Wie viel kostet Gas bald in Deutschland? Experten und Beispiel-Rechner geben erste Antworten
Deutschland bereitet sich auf steigende Gas-Preise vor. Doch: Wie viel müssen Bürger bald für Energie in Bayern, BaWü, NRW und Berlin bezahlen? Eine Spurensuche.
München/Berlin - Deutschland ist im Energie-Würgegriff von Moskau-Machthaber Wladimir Putin. Vize-Kanzler Robert Habeck (Die Grünen) hat keinen Zweifel: Dass über Nord Stream 1 deutlich weniger Gas aus Russland in die Bundesrepublik fließt, ist in Zeiten des Ukraine-Kriegs politisches Kalkül des Kreml.
Gas-Preise in Deutschland: Ampel-Regierung, Opposition und Industrie warnen vor hohen Kosten
Offiziell machte Russland angebliche technische Probleme im Zusammenhang mit den Sanktionen durch den Westen verantwortlich. Die Gaspipeline soll künftig nur noch 20 statt bislang 40 Prozent der möglichen Kapazitäten über die Ostsee liefern. Die Ampel-Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD), die Opposition um die CSU von Markus Söder und nicht zuletzt die deutsche Industrie - alle Protagonisten hierzulande warnen vor teils deutlich steigenden Energiepreisen.
Fakt ist: Nach Aktivierung der Gasalarmstufe können Versorger steigende Preise laut Bundesregierung ab Oktober an die Verbraucher umlegen. Doch: Was heißt das für die Normal-Verbraucher vor Ort? Was kostet das Gas bald in Deutschland jeden einzelnen Haushalt? Experten und ein Beispiel-Rechner geben jetzt erste Antworten.
Gas-Preise in Deutschland: Haushalte müssen mit deutlich höheren Kosten für Energie rechnen
„Wenn die bereits vor der Krise beschafften Energiemengen der Energieversorger verbraucht sind, werden sie zu den aktuellen Rekordpreisen an der Börse einkaufen müssen“, erklärt Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie beim Vergleichsportal Check24 der Bild: „Die Jahresrechnung und damit auch die Abschläge könnten dann um das Drei- bis Fünffache steigen.“ Für einen Musterhaushalt mit einem „Verbrauch von 20.000 kWh könnte es nur durch die neue Umlage von zwei Cent pro Kilowattstunde bis zu 476 Euro im Jahr teurer werden“, schildert Suttner.
Ab 2023 müssen sich Gaskunden auf eine Verdreifachung der Abschläge einstellen, mindestens.
Die Bild rechnet vor, dass ein üblicher Musterhaushalt mit 20.000 kWh Gas-Verbrauch Stand Juli 2021 im Schnitt 1301 Euro im Jahr für Gas zahlen musste. Ein Jahr später, im Juli 2022, hätten die Preise bereits einen neuen Rekordwert erreicht, und zwar umgerechnet durchschnittlich 3415 Euro in einem Musterhaushalt pro Jahr.
Suttners Einschätzung deckt sich mit Erwartungen der Bundesnetzagentur zu den Gas-Preisen in Deutschland. „Bei denen, die jetzt ihre Heizkostenabrechnung bekommen, verdoppeln sich die Abschläge bereits - und da sind die Folgen des Ukraine-Kriegs noch gar nicht berücksichtigt“, erklärt der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Ab 2023 müssen sich Gaskunden auf eine Verdreifachung der Abschläge einstellen, mindestens.“

Markant: Wie die „Tagesschau“ der ARD berichtet, heizten laut Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) 2021 fast die Hälfte der Deutschen mit Gas. Und: Bei 70 Prozent der Neuinstallationen fiel im selben Jahr nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) die Wahl auf eine Gasheizung. Aber: Wen trifft es wie hart? Schätzungen anhand der Postleitzahl (PLZ) einer (Groß-) Stadt oder eines Landkreises können mithilfe eines interaktiven Rechners ermittelt werden, den Zeit Online veröffentlicht hat. An dieser Stelle seien nur vier Beispiele genannt:
Was kostet das Gas in Deutschland? Beispiele zwischen Bayern, NRW und Berlin
- München-Isarvorstadt, Glockenbachviertel (Bayern): Der durchschnittliche Jahresverbrauch für eine 57-qm-Wohnung im Zentrum der Isarmetropole wird auf 8000 kWh (circa 800 Kubikmeter Gas) geschätzt. Demnach sind für eine entsprechende Wohnung Gas-Kosten in Höhe von 2036 Euro jährlich einzuplanen. Dies wären laut dem Rechner von Zeit Online 134 Euro mehr im Monat als letzten Herbst.
- Landkreis Ravensburg (Baden-Württemberg): Der durchschnittliche Jahresverbrauch für eine 85-qm-Wohnung im ländlichen schwäbischen Landkreis wird auf 12.000 kWh (circa 1200 Kubikmeter Gas) geschätzt. Demnach sind für eine entsprechende Wohnung Gas-Kosten in Höhe von 3142 Euro jährlich einzuplanen. Dies wären laut dem Rechner von Zeit Online 202 Euro mehr im Monat als letzten Herbst.
- Rhein-Sieg-Kreis (NRW): Mit mehr als 600.000 Einwohnern ist die Region im Süden Nordrhein-Westfalens einer der größten Landkreise Deutschlands. Der durchschnittliche Jahresverbrauch für eine 128-qm-Wohnung oder ein Haus mit entsprechender Wohnfläche wird auf 18.000 kWh (circa 1800 Kubikmeter Gas) geschätzt. Demnach sind pro Jahr Gas-Kosten in Höhe von bis zu 4660 Euro einzuplanen. Dies wären laut dem Rechner von Zeit Online 300 Euro mehr im Monat als letzten Herbst.
- Berlin-Kreuzberg (Berlin): Der durchschnittliche Jahresverbrauch für eine 71-qm-Wohnung im Zentrum der Hauptstadt wird auf 10.000 kWh (circa 1000 Kubikmeter Gas) geschätzt. Demnach sind für eine entsprechende Wohnung Gas-Kosten in Höhe von 2561 Euro jährlich einzuplanen. Dies wären laut dem Rechner von Zeit Online 168 Euro mehr im Monat als letzten Herbst.
(pm)