1. chiemgau24-de
  2. Thema
  3. 10 Jahre OVB24

Der Prozess gegen den "WM-Mörder" aus Sicht unseres Reporters

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Xaver Eichstädter

Kommentare

null
Genau aus dieser Perspektive hatte unser Reporter Xaver Eichstädter den Angeklagten im Blick. Jeden langen Prozesstag aufs Neue. © xe

Traunstein/Bad Reichenhall - Es war der erste große Prozess, über den unser Reporter Xaver Eichstädter berichtete - und gleichzeitig der, der sich am tiefsten in seinen Kopf gegraben hat: Der WM-Mord von Bad Reichenhall zog ein schauriges und verstörendes Gerichtsverfahren nach sich.

Der Countdown läuft: 10 Jahre OVB24 - 10 Megapreise!

null
chiemgau24.de-Reporter Xaver Eichstädter © re

Es war jeden Prozesstag aufs Neue ein irgendwie seltsamer Anblick: Links und rechts breite Polizisten und in der Mitte dieses "Bürscherl". Blond, pausbäckig, schüchterner Blick, im Norwegerpulli und gerade mal 1,71 Meter groß. So kam Christoph R. immer wieder ins Traunsteiner Landgericht geschlurft. 16 Prozesstage. Am Anfang schüttelten viele nur den Kopf: "Der soll das gemacht haben?" Rund 30 Messerstiche auf einen Reichenhaller Rentner. Er starb. Zwölf Messerstiche auf eine 17-Jährige. Heute ist sie auf dem linken Auge blind.

Die grausamen Bilder im Kopf konnte man nicht ausschalten

null
Keine Entschuldigung, kein Geständnis, kein Sterbenswörtchen: Christoph R. im Landgericht. © ps

Deutschland feierte: Am 13. Juli 2014 wurde die DFB-Elf endlich wieder Weltmeister. Ausgerechnet in dieser Nacht des Jubels zog der Bundeswehr-Soldat Christoph R. los: sturzbetrunken und mit einem Messer in der Hand, um eine Blutspur durch Bad Reichenhall zu ziehen. Doch wirklich greifbar wurde das Grauen für viele erst, als im April 2015 der Prozess begann:

Wie viele Messerstiche sich an welcher Stelle wie tief in die Körper bohrten, mit welcher Kraft, mit welcher Brutalität - die Gerichtsmediziner mussten im Zeugenstand jedes Detail genau beschreiben. Als Zuhörer konnte man die Bilder dazu im Kopf nicht ausschalten. Im Zuschauerraum des Landgerichts - beinahe an jedem Verhandlungstag waren alle Stühle besetzt - flossen immer wieder Tränen. Natürlich: Die Tage auf der Reporterbank im Gericht waren auch spannend und interessant, doch sehr oft waren sie auch unappetitlich und grausam.

Opfer Sarah bewies Größe - Täter Christoph zog Show ab

null
Mit einem solchen Bundeswehrmesser stach Christoph R. immer wieder gezielt in die Gesichter seiner Opfer. © dpa

Und dann war da die Zeugenaussage von Sarah F., jener junge Frau, die den Amoklauf von Reichenhall knapp überlebte: Stark, geduldig und aufrichtig beantwortete sie dem Gericht jede Frage vom schlimmsten Moment ihres Lebens - doch als sie ihrem Peiniger in die Augen blicken musste, schien die Zeit still zu stehen. Nach fünf Sekunden brach die junge Frau in Tränen aus. Auf der anderen Seite ein Angeklagter, der sich cool geben wollte und an jedem Prozesstag schwieg. Zu seiner Show gehörte wohl auch, dass Christoph R. auf seine Persönlichkeitsrechte verzichtete und die Presse die Fotos unverpixelt zeigen konnte. 

14 Jahre Haft lautete das Urteil schließlich. Dass sich Christoph R. bis zuletzt für die Taten weder entschuldigte, noch dass er ein Geständnis ablegte, war für viele unerträglich. 

Mutter im Interview: "Er bringt mich um, wenn er rauskommt"

null
Hier sitzt Christoph R. ein: Die JVA Ebrach, ein ehemaliges Kloster in Oberfranken. © Wikipedia

Dass der Prozess gegen den "WM-Mörder" kein Mordprozess wie viele andere war, sollte sich auch Jahre später noch herausstellen. Im Januar 2017 erreicht mich eine Facebook-Nachricht von der Mutter von Christoph R. Nach einigen Tagen verabredete man sich zu einem langen Telefonat. Michaela R. bezeichnete Christoph als "Blender" und "Feigling". Doch auch sie wird die Taten ihres Sohnes nicht verdauen - und sie hat Angst. Immer wieder schoss es aus ihr heraus: "Er bringt mich um, wenn er rauskommt."

xe

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion