- 0 Kommentare
- Weitere
München - Müssen die Bayern nach der Verletzung von Jérôme Boateng einen Verteidiger verpflichten? Vorstandschef Rummenigge hat dazu eine klare Meinung, wie er im Interview bekräftigt.
Karl-Heinz Rummenigge hat nach dem Ausfall von Fußball-Weltmeister Jérôme Boateng einen Blitztransfer des FC Bayern München im Winter ausgeschlossen. „Es gibt keinen guten Spieler, der auf dem Markt ist. Und Notlösungen bringen einen am Ende des Tages nicht weiter. Dementsprechend werden wir nichts machen“, sagte Rummenigge am Dienstag im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die Oberschenkelverletzung des Innenverteidigers sei zudem nicht so „dramatisch“ wie zunächst befürchtet. Boateng werde dem deutschen Rekordmeister womöglich „im letzten Drittel der Rückrunde“ wieder zur Verfügung stehen“. Ein Überdenken der Saisonziele gebe es nicht.
Boateng hatte am Dienstag mit seiner Reha begonnen. "Ich bin natürlich enttäuscht, das ist schon ein schwerer Schlag", sagte der Verteidiger im Interview mit dem vereinseigenen Sender FCB.tv, "Aber jetzt versuche ich natürlich, so schnell wie möglich wieder auf den Platz zu kommen."
Im Interview mit der deutschen Presseagentur sprach Rummenigge außerdem über die Auswirkungen von Boatengs Verletzung auf die Saisonziele des FC Bayern.
Karl-Heinz Rummenigge: Er ist am Montag noch einmal untersucht worden von unserer medizinischen Abteilung - inklusive Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Die Untersuchung hat ergeben, dass es etwas weniger dramatisch ist als es zunächst aussah. Jérôme wird, da sind wir hoffnungsvoll, möglicherweise im letzten Drittel der Rückrunde dem FC Bayern wieder zur Verfügung stehen.
Rummenigge: Jérôme ist ohne Frage ein sehr guter Abwehrspieler, der schon in den letzten Jahren eine wichtige Rolle bei uns gespielt hat im Defensivzentrum. Natürlich trifft uns das, wenn so ein Spieler ausfällt.
Rummenigges Rat: Nicht in Hysterie verfallen
Rummenigge: Nein, das werden wir nicht. Wir haben gesagt: Unser Ziel ist es, die deutsche Meisterschaft zu gewinnen, und das als erster Verein der Bundesliga zum vierten Mal nacheinander. Und im DFB-Pokal und der Champions League wollen wir eine gute Rolle spielen. Ich weiß, dass viele von uns jetzt, da Pep Guardiola uns im Sommer verlässt, das Triple erwarten. Ich bin mir sicher, dass wir eine gute Rückrunde spielen werden. Aber ich empfehle, mit den Erwartungen der Öffentlichkeit etwas rationaler und gelassener umzugehen.
Rummenigge: Wir haben uns mit dem Thema seriös auseinandergesetzt. Ich muss Ihnen sagen: Es gibt keinen guten Spieler, der auf dem Markt ist. Im Winter verkauft keine Mannschaft seine guten Spieler, speziell auf dieser Position. Und Notlösungen bringen einen am Ende des Tages nicht weiter. Dementsprechend werden wir nichts machen.
Rummenigge: Wir werden mit unseren Innenverteidigern Badstuber, Martínez und Benatia, der auch in den nächsten zwei Wochen zurückkommen wird, sowie den taktischen Fähigkeiten, die Pep Guardiola als Trainer sehr oft unter Beweis gestellt hat, die Saison spielen. Wir verfallen nicht in Hysterie.
Rummenigge: Wenn es etwas auf dem Markt gegeben hätte, was dem Qualitätsanspruch des FC Bayern gerecht geworden wäre, hätten wir uns damit befasst. Aber nur irgendetwas zu machen, um die Hysterie zu befriedigen, haben wir alle abgelehnt. Ich empfehle jetzt, nicht zu lamentieren, sondern Holger Badstuber, Javi Martínez und Medhi Benatia zu vertrauen und zu unterstützen.
Rummenigge: Zunächst einmal ist es wichtig, dass wir alle in Ruhe an die Aufgabe herangehen. Jérôme Boateng wird uns über einige Monate nicht zur Verfügung stehen. Aber wir haben immer noch einen Kader, der es total in sich hat. Wir werden intern die Kräfte bündeln, wie sich das beim FC Bayern oft bewährt hat. Ich bin überzeugt, dass wir gute Aussichten haben, unsere Ziele trotzdem zu erreichen.
Deutliche Forderungen an FIFA und DFB
Rummenigge: Es gibt eine Analyse, die ich bei der UEFA einsehen konnte: Es fällt auf, dass speziell bei den Topclubs die Spieler in einer gewissen Häufigkeit ausfallen, Tendenz steigend. Bei Real Madrid hat es in der Hinrunde 16 Muskelverletzungen gegeben - 16! Die Spieler sind einfach total überfordert. Die UEFA und die FIFA sind gefragt, die Quantität und die Qualität ihrer Länderspiele zu überdenken. Wir haben seit 25 Jahren eine Zunahme der Länderspiele und Wettbewerbe. Das ist Fakt. Es kommt ein Nations Cup neu hinzu, es gibt einen Confederations Cup, an dem unsere Nationalmannschaft 2017 als Weltmeister teilnehmen wird. Den gab es früher auch nicht. Jetzt wird bei der FIFA über eine Weltmeisterschaft mit 40 Nationalmannschaften diskutiert.
Rummenigge: Es ist der Zeitpunkt gekommen, die Clubs zu entlasten. Die Bundesliga hat seit sehr langer Zeit stabile 34 Spieltage. Wir haben eine zweite Gruppenphase in der Champions League abgeschafft und sind so von 17 auf 13 Spiele heruntergekommen. Ich vermisse den Goodwill bei den Verbänden. Speziell bei der FIFA, aber auch UEFA. Auch in der Diskussion um Boateng höre ich immer nur DFB, DFB, Europameisterschaft. Ich muss klar und deutlich sagen: Ich empfehle dem DFB, sich hier klar zurückzuhalten.
Rummenigge: Sonst wird es mit dem FC Bayern Stress geben. Der FC Bayern ist der Vertragspartner von Jérôme Boateng und hat damit hier die Lufthoheit - und nicht der DFB. Mario Götze hat sich vor vier Monaten in einem Länderspiel verletzt, steht bis heute noch nicht wieder zur Verfügung. Wir haben auf Bastian Schweinsteiger 2014 nach der Weltmeisterschaft fünf Monate verzichten müssen. Die Verbände müssen Rücksicht auf die Gesundheit der Spieler nehmen.
Respekt vor Juve und Dortmund
Rummenigge: Man muss auch damit einfach sensibel umgehen. Wir alle würden uns freuen, wenn Holger zum Kader der EM zählt. Aber alles, was auf dem Weg dorthin mit Holger passiert, kann nur in totaler Abstimmung mit dem Club geschehen.
Rummenigge: Es war von Anfang an klar, dass das ein schwerer Gegner ist. Juve hat nicht zufällig im vergangenen Jahr im Champions-League-Finale gestanden. Wir haben Respekt vor Juve. Es ist wichtig, dass wir in den nächsten Wochen in die beste Verfassung kommen. Ich habe großes Vertrauen zu Pep Guardiola und der Mannschaft.
Rummenigge: Wir haben acht Punkte Vorsprung, dazu das bessere Torverhältnis. Das ist ein Polster. Aber natürlich haben wir auch Respekt vor Borussia Dortmund. Es ist wichtig für die Bundesliga, dass ein zweiter Club neben Bayern München gut von der Performance dasteht.
dpa/sr