluss wirklich schmeckt, weißt du erst, wenn du es probiert hast. Wir haben heuer mit den Erfahrungen der letzten Jahre versucht, zielgerichtet Leute zu holen, die wir genau an diesen Stellen sehen. Wir haben gesagt, dass wir auch ein Stück weit mehr an der Härte zulegen wollen. Zum Beispiel mit Michael Knaub.
Beschreiben Sie mal diese Schlüsselspieler?
Hötzendorfer: Klemen Pretnar ist slowenischer Nationalspieler in der ersten Abwehrformation, der bringt so viel Erfahrung mit. Und er ist ein toller Eishockeyspieler, der weiß, was er will und schon gezeigt hat, was er kann. Bei Travis Oleksuk hatten wir die Wahl zwischen einem klassischen Topscorer, haben uns aber bewusst für Travis entschieden, der einfach diese alten Mittelstürmerqualitäten mitbringt. Er ist bullystark, er ist auch einer für die letzten drei Minuten, wenn nichts mehr schief gehen darf. Er weiß auch, dass es noch ein eigenes Tor gibt, das es zu verteidigen gilt. Über einen Tyler McNeely brauchen wir keine Worte verlieren. Und dann gibt es noch Spieler wie Manuel Strodel oder Stefan Reiter, die unseren Kader natürlich enorm verstärken. Die hier nach Rosenheim zu bekommen, neben unseren Jungs, die schon da waren, das ist der Wahnsinn.
Wer ist denn für die Neuverpflichtungen verantwortlich?
Hötzendorfer: Letztenendes ist es immer ein Gemeinschaftsprodukt. Sportlich muss es immer der Trainer entscheiden, er muss sagen, welche Spieler er für seine Spielidee braucht. Und dann kommt der Standort mit in das Spiel. Da stellen sich die Vereinsführung und der Geschäftsführer Daniel Bucheli die Frage, ob ein Spieler zu uns passt. Ist der ein ,Krebs in der Kabine‘, hat er ein Problem, wie ist der drauf? Wir haben ja auch eine gewisse Vorbildfunktion für viele Kinder, wir haben eine Sozialverantwortung und viel mehr. Da hängt sehr viel dran. Wir wollen schon Spieler da haben, die verstehen, um was es hier in Rosenheim geht. Wir nehmen ja auch nicht Jeden. Wir wissen schon, dass unser Logo mit der ganzen Region verbunden ist und die Menschen auf uns auch Erwartungen legen. Ich kann keinen 42-jährigen Ex-Profi mit 400 NHL-Spielen, der aber Alkoholiker ist, in einen Kindergarten schicken.
Man checkt neue Kontingentspieler vorher ab, trotzdem haben die in den letzten Jahren nicht so gepasst. Warum seid ihr euch heuer sicher, dass die Ausländer zu 100 Prozent passen?
Hötzendorfer: Da spielen viele Dinge eine Rolle. Der Standort Rosenheim war die letzten Jahre einfach auch noch nicht da, wo er jetzt ist. Außerdem muss man auch die Coronajahre im Hinterkopf haben. Da gestaltet man eine Mannschaft anders, als wenn man aus dem Vollen schöpfen kann und man Planungssicherheit hat. Ein Curtis Leinweber ist natürlich kein Goalgetter, dafür haben wir ihn aber auch nicht eingekauft. Leinweber haben wir verpflichtet, weil er ein unfassbarer Arbeiter ist. Deswegen war er auch in Rosenheim, weil das für uns wichtig war. Die Fans wollen Tore sehen, aber die Fans wollen auch sehen, dass einer sein letztes Hemd gibt und Curtis war so ein Typ. Von Tyler McNeely wissen wir, dass er alles für das Team gibt. Das war die letzten Jahre tatsächlich anders. Wir haben heuer das erste Mal Voraussetzungen gehabt, dass Spieler mittlerweile von diesem Rosenheimer Weg gehört haben. Der Standort Rosenheim hat einen unfassbaren Stellenwert in Eishockey-Deutschland und auch in Europa. Die Spieler haben alle von uns gehört und da hast du natürlich ganz andere Möglichkeiten, dass du einen Oleksuk oder Pretnar mal fragst, wie es ausschaut, ob sie Lust haben für die Starbulls zu spielen.
Nicht nur im Team stehen große Namen, auch das Trainerteam ist top besetzt. Mit Jari Pasanen und Jamie Bartman hat man zwei ehemalige DEL-Coaches. Und das als Oberliga-Verein.
Hötzendorfer: Jari Pasanen und Jamie Bartman sind einfach großartige Typen. Wenn ich in die Kabine gehe und einen Coach wie Jari Pasanen vor mir habe, der eine Ausstrahlung besitzt und auch eine Akzeptanz aus seiner Vergangenheit mit sich bringt, beeindruckt das nicht nur die Spieler. Dazu ein Co-Trainer wie Bartman, der weiß wovon er redet. Dann stellst du viele Dinge gar nicht erst in Frage, die du vielleicht in einer anderen Situation doch hinterfragen würdest. Diese authentische Selbstverständlichkeit ist das, was wir in der Form an diesem Standort schon lange nicht mehr hatten.
Welche Erwartungen habt ihr an die Trainer?
Hötzendorfer: Aufsteigen! Auch für die Coaches und alle anderen, die hier aus und ein gehen, gelten die gleichen Maßstäbe und Erwartungen. Wir alle wollen ein Umfeld schaffen, damit im letzten Spiel dieser Saison ein Sieg steht. Sonst brauch ich diesen Zirkus hier auch nicht betreiben.
Zu diesem „Zirkus“ gehört auch eine gute Nachwuchsarbeit mit hohen Erwartungen aus dem Umfeld. Was erwarten Sie von den Trainern im Hinblick auf die jungen Spieler?
Hötzendorfer: Diese Frage kann ich nicht beantworten, ohne auszuholen. Nachwuchs ist DNA! Dieser Verein ist ein Ausbildungsverein! Dem ist alles untergeordnet, das ist unser Satzungszweck. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, der Kinder und Jugendliche ausbildet. Nicht nur auf dem Eis. Wir wollen keine Eishockeyspieler, sondern Menschen ausbilden. Das ist unser Auftrag. Da gehört auch mal eine Nachwuchsberatung hinsichtlich Drogenprävention dazu, da gehört auch Athletik, eine Ernährungsberatung oder ein Mentalcoach dazu, der auch mal erklärt, was es bedeutet, mit Misserfolgen umzugehen. Jetzt kommen die letzten drei Jahre, die waren geprägt von Corona. Heißt: Alle Vereine in Deutschland haben sich sehr schwergetan, sich überhaupt eine normale Jugendarbeit leisten zu können. Das muss man wissen, wenn man die letzten zwei Jahre, hinsichtlich der Integrierung der Nachwuchstalente, beurteilt.
Spielt bei der Integration junger Spieler auch das große Ziel DEL2 eine Rolle?
Hötzendorfer: So ist es. Wir wollen ja nicht erst seit heuer aufsteigen, sondern wir wollen ja idealerweise schon lange wieder in der DEL2 spielen. Deshalb haben wir immer Mannschaften zusammengestellt, die mehr DEL2- als Oberliga-Niveau hatten. Dass du dir dann natürlich dann schwerer tust, aus dem eigenen Nachwuchs Spieler einzubauen, die sich da mal reinspielen müssen, ist klar. Da musst du dich als 17-Jähriger erst einmal an zehn eingekauften Stürmern vorbei spielen. Das sind alles bezahlte Profis, die damit ihre Familien ernähren. Also das ist ein sehr schwieriger Weg.
Dann stellt sich aber die Frage: Warum investiert der Verein so viel Geld in den Nachwuchs und hatte zuletzt vier hauptamtlich angestellte Trainer?
Hötzendorfer: Tatsache ist, dass wir ein Toptraining auf dem Eis anbieten. Der Starbulls Rosenheim e.V. holt nicht umsonst so viele Erfolge, auch gegen Aushängeschilder wie Mannheim. Wir schlagen ja auch die Großen nicht nur zufällig, sondern regelmäßig. Jetzt kommt aber das große Problem: Wir haben diese vier Trainer auf dem Eis, haben aber darüber hinaus niemanden gehabt, der diese sportliche Nachwuchsleiterposition eingenommen hat. Sich darum zu kümmern, dass die Jugendlichen neben dieser tollen Betreuung auf dem Eis auch die notwendig Umgebungsparameter neben dem Eis mitkriegen. Wenn du mit 17 oder 18 jemanden hast, der dich frühzeitig schon an die Hand nimmt und sagt: „Was hast du für einen Lebensplan, was ist mit Ausbildung, wie läuft die Schule, möchtest du studieren?“ Für all diese Themen, die man meistern muss, braucht man jemanden, der dich positiv begleitet und dieses Bindeglied ist uns abgegangen. Dieser Fürsprecher, der dann auch mal Spieler beim Trainer der ersten Mannschaft empfiehlt. Diese Stelle hatten wir mit Oliver Häusler geschaffen, um einfach genau diesen Themen Rechnung zu tragen – das haben wir jetzt leider nicht mehr umsetzen können.
Wird diese Stelle wieder besetzt?
Hötzendorfer: Wir lassen uns da wirklich Zeit, das muss passen. Aber die Stelle wird besetzt, wir brauchen das unbedingt. Der Starbulls-Nachwuchs steht am Scheideweg. Ich behaupte, dass Rosenheim zu den zehn Top-Standorten in Deutschland gehört. Wenn wir da weiter dazugehören wollen, musst du dieses komplette Programm fahren. Das machen die anderen auch alle. Du brauchst einen Torwarttrainer, einen Ernährungsberater, einen Athletikcoach, einen Skills-Coach, Leute, die da dahinter stehen, einen sportlichen Jugendleiter, der die Connections hat. Das brauchst du alles, aber das kostet natürlich auch mehr.
Von den Spielern, die 2017 und 2018 Deutscher Schülermeister geworden sind, ist kein Feldspieler mehr da. Wieso war es nicht möglich einige Spieler ins Oberligateam einzubauen?
Hötzendorfer: Wie schon gesagt: Uns hat diese vermittelnde Komponente gefehlt. Deshalb haben wir diese Förderung der jungen Leute so nicht durchsetzen können, wie wir das wollten. Für uns ist es jetzt ganz wichtig, in diese Stelle als Nachwuchsleiter jemanden reinzukriegen, der mit ehemaligen Rosenheimer Spielern Kontakt hält. Es darf nicht sein, dass ein Rosenheimer Junge von uns nie wieder etwas hört, bloß weil er vertraglich nicht zu uns in die Organisation gehört. Die müssen regelmäßig von uns hören. Dann hast du auch mal die Möglichkeit jemanden wie einen Lukas Laub oder einen Stefan Reiter zu holen und das auch deutlich vor ihrem eigentlichen Karriereende. Das hatten wir in der Vergangenheit zu wenig und da brauchen wir in Zukunft jemanden, der sich darum kümmert.
Apropos kümmern – wie geht es eigentlich Brad Snetsinger nach seiner schweren Verletzung?
Hötzendorfer: Brad war beim Trainingsauftakt da. Es geht ihm super, er ist komplett auf dem Weg. Ich bin sehr guter Dinge, dass wir ihn in dieser Saison wieder bei uns auf dem Eis sehen werden. Wann genau ist schwer zu sagen. Und ich bin auch guter Dinge, dass er uns auch weiterhelfen wird. Er ist heiß, er hat richtig Bock und sieht aus wie ein Athlet. Das ist für uns dann noch ein Neuzugang.
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