Ski-Alpin-Weltcup 2019/20: Die Favoriten auf den Gesamtweltcup

Im Ski-Alpin-Weltcup 2019/20 wird bei den Herren ein spannender Zweikampf um den Gesamtweltcup erwartet. Bei den Damen gibt es eine klare Favoritin.
Oberhofen am Thunersee - Acht Jahre in Folge sicherte sich Marcel Hirscher den Gesamtweltcup im Ski alpin bei den Herren. Nach dem Rücktritt des Österreichers im Sommer wird der Kampf um die große Kristallkugel spannend wie seit Jahren nicht mehr.
Da der Rennkalender der Herren insgesamt 23 technische Rennen (Riesenslalom, Slalom, Parallel-Events) und nur 18 Speed-Wettbewerbe (Abfahrt, Super-G) beinhaltet, sind die Techniker im Vorteil, was die Punktverteilung im Gesamtweltcup angeht.
Top-Anwärter auf den Gesamtsieg in der Saison 2019/20 sind nach Hirschers Rücktritt der Franzose Alexis Pinturault und der Norweger Henrik Kristoffersen.
Ski-Alpin-Gesamtweltcup: Zweikampf um die Hirscher-Nachfolge?
Pinturault landete in der Vorsaison auf dem zweiten Rang in der Gesamtwertung, der 28-Jährige hatte dabei einen Rückstand von 401 Punkten auf Hirscher. Pinturault ist einer der vielseitigsten Fahrer im Weltcup, er feierte bereits Siege in den Disziplinen Super-G, Riesenslalom, Slalom, Kombination und auch ein Parallel-Event konnte er für sich entscheiden. Bleibt der Kombinations-Weltmeister von 2019 verletzungsfrei und ruft sein Potenzial auch in der Saison 2019/20 ab, geht der Gesamtweltcup im Ski alpin nur über ihn.
Als schärfster Konkurrent Pinturaults wird der Norweger Henrik Kristoffersen erwartet. Der Technik-Spezialist aus Norwegen profitiert von den zahlreichen Slaloms, Riesenslaloms und Parallel-Events, die der Rennkalender vorsieht. Dass Kristoffersen in Bestform ein Kandidat für den Gesamtweltcup ist, stellte er in den vergangenen vier Jahren unter Beweis. In den Saisons 2015/16 und 2017/18 landete er jeweils hinter Hirscher auf dem zweiten Rang in der Gesamtwertung, die Saisons 2016/17 und 2018/19 beendete er auf dem dritten Rang.
Als bester Speed-Spezialist beendete der Südtiroler Dominik Paris den Gesamtweltcup 2018/19 auf dem vierten Rang. Dabei betrug sein Rückstand auf Pinturault und Kristoffersen nur 195 bzw. 97 Punkte, Paris war der einzige Speed-Fahrer, der ein ernsthaftes Wörtchen im Kampf ums Weltcup-Podest mitreden konnte. Die ungleiche Verteilung des Rennkalenders ist aber auch in der neuen Saison ein klarer Nachteil für Paris. Der 30-jährige Italiener ist daher nicht zu den Top-Favoriten zu zählen, gehört aber zum erweiterten Kreis der Anwärter auf die große Kristallkugel.

Als Geheimtipp für die neue Saison geht der Franzose Clement Noel an den Start. Der erst 22-jährige Techniker düpierte zum Ende des Weltcup-Winters 2019/20 die Slalomspezialisten und fuhr in Wengen, Kitzbühel und Soldeu seine ersten Weltcupsiege ein. Gelingt dem Youngster auch im Riesenslalom der Durchbruch, könnte er die Top-5 im Gesamtweltcup anvisieren.
Ebenfalls in die Kategorie „Geheimtipp“ ist der Österreicher Vincent Kriechmayr einzuordnen. Der Speed-Spezialist aus Oberösterreich wurde in der Vorsaison Fünfter im Gesamtweltcup, was der besten Gesamtplatzierung des 28-Jährigen gleichkommt. Auch in den Disziplinwertungen Abfahrt (3.), Super-G (2.) und Kombination (9.) stellte Kriechmayr 2018/19 persönliche Bestwerte auf. Allerdings ist er durch den Rennkalender benachteiligt, zudem ist die Konkurrenz im Speed-Bereich sehr groß. Gelingt dem Österreicher aber zur neuen Saison ein ähnlicher Leistungssprung wie in der Vorsaison, könnte er im Gesamtweltcup auf dem Podium landen.

Aus Sicht der deutschen Skifahrer ruhen die Hoffnungen auf Thomas Dreßen, Josef Ferstl und Stefan Luitz. Eine Platzierung unter den Top 5 der Gesamtwertung im Ski alpin ist von den DSV-Athleten aber nicht zu erwarten. Dreßen und Luitz kehren von Verletzungen zurück, sie werden sich zunächst auf ihre Spezialdisziplinen Abfahrt (Dreßen) und Riesenslalom (Luitz) konzentrieren und entsprechend nicht die Vielfalt an Disziplinen mitbringen, die für eine Top-Platzierung im Gesamtweltcup benötigt werden. Ferstl ist in seiner Spezialdisziplin Super-G für die ein oder andere Spitzenplatzierung gut, aber auch dem Kitzbühel-Sieger vom SC Hammerau fehlt die Vielfalt in den Disziplinen.
Ski-Alpin-Damenweltcup: Mikaela Shiffrin als klare Favoritin
Bei den Damen geht der Sieg im Gesamtweltcup nur über Mikaela Shiffrin. Der US-Superstar düpierte im Vorjahr die Konkurrenz, satte 849 Punkte Vorsprung hatte die 24-Jährige auf die Zweitplatzierte Petra Vlhova aus der Slowakei. Zum dritten Mal in Folge sicherte sich Shiffrin die große Kristallkugel, gewann zudem die Disziplinwertungen im Super-G, dem Riesenslalom und im Slalom. Shiffrin hat in allen Disziplinen des Weltcups bereits Siege eingefahren, zudem stellte sie in der Vorsaison mit 17 Saisonsiegen einen neuen Rekord auf. Für die deutsche Technik-Spezialisten Christina Ackermann ist Shiffrin eine Ausnahmeathletin. „Wenn sie gesund bleibt, ist sie über eine gesamte Saison hinweg nicht zu schlagen und wird wieder den Gesamtweltcup gewinnen“, sagte Ackermann gegenüber chiemgau24.de*.
Als härteste Konkurrentin für Shiffrin wird Petra Vlhova gehandelt. Die Slowakin belegte in der Vorsaison den zweiten Platz in der Gesamtwertung und fuhr fünf Saisonsiege ein. Die 24-Jährige profitiert von ihrer Spezialisierung auf die technischen Disziplinen Slalom und Riesenslalom, die im Rennkalender der Damen häufiger vertreten sind als die Speed-Disziplinen.

Ebenfalls auf die technischen Wettbewerbe konzentriert sich die Schweizerin Wendy Holdener. Die 26-Jährige landete in der Vorsaison auf dem dritten Platz in der Gesamtwertung und war neben Shiffrin und Vlhova die einzige Athletin, die die 1000-Punkte-Marke knacken konnte. In einzelnen Rennen kann Holdener den beiden Top-Athletinnen durchaus gefährlich werden. Bleiben Shiffrin und Vlhova aber verletzungsfrei, sind die ersten beiden Plätze im Gesamtweltcup für die Schweizerin wohl außer Reichweite.
Für die deutsche Spitzenfahrerin Viktoria Rebensburg ist die Ausgangslage ähnlich wie bei Holdener. Die 30-Jährige vom SC Kreuth gehört zu den schnellsten Fahrerinnen im Feld, Shiffrin und Vlhova sind aber auch für die Olympaisiegerin von 2010 nur schwer über eine gesamte Saison hinweg zu schlagen. Ein Hauptgrund dafür ist in der Spezialisierung der Deutschen auszumachen. Rebensburg tritt im Gegensatz zu Shiffrin und Vlhova nicht im Slalom an, der im Rennkalender 2019/20 neun mal ausgetragen wird. Allerdings hat die Gesamtweltcup-Vierte der Vorsaison den Vorteil, dass sie neben ihrer Paradedisziplin Riesenslalom auch in den Speed-Disziplinen zu den besten Athletinnen der Welt zählt. Ruft Rebensburg im Riesenslalom, dem Super-G und in der Abfahrt ihr volles Potenzial ab, ist sie eine Kandidatin für die Top-3 in der Gesamtwertung.

Ein ähnliches Profil wie Rebensburg weist die Italinerin Sofi Goggia auf. Auch die Abfahrts-Olympiasiegerin von 2018 gehört in drei Disziplinen zu den stärksten Athletinnen der Welt, aber auch die 26-Jährige geht im Slalom nicht an den Start. Goggias Stärken liegen in der Abfahrt und im Super-G, aber auch im Riesenslalom hat sie schon fünf Podestplätze eingefahren. In der Vorbereitung zur Saison 2018/19 brach sie sich den Knöchel, verpasste dadurch die erste Saisonhälfte und landete in der Gesamtwertung so nur auf dem 22. Rang. Bleibt Goggia in diesem Winter gesund, ist mit ihr im Gesamtweltcup im Kampf um einen Podestplatz aber zu rechnen.
Als aussichtsreichste Österreicherin geht Nicole Schmidhofer in den neuen Weltcup-Winter. Die 30-jährige aus der Steiermark belegte in der Vorsaison den fünften Platz in der Gesamtwertung, wies dabei aber einen großen Abstand auf die Top-Athletinnen Shiffrin und Vlhova auf. Hauptgrund dafür ist die Spezialisierung Schmidhofers. In Abfahrt und Super-G gehört sie zu den besten Athletinnen der Welt, in den weitaus häufiger gefahrenen technischen Disziplinen geht sie aber nicht an den Start.
Quelle: chiemgau24.de
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