BayernLB verklagt Österreich auf 2,4 Milliarden Euro

München - Neue Stufe im Streit zwischen der BayernLB und der Republik Österreich: Vor dem Handelsgericht Wien reichte die Landesbank eine Klage gegen das Nachbarland ein.
Der Streit zwischen der Bayerischen Landesbank und der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) um rund 2,4 Milliarden Euro entwickelt sich immer stärker zum Konjunkturprogramm für Wirtschaftsanwälte. Eine knappe Handvoll Verfahren beschäftigt sich schon mit dem desaströsen Kauf und der anschließenden Verstaatlichung der HGAA, seit gestern gibt es ein weiteres: Bayerische Landesbank gegen die Republik Österreich vor dem Handelsgericht in Wien. Dort will die BayernLB die Staatsgarantie der Österreicher für die Schulden der HGAA einklagen. Vor knapp drei Wochen hatte die BayernLB erstmals vom österreichischen Finanzminister per Brief die Zahlung von 2,4 Milliarden Euro eingefordert. Zuvor richteten sich die Forderungen ausschließlich gegen die HGAA. Doch auch der Staat Österreich überwies erwartungsgemäß keine größeren Summen. Nicht einmal ein Antwortbrief kam aus Wien.
Nun muss die Landesbank ausgerechnet vor einem österreichischen Gericht die Haftung der Alpenrepublik einklagen. Der Verstaatlichungsvertrag sieht vor, dass der Gerichtsstand Österreich ist. Dass das noch zum Problem werden könnte, zeigt eine Entscheidung des gleichen Gerichts in Wien von Anfang dieser Woche. Dort fällte eine Richterin nach jahrelangem Streit ein bemerkenswertes Urteil. Die BayernLB hatte dort gegen die Mitarbeiter Privatstiftung (Maps) als Voreigentümerin der HGAA geklagt. Die BayernLB fühlte sich bereits beim Kauf der HGAA über ihren wahren Zustand getäuscht. Das Gericht entschied nun, dass die BayernLB tatsächlich betrogen wurde – dabei aber kein Schaden entstanden sei. Ein Urteil, das unter Juristen für Kopfschütteln sorgt. Die BayernLB will zwar in Berufung gehen, doch die Entscheidung zeigt, dass es vor österreichischen Richtern schwer werden kann, sein Recht durchzusetzen.
Böses Erwachen in Österreich - jetzt
Dass der Druck nicht nur auf die Justiz, sondern vor allem auf die Politik in Österreich groß ist, zeigt, dass man sich dort unlängst mit einem Sondergesetz eines Teils der Schulden entledigen wollte – auch dagegen klagt die BayernLB. Der Grund für all das ist klar: In Österreich stellt man gerade erst fest, wie teuer das HGAA-Desaster tatsächlich werden könnte. Von bis zu 17 Milliarden Euro ist die Rede. Da erscheint der bisher für Bayern aufgelaufenen Schaden mit gut 3,7 Milliarden Euro fast schon niedrig.
In Österreich ist daher die Diskussion voll entbrannt, ob und wie man die Bayern noch weiter an den Kosten beteiligen kann. Doch auch eigene Fehler wurden unlängst von einer Untersuchungskommission klar aufgezeigt: Man habe sich auf österreichischer Seite unzureichend auf die Verstaatlichungsverhandlungen vorbereitet. Trotzdem fühlen sich die Österreicher über den Tisch gezogen.
Deshalb könnte es noch vor Jahresende zu einer weiteren Klage von österreichischer Seite kommen: Seit Jahren überlegt man dort, die Verstaatlichung insgesamt anzufechten, wegen „Irrtums“.
Einzige gangbare Lösung des Streits scheint ein Vergleich zu sein. Immer wieder wurden in den vergangenen Monaten Gespräche geführt, doch Fortschritte wurden bislang offenbar nicht erzielt.
Der Streit droht auch auf den bayerischen Staatshaushalt überzugreifen. Sollten sich die Auseinandersetzungen weiter hinziehen, werden die Wirtschaftsprüfer die Landesbank wohl bald zwingen, zumindest einen Teil der Schuldensumme vorsorglich abzuschreiben. Damit würde die ohnehin schon tiefrote BayernLB-Bilanz noch weiter ins Minus rutschen. Ob dann noch, wie eigentlich von der EU festgelegt, weitere Rückzahlungen an den Freistaat erfolgen können, ist mehr als fraglich. Eingeplant sind die Zahlungen im Haushalt freilich trotzdem.
Philipp Vetter